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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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zentrale Begründung für die Konstruktion der Sphäre: wir haben einen Stern gezähmt...«
    In einer Million Jahren, sagte Nebogipfel, würde die Sphäre genug zusätzliche Sonnenmaterie eingefangen haben, um ihre Ausdehnung um einen Millimeter zu
    ermöglichen – ein an sich zwar vernachlässigbar geringer Zuwachs, aber über
    welch eine gigantische Fläche! Die umgeformte solare Materie würde dann für den weiteren Ausbau der Sphäre verwendet werden. In der Zwischenzeit würde ein Teil der Sonnenenergie für die Überlebenssysteme im Innern der Sphäre und als Energie für die verschiedenen Projekte der Morlocks abgezweigt werden.
    Ich verspürte einen Anflug dieses Gefühls eines Wunders, das mit einem vertieften Verständnis einhergeht, denn jetzt, dachte ich, begann ich etwas von dem zu verstehen, das ich auf meiner Reise in die Zukunft gesehen hatte. Mit etlicher Aufregung beschrieb ich, wie ich die zunehmende Helligkeit der Sonne und diesen Fluß an den Polen gesehen hatte – und wie sich die Sonne verdunkelt hatte, als sie hinter der Sphäre verschwand.
    Ich hatte den Eindruck, daß Nebogipfel mich mit einem gewissen Neid bedachte.
    »So«, meinte er, »da hast du also die Konstruktion der Sphäre beobachtet. Das hat zehntausend Jahre gedauert...«
    »Aber für mich sind auf meiner Maschine nur ein paar Herzschläge verstrichen.«
    »Du hast mir gesagt, daß dies deine zweite Reise in die Zukunft ist. Und daß du auf deiner ersten etwas anderes gesehen hattest.«
    »Ja.« Jetzt wurde ich erneut mit diesem verblüffenden Mysterium konfrontiert.
    »Unterschiede im Ablauf der Geschichte... Nebogipfel, als ich zum erstenmal in die Zukunft reiste, hatte eure Sphäre nie existiert.«
    Ich skizzierte Nebogipfel, wie ich seinerzeit weit über dieses Jahr 657208 n. Chr.
    hinaus gereist war. Auf jener ersten Fahrt hatte ich gesehen, wie sich eine Flut von sattem Grün über dieses Land ergossen hatte, als der Winter von der Erde verschwand und die Sonne um ein Vielfaches heller wurde. Aber – anders als bei
    meiner zweiten Reise – hatte ich weder einen Hinweis auf die Korrektur der Erdachse noch ein Anzeichen für die Verlangsamung der Erdrotation bemerkt. Und, was am bedeutendsten war, ohne die Errichtung der sonnenabschirmenden Sphäre war die Erde hell geblieben und nicht in der stygischen Dunkelheit der Morlocks versunken.
    »Und so«, sagte ich zu Nebogipfel, »kam ich im Jahr 802701 an – hundertfünfzigtausend Jahre in eurer Zukunft – und doch kann ich nicht glauben, daß ich wieder die gleiche Welt vorgefunden hätte, wenn ich diesmal so weit gereist wäre!«
    Ich gab Nebogipfel einen Abriß von dem, was ich auf Weenas Welt erlebt hatte, mit ihren Eloi und den vertierten Morlocks. Nebogipfel ließ das auf sich wirken.
    »Die Geschichtsschreibung verzeichnet keinen solchen Stand in der Evolution der Menschheit – in meiner Geschichte«, fügte er hinzu.
    »Und da die Sphäre seit ihrer Fertigstellung autark ist, kann ich mir auch kaum vorstellen, daß in unserer Zukunft ein solcher Rückfall in die Barbarei denkbar wäre.«
    »Da haben wir es ja«, stimmte ich zu. »Ich bin durch zwei völlig verschiedene Versionen der Geschichte gereist. Ist die Geschichte vielleicht wie ungebrannter Lehm, der neu geformt werden kann?«
    »Vielleicht kann sie das«, murmelte Nebogipfel. »Als du in deine eigene Zeit zu-rückgekehrt warst – ins Jahr 1891 – hattest du da irgendwelche Beweise für deine Reisen mitgebracht?«
    »Kaum«, gestand ich. »Aber ich hatte einige Blumen dabei, schöne weiße, mal—
    venähnliche Blüten, die mir Weena – eine Eloi – in die Tasche gesteckt hatte. Meine Freunde untersuchten sie dann. Die Blumen wiesen Merkmale auf, die sie nicht bestimmen konnten, und ich erinnere mich noch, wie sie bei den Narben stutzten
    ...«
    »Freunde?« meinte Nebogipfel scharf. »Du hast einen Reisebericht verfaßt, bevor du wieder aufgebrochen bist?«
    »Nichts Schriftliches. Aber ich habe einigen Freunden beim Abendessen einen
    vollständigen Bericht gegeben.« Ich lächelte. »Und wie ich einen aus dem Kreis kenne, hat er mitgeschrieben und die ganze Sache dann als Sensationsstory publik gemacht – vielleicht sogar als Roman veröffentlicht...«
    Nebogipfel kam auf mich zu. »Dann«, sagte er in einem ungewohnt dramatischen Tonfall, »ist das deine Erklärung.«
    »Erklärung?«
    »Für die Divergenz der Geschichte.«
    Ich sah ihn an, geschockt von der dämmernden Erkenntnis. »Du meinst,

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