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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Tau, der auf dem Gras glitzerte. Und ich stellte fest, daß es – obwohl die Morlocks meine Maschine eine halbe Meile von meinem Haus entfernt im offenen Gelände des Hügels abgestellt hatten – keine Zeugen für meine Ankunft gab.
    Die Geräusche und Gerüche meines Jahrhunderts brandeten über mich hinweg: Der stechende Geruch von Holz, das in irgendeinem Kamin verheizt wurde, das entfernte Murmeln der Themse, das Rauschen einer Brise durch die Bäume, die
    Naphtafeuer auf den Karren der Hausierer. Es war alles wohltuend und bekannt und willkommen!
    Nebogipfel stand vorsichtig auf. Er war mit den Armen in meine Jacke geschlüpft, und jetzt schlackerte das Kleidungsstück um ihn herum wie bei einem Kind. »Ist das hier 1891?«
    »Nein«, erwiderte ich.
    »Was sagst du da?«
    »Ich sage, daß ich uns weiter in die Zeit zurückgebracht habe.« Ich ließ den Blick am Hügel entlangschweifen, in Richtung meines Hauses. »Nebogipfel, in dem Laboratorium dort oben führt ein tatkräftiger junger Mann gerade eine Versuchsreihe durch, die schließlich in der Erschaffung einer Zeitmaschine resultieren wird...«
    Er starrte durch seine Brille hinüber.
    »Willst du damit sagen...«
    »Daß wir uns jetzt im Jahre 1873 befinden – und voraussichtlich in Kürze mir als jungem Mann begegnen werden!«
    Sein kinnloses Gesicht schwenkte auf eine Art zu mir herüber, die ich als Erstaunen deutete.
    Z W E I T E S B U C H
    PARADOXIEN

Zuhause
    Ich kann nicht beschreiben, wie merkwürdig es mir erschien, nachts die Petersham Road entlangzugehen und schließlich bei meinem eigenen Haus anzukommen –
    noch dazu mit einem Morlock an meiner Seite!
    Das Haus hatte eine Terrasse, große Schiebefenster, einen ziemlich stillos ge-schnitzten Türrahmen sowie eine Veranda mit Repliken griechischer Säulen. An der Vorderfront befand sich eine Treppe, die zum Keller hinabführte und von einem verzierten, schwarzlackierten Metallgeländer begrenzt wurde. Das ganze Haus stellte im Grunde eine ärmliche Kopie der wirklichen herrschaftlichen Anwesen im Grünen bzw. der Terrasse auf der Hügelkuppe dar. Dennoch war es ein großes,
    geräumiges und gemütliches Haus, das ich als junger Mann zu einem Spottpreis erworben hatte und das ich nicht aufzugeben gedachte.
    Ich ging an der Vordertür vorbei und zur Rückseite des Hauses. Hinten befanden sich Balkone mit filigranen, weiß gestrichenen Eisengeländern, die nach Westen hinausgingen. Ich konnte die jetzt dunklen Raucher-und Eßzimmerfenster erkennen (ich überlegte mir, daß ich nicht wußte, welche Uhrzeit wir jetzt hatten), aber ich hatte irgendwie den Eindruck, daß hinter dem Raucherzimmer etwas fehlte. Es dauerte einige Augenblicke, bis ich des Rätsels Lösung fand – das unerwartete Fehlen einer Sache ist weitaus schwieriger zu begründen als ihr plötzliches Vor-handensein – es war nämlich die Stelle, an der ich später ein Bad anbauen würde.
    Hier, im Jahre 1873, mußte ich mich noch in einem Zuber waschen, der immer von einem Diener in mein Schlafzimmer gebracht wurde!
    Und in diesem ungünstig geschnittenen Wintergarten, der von der Rückseite des Hauses abstand, befand sich mein Laboratorium, in dem – wie ich in gespannter Erwartung sah – immer noch Licht brannte. Alle Gäste waren bereits gegangen, und die Dienerschaft hatte sich schon zu Bett begeben; aber er – ich – arbeitete noch immer.
    Ich erlitt ein emotionales Chaos, von dem ich mir nicht vorstellen konnte, daß es irgendein anderer Mensch bisher auch erlebt hatte; hier war mein Zuhause, und doch konnte ich keinen Anspruch darauf erheben!
    Ich kehrte zur Vordertür zurück. Nebogipfel stand etwas abseits auf der men—
    schenleeren Straße; er schien darauf bedacht, sich von den Treppenstufen fernzuhalten, denn die Grube, in die sie hinunterführten, war stockdunkel, selbst mit der Brille.
    »Du brauchst keine Angst zu haben«, beruhigte ich ihn. »Es ist ganz normal, daß sich in solchen Häusern die Küche und andere Räume unter der Erde befinden ...
    Die Stufen und das Geländer sind wirklich solide.«
    Der mit seiner Brille anonym wirkende Nebogipfel betrachtete mißtrauisch die Stufen. Ich führte seine Bedenken darauf zurück, daß er nicht wußte, wie robust die Technologie des neunzehnten Jahrhunderts war – ich hatte ganz vergessen, wie fremdartig ihm meine primitive Ära vorkommen mußte – aber trotzdem störte
    mich etwas an seiner Haltung.
    Ich erinnerte mich mit Unbehagen an ein Streiflicht aus

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