Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
Unordnung zu sein schienen, über die nachzudenken die wenigsten von uns den Mut aufbrachten. Da war z. B. eine in beiden Ländern aktive Klasse von lautstarken Kriegstreibern, welche die Leute dazu anhielten und überredeten, alle verfügbaren materiellen Ressourcen und ihre gesamte Energie in das rein destruktive und verschwenderische Geschäft des Krieges zu investieren. Und ich bezweifle, daß es im Jahre 1891 auch nur einen Menschen gegeben hatte, der mir den Nutzen eines solchen Krieges hätte nennen können, ungeachtet seines Ausgangs! – Und wie lächerlich und sinnlos ein solcher Konflikt erscheinen würde, wenn Großbritannien und Deutschland in das Innere dieser monströsen Sphäre projiziert worden wären.
    Überall in der Sphäre fielen Millionen unersetzlicher Menschenleben solchen
    Konflikten zum Opfer – die mir so entfernt und bedeutungslos vorkamen wie die Deckengemälde einer Kathedrale – und doch, welchen Zweck konnte die Menschheit angesichts der ganzen Ressourcen dieser großen Sphäre benennen, um dieses endlose Gemetzel zu rechtfertigen? Man hätte annehmen können, daß die Menschen, die in dieser Sphäre lebten – und in der Lage waren, Millionen Insel-Welten wie die ihren zu sehen – ihre belanglosen kleinen Zwistigkeiten aufgegeben hätten und zu der Erkenntnis gelangt wären, die jetzt mir zuteil geworden war. Aber anscheinend lagen die Dinge anders; nach wie vor dominierten die niederen Instinkte der Menschen, sogar im Jahre 657208 n. Chr. Hier in der Sphäre reichte offensichtlich nicht einmal der Anschauungsunterricht aus, den Tausende, ja Millionen Kriege überall am Himmel boten, der Menschheit die Augen für die Sinnlosigkeit und Grausamkeit von gewaltsamen Auseinandersetzungen zu öffnen!
    Im Kontrast hierzu schweiften meine Gedanken zu Nebogipfel und seinen Leuten ab, zu ihrer rationalen Gesellschaft. Ich will nicht verhehlen, daß mich beim Gedanken an die Morlocks und ihre unnatürlichen Praktiken noch eine gewisse Abscheu touchierte, aber ich begriff jetzt, daß dies auf meine primitiven Vorurteile und die schlechten Erfahrungen auf Weenas Welt zurückzuführen war, die aber als Beurteilungskriterien für Nebogipfel völlig untauglich waren.
    Ich konnte mir denken, wie die Aufhebung der Zweigeschlechtlichkeit bei den
    Morlocks zustandegekommen war. Zunächst muß man um seine eigene Existenz
    und die der eigenen Kinder kämpfen. Dann wird man für seine Geschwister kämpfen – aber vermutlich nur mit verringerter Intensität, weil nämlich das gemeinsame Erbe geteilt werden muß. Aufgrund der nächsten Priorität wird man dann für seine Neffen und Nichten kämpfen und weiterhin mit abnehmender Intensität für die
    entferntere Verwandtschaft.
    Somit können die Aktivitäten und Loyalitäten der Menschen mit deprimierender Verläßlichkeit vorhergesagt werden; denn nur in einer solchen Treuehierarchie – in einer Welt der Knappheit und Instabilität – kann das Erbe der Menschen für zu-künftige Generationen aufbewahrt werden.
    Aber das Erbe der Morlocks war gesichert – und nicht durch ein einzelnes Kind oder eine Familie, sondern durch die große kollektive Ressource in Gestalt der Sphäre. Und so wurde die Differenzierung und Spezialisierung der Geschlechter irrelevant – und schadete sogar dem ordentlichen Ablauf der Dinge.
    Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dachte ich, daß es genau diese Diagnose war – das Verschwinden der Geschlechter von einer stabil, wohlhabend und friedlich gewordenen Welt –, die ich einst den überzüchteten und dekadenten Eloi gestellt hatte. Und jetzt mußte ich erkennen, daß es ihre häßlichen Cousins, die Morlocks, waren, die – in dieser Version der Historie – tatsächlich dieses ferne Ziel erreicht hatten!
    All das ging mir durch den Kopf. Und langsam – es dauerte einige Tage – gelangte ich zu einer Entscheidung, was meine Zukunft betraf.
    Meines Bleibens in diesem Sphäreninneren war nicht länger; nach der gott-
    ähnlichen Perspektive, die Nebogipfel mir verschafft hatte, konnte ich es nicht mehr ertragen, mein ganzes Leben und alle Energien an einen der bedeutungslosen Konflikte zu verschwenden, die wie Buschfeuer über diese weiten Ebenen rasten.
    Ebensowenig konnte ich bei Nebogipfel und den Morlocks bleiben; denn ich bin nun mal kein Morlock, und meine fundamentalen menschlichen Bedürfnisse
    machten es mir unmöglich, ein solches Leben wie Nebogipfel zu führen.
    Außerdem – wie ich bereits gesagt habe

Weitere Kostenlose Bücher