Zelot
abgeschüttelt wurde, nachdem der wahnsinnige griechische König Antiochus Epiphanes verlangt hatte, die Juden sollten ihn wie einen Gott verehren, bis hin zu den Radikalen und Revolutionären, die der römischen Besatzung Widerstand leisteten – über die Banditen, die Sikarier, die Zeloten und die Märtyrer von Masada bis hin zum letzten der großen gescheiterten Messiasse, Simon bar Kochba, dessen Rebellion im Jahre 132 unserer Zeitrechnung den Begriff «Königreich Gottes» als Ruf nach einer Befreiung von fremder Herrschaft beschwor.
Jesu Vorstellung einer Alleinherrschaft Gottes unterschied sich nicht allzu sehr von den Ideen der Propheten, Banditen, Zeloten und Messiasse, die vor ihm und nach ihm kamen, was sich unter anderem an seiner Antwort auf die Frage ablesen lässt, ob man dem Kaiser Steuern zahlen solle. Im Grunde glich seine Auffassung von einer Gottesherrschaft in weiten Teilen der seines Meisters, Johannes’ des Täufers, von dem er wahrscheinlich auch den Begriff «Königreich Gottes» übernommen hatte. Worin sich Jesu Interpretation des Königreichs Gottes jedoch von der des Johannes unterschied, war seine Übereinstimmung mit den Zeloten, dass Gottes Herrschaft nicht nur eine innere Wandlung zu Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit erforderte, sondern eine vollständige Umkehr des gegenwärtigen politischen, religiösen und ökonomischen Systems. «Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes. Selig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet satt werden. Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen.» (Lk 6 , 20 – 21 )
Diese ermutigenden Worte aus den Seligpreisungen sind mehr als alles andere das Versprechen einer bevorstehenden Erlösung von Knechtschaft und Fremdherrschaft. Sie sagen eine radikal neue Weltordnung vorher, in der die Sanftmütigen die Erde besitzen, die Kranken geheilt, die Hungrigen satt und die Armen reich werden. Im Königreich Gottes werden Reichtümer neu verteilt und alle Schulden erlassen (Mt 5 , 3 – 12 ; Lk 6 , 20 – 24 ). «Viele aber, die jetzt die Ersten sind, werden dann die Letzten sein, und die Letzten werden die Ersten sein.» (Mt 19 , 30 )
Das bedeutet aber auch, dass, wenn das Königreich Gottes erst einmal auf Erden errichtet ist, die Reichen arm, die Starken schwach und die Mächtigen durch die Machtlosen ersetzt werden. «Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen!» (Mk 10 , 23 ) Das Königreich Gottes ist keine träumerische Utopie, in der sich Gott der Armen und Vertriebenen annimmt. Es ist eine beängstigende neue Realität, in der Gottes Zorn über die Reichen, die Starken und die Mächtigen kommt. «Aber weh euch, die ihr reich seid; denn ihr habt keinen Trost mehr zu erwarten. Weh euch, die ihr jetzt satt seid; denn ihr werdet hungern. Weh euch, die ihr jetzt lacht; denn ihr werdet klagen und weinen.» (Lk 6 , 24 – 25 )
Die Bedeutung dieser Worte Jesu ist klar: Das Königreich Gottes wird bald auf Erden errichtet werden; Gott steht kurz davor, Israel wieder zu seinem alten Glanz zu verhelfen. Gottes Restauration kann jedoch nur gelingen, wenn die bestehende Ordnung zerstört wird. Ohne die Vernichtung der gegenwärtigen Führung kann Gottes Herrschaft nicht beginnen. Zu sagen, «das Reich Gottes ist nahe», bedeutet daher etwa so viel, als sagte man, das Ende des Römischen Imperiums sei nahe. Es bedeutet, dass Gott den Kaiser als Herrscher des Landes ablösen wird. Die Tempelpriester, die reiche jüdische Aristokratie, die herodische Elite und der heidnische Usurpator im fernen Rom – alle sollten den Zorn Gottes zu spüren bekommen. Das Königreich Gottes ist schlicht und ergreifend ein Aufruf zur Revolution.
Welche Revolution aber könnte ohne Gewalt und Blutvergießen verlaufen, insbesondere die Revolution gegen ein Imperium, dessen Armeen das Land geplündert haben, welches Gott für sein auserwähltes Volk vorgesehen hat? Wenn das Königreich Gottes kein flüchtiger Tagtraum ist, wie, wenn nicht durch Gewaltanwendung, sollte es dann in einem Land errichtet werden, das von einer gewaltigen imperialen Macht besetzt ist? Die Propheten, Zeloten, Banditen und Messiasse aus Jesu Zeit wussten das alle, weshalb sie bei dem Versuch, Gottes Herrschaft auf Erden zu errichten, auch nicht zögerten, Gewalt anzuwenden.
Die Frage ist nun, ob Jesus ebenso dachte. Hätte er den anderen Messiassen – dem Bandenführer Hiskia, Judas dem Galiläer, Manaim, Simon bar Giora, Simon bar
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