Zeitspringer
Sonne.
Danton sagte leise: »Zu Kloofman. Die Zeit ist reif –«
Pomrath wurde wach. Sein Mund schmeckte nach alten Lumpen.
So war es immer, dachte er traurig. Gerade wenn die Halluzination wirklich aufregend wurde, hörte die Wirkung auf. Ab und zu hatte er versuchsweise für eine doppelt starke Dosis bezahlt, damit er den Tagtraum länger genießen konnte. Aber selbst da war die Unterbrechung mitten in der Halluzination die Regel. FORTSETZUNG FOLGT, erklärte die Maske stets, als der Vorhang fiel. Aber was erwartete er? Eine schön abgerundete Episode, Anfang, Mitte, Höhepunkt, Auflösung? Seit wann ging es im Universum so zu? Er stemmte sich von der Liege hoch und ging zum Eingang, um die Maske abzugeben.
»War es gut, Norm?« fragte Jerry.
»Großartig«, sagte Pomrath. »Ich bin zu Stufe Zwanzig degradiert und in einen Hochsicherheitstrakt gesteckt worden. Dann fanden sie Arbeit für mich als Gehilfe eines Sanitärroboters. Ich war derjenige, welcher den Gummischrubber führen durfte. Danach bekam ich Krebs im Innenohr und –«
»He, erzählen Sie doch nichts! So einen Traum wollen Sie hier gehabt haben?«
»Sicher«, sagte Pomrath. »Nicht schlecht für eineinhalb Stück, wie? So etwas macht Spaß.«
»Sie haben einen seltsamen Humor, Norm. Ich weiß nicht, wo einer wie Sie das hernimmt.«
Pomrath lächelte schief.
»Das ist ein Geschenk des Himmels. Da stellt man keine Fragen. Man bekommt es ganz von selbst, wie Krebs im Innenohr. Auf bald, Jerry.« Er ging hinaus und nahm den Schacht zur Oberseite des Tanks. Es war schon spät, fast Zeit zum Abendessen. Er war in der Stimmung, zu Fuß zu gehen, aber er wußte, daß Helaine einen Anfall bekommen würde, wenn er auf dem Heimweg so lange herumtrödelte, und ging deshalb zur nächsten Schnellboot-Rampe. Als er darauf zuging, sah Pomrath eine abgerissene Gestalt eilig auf sich zukommen. Pomrath spannte die Muskeln an. Ich bin auf alles gefaßt, dachte er. Der soll es nur versuchen.
»Lesen!« sagte der Mann und drückte Pomrath einen zerknüllten Minizettel in die Hand.
Pomrath faltete den harten gelblichen Kunststoffstreifen auseinander. Die Mitteilung war knapp, in roten Buchstaben auf die Streifenmitte gedruckt.
ARBEITSLOS?
ZU LANOY
Interessant, dachte Pomrath. Ich muß inzwischen ganz das Aussehen des ewig Arbeitslosen haben. Arbeitslos? Gewiß! Aber wer, zum Teufel, ist dieser Lanoy?
5
Martin Koll ordnete umständlich die Unterlagen auf seinem Schreibtisch, um eine Verwirrung zu verdecken, die Quellen zu zeigen er wenig Lust hatte. Der KrimSek hatte Koll eben einen sehr beunruhigenden Vorschlag gemacht, voller kaum überblickbarer Aspekte, wie ein Bild zwischen zwei Spiegeln. Koll seinerseits würde ihn zur Beurteilung der Hohen Regierung vorlegen müssen. Er hätte Quellen dafür, daß er ihm solche Schwierigkeiten bereitete, mit Vergnügen aufgespießt. Zugegeben, es war ein kluger Vorschlag. Doch Klugheit paßte zu Quellen nicht. Der Mann war beharrlich, methodisch, einigermaßen tüchtig, aber das war kein Grund, seinem Vorgesetzten einen derart hinterhältigen Vorschlag zu machen.
»Mal sehen, ob ich das richtig erfaßt habe«, sagte Koll, der nur zu gut begriff. »Ihre Durchforschung der Springer-Unterlagen hat einen wirklich vorhandenen Mann namens Mortensen ergeben, der dem Register nach vom nächsten Monat aus in die Vergangenheit abgereist ist. Ihr Vorschlag sieht vor, ihn zu überwachen, zu seiner Kontaktstelle zu verfolgen und ihn notfalls mit Gewalt daran zu hindern, daß er die Reise in die Vergangenheit antritt, indem diejenigen festgenommen werden, die sich bereit erklärt haben, ihn hinzuschicken.«
Quellen nickte.
»So ist es.«
»Ist Ihnen klar, daß das ein direkter Eingriff in die Vergangenheit wäre, auf eine überlegte Art, wie er, soviel ich weiß, bislang noch nie versucht worden ist?«
»Das ist mir klar«, sagte Quellen. »Deshalb bin ich vorher zu Ihnen gekommen. Ich sitze zwischen zwei Geboten: einerseits den Drahtzieher der Zeitreisen zu fassen und andererseits die geordnete Struktur der Geschichte zu bewahren. Offenbar steht jener Mortensen mit dem Drahtzieher in Verbindung oder er wird diese zu ihm aufnehmen, wenn der 4. Mai tatsächlich der Tag seiner Abreise ist. Sobald wir ihn also mit einem Peiler verfolgen –«
»Ja«, unterbrach ihn Koll trocken. »Das sagten Sie schon. Die Probleme sind mir klar.«
»Haben Sie eine Anweisung für mich?«
Koll schob wieder seine Papiere umher. Er argwöhnte,
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