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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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Julia Charbonneau hieß und die ich gezeichnet hatte, verändern würde, wenn sie ein Leben als Frau von Jacob Pickering führte – verändern würde hin zu unglückseliger Verbitterung; und das würde ich einfach nicht zulassen.
    Die Folgen für die Zukunft durch ein Eingreifen in die Vergangenheit? Ich zuckte mit den Schultern: Durch jede Handlung in der Vergangenheit ergeben sich Folgen für jede Zukunft. Den Handlungsablauf in meiner Zeit zu beeinflussen bedeutete, eine weitere, noch nicht vorstellbare Zukunft zu beeinflussen, und dennoch tun wir das in jeder Sekunde unseres Lebens. Und nun würde die Zukunft, die meine eigene Zeit war, eben damit zurechtkommen müssen. Denn ich wusste, dass ich Julia nicht fallen lassen würde wie jemanden, der nicht zählte, da nur wir zählten. Ich kippte ein wenig zur Seite, als die Kutsche in die 20th Street einbog und dann, einen Block später, zum Gramercy Park. Als sie langsamer wurde und vor dem Haus Nr. 19 anhielt, lächelte ich: Mir war klar geworden, dass ich einen Weg finden musste, ihre Verlobung mit Jake Pickering zu lösen. Und wer konnte denn schließlich sagen – fiel mir plötzlich ein –, ob die Auswirkungen auf meine eigene Zeit, sollten sie überhaupt eintreten, nicht eine Verbesserung darstellten? Es war immerhin eine Zeit, die Veränderungen dringend nötig hatte.

18
    Am nächsten Morgen war ich gleich nach dem Frühstück, bei dem ich kaum ruhig sitzen konnte, draußen auf der Straße. Tante Ada servierte es zusammen mit der Times, doch sie zu lesen versuchte ich erst gar nicht. Alles, was mir im Kopf herumging, war der Gedanke: das ist der Tag. Heute um Mitternacht würden sich Pickering und Carmody im City Hall Park treffen. Nichts würde mich davon abhalten, auch dort zu sein; intuitiv spürte ich, dass ich endlich erfahren würde, was die Notiz im blauen Umschlag bedeutete. › … die Zerstörung des gesamten Welt … durch Feuer …‹ Die Worte waren sinnlos, sie sagten mir nichts, außer: An einem Tag in ferner Zukunft wird sich Andrew Carmody ihretwegen eine Kugel in den Kopf schießen.
    Ich weiß nicht, wie ich so dumm sein konnte – so regelrecht stupide  –, aber ich glaubte, es gebe für mich nichts zu tun, als den Tag irgendwie auszufüllen und darauf zu warten, bis ich mich auf den Weg in den Park machen konnte. Ich ging nach oben und borgte mir Felix’ Kamera; er hatte gesagt, ich könne sie jederzeit benutzen, hatte sie mir fast aufgedrängt und in der vergangenen Nacht in Gabe Case’s sein Angebot wiederholt. Die Kamera arbeitete mit Platten, die er in einer Schachtel in seinem Schrank aufbewahrte. Er besaß zwei Dutzend von ihnen, also füllte ich den kleinen lackierten Holzkasten, der als Transportbehälter diente. Es passten zehn hinein, eine weitere legte ich in die Kamera ein. Überall in der Stadt gab es Motive, die ich fotografieren wollte.
    Manhattan Island ist nicht groß; man kann es an einem Tag von einem zum anderen Ende durchstreifen. Ich wollte die Hochbahn hinunter zur Battery nehmen, doch musste ich auf sie warten. Und so nutzte ich diese Zeit für eine Aufnahme und richtete die Kamera ein. Der Zug kam immer noch nicht, und beim Warten, aus dem Nichts heraus, befiel mich plötzlich ein leises Unbehagen: Gab es da nicht etwas, etwas von größter Wichtigkeit, das ich eigentlich tun müsste? Die Plattform erzitterte leicht, auf den Gleisen war ein Zug aufgetaucht, der von Downtown heraufkam. Für mein Foto spielte dies keine Rolle; ich baute die Kamera auf und wartete einfach ab, bis der Zug in den Sucher kam. Das ist die Aufnahme. Als ich dann die Aufnahme gemacht und die Platten gewechselt hatte, war der Gedanke wieder aus meinem Gedächtnis entschwunden.

    Der Battery Park gefielt mir sehr; viel Schnee, die Wege aber waren geräumt. Ich sah Gruppen von neu angekommenen Einwanderern, die hier ihre ersten Eindrücke sammelten; ich konnte nicht widerstehen sie zu fotografieren.

    Ich nahm dann die Hochbahn zur Brooklyn Bridge und bestieg – ein echter Tourist – über Holztreppen den Turm, ängstlich darauf bedacht, nicht hinunterzuschauen, bis ich oben war. Um gar nicht erst Furcht in mir aufkommen zu lassen, begann ich unverzüglich, den Fluss auf einer notdürftigen hölzernen Hängebrücke zu überqueren, die hoch über die noch unfertige Fahrbahn gespannt war. Das Ding schwankte scheußlich! Der Handlauf bestand aus einem dünnen Kabel, es gab nichts, das einen auffangen konnte, wenn man stolperte

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