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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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daß ich mit meinem Bericht – meiner Prophezeiung – die Geschichte verändert habe?«
    »Ja. Im Besitz dieser Warnung gelang es der Menschheit, die Degeneration und den Konflikt zu vermeiden, der in der primitiven, grausamen Welt der Eloi und Morlock resultierte. Statt dessen entwickelten wir uns weiter; statt dessen haben wir die Sonne gezähmt.«
    Ich war kaum imstande, die Konsequenzen dieser Hypothese zu verkraften – obwohl mir ihre Logik und Klarheit sofort eingingen. »Aber einige Dinge haben sich doch nicht geändert«, schrie ich. »Ihr Morlocks haust noch immer im Dunklen!«
    »Wir sind keine Morlocks«, dementierte Nebogipfel leise. »Jedenfalls nicht die, die du kennst. Und was die Dunkelheit betrifft – was hätten wir denn von einer Lichtflut? Wir haben das Dunkel gewählt. Unsere Augen sind empfindliche Instrumente und in der Lage, viel Schönes zu erkennen. Ohne das brutale Gleißen der Sonne kann die volle Schönheit des Himmels viel besser erfaßt werden...«
    »Trotzdem sage ich, ihr seid Morlocks«, insistierte ich; ich hatte einen Frosch im Hals, und die Stimme klang belegt. »Ihr lebt nämlich im Keller dieser Sphäre, und eure einzige Funktion besteht darin, die sonnenbeschienene Welt über euch zu versorgen – genau wie meine Morlocks, nur in diesem grandiosen Maßstab!«
    Er wirkte verwirrt. »Dein Verständnis unseres Lebenszwecks ist nicht richtig«, sagte er.
    Aber ich konnte keine Ablenkung mehr darin finden, in meinem Gedankenwust
    zu kramen oder Nebogipfel zu provozieren; ich mußte mich der Wahrheit stellen.
    Ich starrte auf meine Hände – große, verwitterte Hände, mit den Narben von jahr-zehntelanger Arbeit bedeckt. Mein einziges Ziel, dem ich die Anstrengungen dieser Hände gewidmet hatte, war die Erforschung der Zeit gewesen! – zu ergründen, wie die Dinge sich im kosmologischen Maßstab entwickeln würden, jenseits meiner
    paar Eintagsfliegen-Lebensjahrzehnte. Aber wie es schien, war mir noch viel mehr gelungen.
    Meine Entwicklung war viel durchschlagender als eine bloße Zeitmaschine: sie war eine Geschichts-Maschine, ein Weltenvernichter!
    Ich war der Totengräber der Zukunft: ich realisierte, daß ich mir mehr Macht angeeignet hatte als Gott höchstselbst (wenn man Thomas von Aquin Glauben
    schenken will). Durch meine Destabilisierung der Geschichte hatte ich Milliarden ungeborener Leben ausgelöscht – Leben, die jetzt nie das Licht der Welt erblicken würden.
    Ich konnte kaum leben mit dem Wissen dieser Anmaßung. Ich habe persönlicher Macht immer mißtraut – denn ich bin noch nie einem Menschen begegnet, der weise genug gewesen wäre, daß man sie ihm hätte anvertrauen können – aber jetzt hatte ich mir selbst mehr Macht genommen als irgendein Mensch, der jemals gelebt hatte!
    Wenn ich jemals wieder in den Besitz meiner Zeitmaschine gelangen sollte – das schwor ich mir damals – würde ich in die Vergangenheit zurückreisen, eine finale, abschließende Einstellung der Geschichte vornehmen und dann das von mir erson-nene infernalische Gerät vernichten.
    ... Und ich erkannte jetzt, daß ich Weena nie wiedersehen würde. Ich hatte nämlich nicht nur ihren Tod verursacht – jetzt stellte sich auch noch heraus, daß ich ihre ganze Existenz aufgehoben hatte!
    In diesem Sturm der Emotionen klang der kleine Verlust lieblich und klar, wie der Ton einer Oboe inmitten des Getöses eines großen Orchesters.

Leben und Sterben der Morlocks
    Eines Tages führte mich Nebogipfel zu einem Ort, der vielleicht das Unangenehmste darstellte, was ich bisher in dieser ›Ein-Zimmer-Stadt‹ gesehen hatte.
    Wir näherten uns einem quadratischen Sektor mit einer Seitenlänge von ca. achthundert Yards, wo die Trennwände niedriger als sonst zu sein schienen. Beim Nä-
    herkommen registrierte ich einen anschwellenden Geräuschpegel – einen steten Strom fließenden Gemurmels – und einen stechenden Geruch nach Morlocks, der intensiver war als üblich, mit seiner charakteristischen muffigen, morbiden Süß-
    lichkeit. Nebogipfel gab mir die Order, an der Grenze dieses Areals stehenzublei-ben.
    Durch meine Brille konnte ich erkennen, daß die Oberfläche dieses freien Abschnittes belebt war – sie pulsierte regelrecht – und zwar mit schreienden, sich krümmenden und krabbelnden Babies. Es waren Tausende von ihnen, dieser unbeholfene Morlock-Nachwuchs, wobei ihre kleinen Hände und Füße an den struppi—
    gen Haarbüscheln ihrer Kameraden herumzerrten. Sie rollten herum wie

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