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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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ermöglicht, in dem die Bevölkerung mittels ihrer Maschinen und blauen Fenster über den aktuellen Diskurs auf dem laufenden gehalten wurden und ihre Präferenzen zu jedem Thema dann sofort auf ähnliche Art verlauten ließ. Es existierte also eine Art Basisdemokratie, wobei jede größere Entscheidung von der kollektiven Laune der gesamten Bevölkerung abhing.
    Ich hatte wenig Vertrauen in ein derartiges System. »Aber es gibt doch auch sicher einige in der Bevölkerung, die man nicht mit einer solchen Autorität ausstat-ten kann! Was ist z. B. mit den Geisteskranken oder geistig Minderbemittelten?«
    »Bei uns gibt es keine solchen Schwächen«, klärte er mich mit einer gewissen Pikiertheit auf.
    Mir war danach, ein bißchen an seinem Utopia zu kratzen – selbst hier, im Zentrum dieses Utopia! »Und wie gewährleistet ihr das?«
    Er ließ sich mit der Antwort Zeit. »Jedes Mitglied unserer erwachsenen Bevölkerung ist rational«, dozierte er statt dessen weiter, »und in der Lage, Entscheidungen für andere mitzutreffen – und das erwartet man auch von ihm. Unter solchen Um-ständen ist die Reinform der Demokratie nicht nur möglich, sondern nachgerade geboten – wegen der durch die Kombination der geistigen Potentiale generierten Synergieeffekte.«
    Ich schnaufte. »Was sollen dann all die anderen Parlamente und Senate, die du beschrieben hast?«
    »Nicht jeder ist der Ansicht, daß die Strukturen in diesem Teil der Sphäre ideal sind«, meinte er. »Macht das aber nicht gerade das Wesen der Freiheit aus? Nicht alle von uns interessieren sich so für die Mechanismen der Politik, daß sie sich daran beteiligen wollen; und manche ziehen es eben vor, ihre Macht nach dem
    Prinzip der Repräsentation an andere zu übertragen – oder sogar ganz ohne Reprä-
    sentation auszukommen. Das ist eine zulässige Entscheidung.«
    »Schön. Aber was geschieht, wenn diese Entscheidungen zu Konflikten führen?«
    »Wir haben Platz«, erwiderte er gewichtig. »Du darfst diese Tatsache nicht vergessen; du denkst nämlich nach wie vor nur in planetarischen Dimensionen. Es steht jedem Dissidenten frei, zu gehen, und woanders ein anderes System zu etablieren...«
    Diese Morlock-›Nationen‹ waren flüchtige Gebilde, deren Angehörige nach Lust und Laune kamen und gingen. Soweit ich es erkennen konnte, gab es weder klar definierte Territorien oder Besitzstände noch festgelegte Grenzen; die ›Nationen‹
    waren lediglich reine Interessenverbände, die sich über die Sphäre verteilten.
    Die Morlocks kannten keinen Krieg.
    Es dauerte eine Weile, bis ich das glaubte, aber schließlich war ich überzeugt. Es gab nämlich keinen Anlaß für einen Krieg. Dank der Mechanismen des Bodens gab es keine Versorgungsengpässe, so daß keine Nation eine Rechtfertigung für einen Wirtschaftskrieg gehabt hätte. Die Sphäre war so riesig, daß freies Land praktisch unbegrenzt zur Verfügung stand, wodurch auch Territorialkämpfe hinfällig wurden. Und – was am wichtigsten war – die Köpfe der Morlocks waren frei vom Gift der Religion, das über die Jahrhunderte so viele Konflikte verursacht hat.
    »Ihr habt also keinen Gott«, unterstellte ich Nebogipfel mit einer gewissen Spannung: obwohl ich selbst einen gewissen Hang zur Religiosität verspüre, stellte ich mir vor, wie ich die Kleriker meiner Tage mit einer Wiedergabe dieser Unterhaltung hätte schockieren können!
    »Wir brauchen keinen Gott«, entgegnete Nebogipfel patzig.
    Die Morlocks betrachten eine religiöse Disposition – im Gegensatz zu einer rationalen Einstellung – als ein Merkmal, das von den Eltern geerbt, an die Kinder weitervererbt und durch die Kräfte der natürlichen Selektion modifiziert wird, mit keiner größeren intrinsischen Bedeutung als blaue Augen oder braunes Haar.
    Je weiter Nebogipfel seine Maxime vertiefte, desto sinnvoller erschien sie mir.
    Welche Vorstellung von Gott hat sich im Laufe der geistigen Entwicklung der
    Menschheit überhaupt noch gehalten? Nun, exakt die Vorstellung, die der Menschheit am besten ins Konzept paßte: ein Gott mit enormer Macht und dennoch auch mit Sinn für die Alltagssorgen der Menschen. Warum einen unnahbaren Gott ver-ehren, selbst wenn er allmächtig wäre, wenn er sich nicht für die kleinlichen Strei-tereien der Menschen interessierte?
    Man könnte meinen, daß in jedem Konflikt zwischen rationalen Menschen und religiösen Menschen die Rationalität obsiegen würde. Schließlich war sie es ja auch gewesen, die das

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