Zelot
christlichen Gemeinde gewesen zu sein. Paulus – der ehemalige Pharisäer, der zum einflussreichsten Deuter der Botschaft Jesu wurde – schreibt um das Jahr 50 n. Chr. in einem an die christliche Gemeinde der griechischen Stadt Korinth gerichteten Brief über die Auferstehung Christi: «Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferstanden ist am dritten Tage nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen. Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen. Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln. Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden.» ( 1 Kor 15 , 3 – 8 )
Paulus mag diese Worte im Jahre 50 n. Chr. geschrieben haben, doch wiederholt er darin vermutlich eine wesentlich ältere Formel, die sich möglicherweise bis in die frühen Vierziger zurückverfolgen lässt. Das bedeutet, dass der Glaube an die Auferstehung Christi zu den ersten Glaubenszeugnissen der Gemeinde gehörte – und somit älter als die Passionsgeschichten und selbst die Geschichte der jungfräulichen Empfängnis ist. Dennoch bleibt die Tatsache, dass die Auferstehung kein historisches Ereignis ist. Sie mag historisch Wellen geschlagen haben, doch das Ereignis selbst liegt jenseits des geschichtlichen Spektrums, im Bereich des Glaubens. Für Christen ist sie sogar die ultimative Glaubensprüfung, wie Paulus in seinem Brief an die Korinther schreibt: «Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden.» ( 1 Kor 15 , 17 )
Damit berührt Paulus einen Kernpunkt. Ohne die Auferstehung stürzt das gesamte Gebäude von Jesu Anspruch auf die Messiasrolle in sich zusammen. Die Auferstehung löst ein unlösbares Problem, eines, das die Jünger unmöglich ignorieren konnten: Die Kreuzigung Jesu entkräftet seine Behauptung, der Messias und der Nachfolger Davids zu sein. Nach dem Gesetz Mose ist Jesus durch seine Kreuzigung eigentlich ein von Gott Verfluchter: «Ein Gehenkter ist ein von Gott Verfluchter.» ( 5 Mos 21 , 23 ) Wenn Jesus aber in Wahrheit nicht gestorben ist und sein Tod nur das Vorspiel zu seiner spirituellen Entwicklung war, dann wäre das Kreuz kein Fluch und kein Symbol des Versagens mehr. Es würde sich in ein Symbol des Sieges verwandeln.
Gerade weil die Behauptung der Auferstehung so absurd und einzigartig war, musste ein vollkommen neues Denkgebäude konstruiert werden, um dasjenige zu ersetzen, das im Schatten des Kreuzes eingestürzt war. Aus ebendiesem Grunde wurden die Auferstehungsberichte in den Evangelien geschaffen: um einer bereits bestehenden Überzeugung Substanz zu verleihen; um aus einem etablierten Glauben eine Erzählung zu machen; und natürlich, um jenen Kritikern etwas entgegenzuhalten, die eine Auferstehung abstritten und argumentierten, Jesu Anhänger hätten nichts weiter als einen Geist oder ein Gespenst gesehen – jenen, die dachten, die Jünger Jesu selbst hätten dessen Leichnam gestohlen, um die Auferstehung vorzutäuschen. Als diese Geschichten geschrieben wurden, waren seit der Kreuzigung sechs Jahrzehnte vergangen. Während dieser Zeit hatten die Evangelisten so ziemlich alles gehört, was sich gegen eine Auferstehung einwenden ließ, und waren nun in der Lage, Geschichten zu schreiben, die solche Kritik samt und sonders abschmetterten.
Die Jünger sahen nur einen Geist? Könnte ein Geist denn Fisch und Brot essen, wie es der auferstandene Jesus in Lukas 24 , 42 – 43 tut? Jesus war nur ein körperloser Geist? «Kein Geist hat Fleisch und Knochen», sagt der auferstandene Jesus zu seinen ungläubigen Jüngern und fordert sie auf, seine Hände und Füße zu berühren (Lk 24 , 36 – 39 ). Der Leichnam Jesu wurde gestohlen? Wie denn, hat Matthäus doch praktischerweise eine bewaffnete Wache vor seinem Grab postiert – Wächter, die den auferstandenen Jesus selbst sehen, jedoch von den Priestern bestochen werden und sagen, die Jünger hätten den Leichnam vor ihrer Nase geklaut? «So kommt es, dass dieses Gerücht bei den Juden bis heute verbreitet ist.» (Mt 28 , 1 – 15 )
Auch diese Geschichten sollten keine Darstellung historischer Ereignisse sein; sie waren die sorgsam
Weitere Kostenlose Bücher