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Zeitspringer

Zeitspringer

Titel: Zeitspringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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bevorzugte, war vier Straßen entfernt. Es gab viele davon, Dutzende innerhalb eines Umkreises von zehn Straßen hier, aber Pomrath besuchte immer dasselbe. Warum nicht? In jedem wurde dasselbe Gift verabreicht, so daß der einzige Punkt, in dem sie sich unterschieden, die Art der Bedienung war. Selbst ein arbeitsloser Vierzehner möchte sich für einen geschätzten Stammgast oder dergleichen halten, auch wenn es nur in einem Schnüffellokal ist.
    Pomrath ging mit raschen Schritten. Die Straßen waren überfüllt; zu Fuß zu gehen, war in letzter Zeit wieder Mode geworden. Der nicht sehr große, untersetzte Pomrath hatte wenig Geduld mit den Hindernissen auf seinem Weg. Innerhalb von fünfzehn Minuten erreichte er das Lokal. Es befand sich im vierzigsten Untergeschoß eines gewerblichen Tank-Gebäudes; nach dem Gesetz mußten alle Stätten des Illusionsverkaufs unter der Erde liegen, damit leicht zu beeindruckende Kinder auf Straßenhöhe nicht vorzeitig verdorben wurden. Pomrath betrat den Tank und nahm den Expreß-Fallschacht nach unten. Mit großer Würde sank er hundertfünfzig Meter hinunter. Der Tank besaß achtzig Etagen und endete an einem Tiefgleis, das ihn mit mehreren Nachbargebäuden verband, aber so tief unten war Pomrath noch nie gewesen. Er überließ derartige unterirdische Abenteuer den Mitgliedern der Hohen Regierung und hatte keine Lust, irgendwo in den Tiefen der Erde plötzlich Danton von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen.
    Das Schnüffellokal war außen mit bunter, leicht defekter Argonbeleuchtung bestückt. Die meisten dieser Lokale waren vollmechanisiert, aber hier gab es menschliche Bedienung. Deshalb gefiel es Pomrath hier. Er ging hinein, und der gute alte Jerry stand neben der Tür und tastete ihn mit authentischen, blutunterlaufenen Menschenaugen ab.
    »Norm. Fein.«
    »Weiß nicht so recht. Das Geschäft?«
    »Miserabel. Nehmen Sie eine Maske?«
    »Gern«, sagte Pomrath. »Die Frau? Schon geschwängert?«
    Der dicke Mann hinter der Theke lächelte.
    »Mache ich solche Dummheiten? Brauche ich auf Stufe Vierzehn ein Haus voller Kinder? Ich habe den Steril-Eid geleistet, Norm. Schon vergessen?«
    »Kann schon sein«, sagte Pomrath. »Na gut. Manchmal wünsche ich mir, ich hätte das auch getan. Geben Sie mir die Maske.«
    »Was schnüffeln Sie?«
    »Butylmercaptan«, sagte er aufs Geratewohl.
    »Hören Sie doch auf. Sie wissen, daß wir nicht –«
    »Dann Benztraubensäure. Mit einem Schuß Laktatdehydrogenase 5.« Pomrath erregte dadurch Gelächter, aber es kam mechanisch und war das Lachen eines Unternehmers, der es einem geschätzten, wenn auch ein wenig verbitterten Kunden recht machen will.
    »Hier, Norm. Hören Sie auf, mein Hirn zu vergiften, und nehmen Sie das. Schöne Träume. Sie haben Liege Neun und schulden mir eineinhalb Stück.«
    Pomrath griff nach der Maske, warf ein paar Münzen auf die ausgestreckte Hand und zog sich zu einer leeren Liege zurück. Er zog die Schuhe aus und streckte sich aus. Er preßte die Maske auf das Gesicht und atmete ein. Ein harmloses Vergnügen, ein schwaches Halluzinationsgas, eine rasche Illusion, um den Tag zu beleben. Als er untertauchte, spürte er, wie Elektroden sich an seinen Schädel schoben. Um als Überwacher seiner Alphawellen zu dienen, lautete die offizielle Erklärung; wenn seine Illusion zu gewalttätig wurde, konnte die Geschäftsführung ihn wecken, bevor er sich selbst Schaden zufügte. Pomrath hatte gehört, daß die Elektroden einem anderen, düsteren Zweck dienten: um die Halluzinationen zu speichern, sie für Millionäre von Stufe Zwei aufzuzeichnen, die den Stellvertreterkitzel erleben wollten, einmal eine Zeitlang im Hirn eines Proleten zu sitzen. Pomrath hatte Jerry danach gefragt, aber Jerry hatte es bestritten. Was nahelag. Es spiele kaum eine Rolle, dachte Pomrath, ob das Schnüffellokal Halluzinationen aus zweiter Hand verhökern wolle. Ihm war es egal, sie konnten seine Alphas plündern, wenn sie wollten. Solange er für seine eineinhalb Stück anständige Unterhaltung bekam, sollte es damit sein Bewenden haben.
    Er verlor das Bewußtsein.
    Schlagartig war er Stufe Zwei, Bewohner einer Villa auf einer künstlichen Insel im Mittelmeer. Er trug nichts als einen grünen Stoffstreifen um die Hüften und lag behaglich auf einem dicken Pneumostuhl am Meeresufer. Ein Mädchen schwamm im kristallklaren Wasser träge hin und her. Ihre gebräunte Haut glänzte, wenn sie an die Oberfläche kam. Sie lächelte ihn an.

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