Zeltplatz Drachenloch
Lager sowieso nichts. Wie sollte er ins Lager kommen ohne einen Groschen Geld?
Max schlenderte über die Wiese zu den Gebüschen hin. f Dort, als er wußte, daß ihn die anderen nicht mehr sehen I konnten, warf er sich ins Gras und weinte. Er, der große, j überlegene Max, weinte!
Georg war noch eine Weile bei den anderen sitzen geblieben. Was brauchen wir also wirklich für ein Lager? Mindestens fünfmal wollte er das fragen, schluckte es aber immer wieder hinunter. Die anderen hockten betrübt und bedrückt herum, bis Fritz, der langsam denkende Fritz, sagte: »Warum sitzen wir hier? Aus dem Lager wird sowieso nichts, ich geh’ nach Hause .«
Da ging auch Georg. Komisch, ihm mußte etwas ins Auge gefallen sein. Ihm verschwamm plötzlich alles. Die Bäume wackelten, und die Kinder, die hier auf der Wiese spielten, waren nur mehr bunte, verrinnende Flecke. Blödsinn das mit den Augen.
Daheim setzte er sich in die Veranda auf den Pingpong-Tisch. Das hätte er nicht tun sollen. Die Platte gab nach, und bevor er noch herunterrutschen konnte, lag er mit ihr auf dem Boden.
Gine kam, und als sie sah, was er angerichtet hatte, gab sie ihm eine Ohrfeige. Gine war jetzt, da ihm von den anderen nicht zugesetzt wurde, alles andere als eine liebende, zärtliche Schwester.
»Reg dich nur nicht auf«, rief Georg. »Man muß sich ja für dich schämen .«
»Für mich?«
»Natürlich.«
»Wieso?«
Gine war fassungslos.
»Weil Max und Hans vor der ganzen Klasse deinetwegen gestritten haben .«
»Meinetwegen ?«
»Ja.«
Es war wirklich ein schlechter Tag, denn Georg bekam noch einen schwesterlichen Klaps. Diesmal ließ er es sich aber nicht gefallen und schlug zurück. Das reizte Gine sehr.
»Es ist unmännlich, Damen zu schlagen«, schrie sie und hieb mit dem Tischtennisschläger, der ihr gerade in die Hand gekommen war, zurück. Das war gemein von ihr, denn sie schlug mit der schmalen Kante zu und traf Georgs Nase. Georg wollte ihr den Schläger aus der Hand reißen, um mit gleicher Münze zurückzahlen zu können, da fühlte er es warm seine Nase hinunterlaufen. Gine schrie auf, weil Georg blutete.
»Ich bitte dich, leg dich sofort hin !« rief sie ängstlich. Dann gab sie ihm Watte zum Blutstillen.
»Den Hieb bekommst du zurück«, drohte er. Er sprach, als würde auf seiner Nase eine Klammer sitzen. Das klang so spaßig, daß Gine lachen mußte, sosehr das auch Georg erboste.
»Und was wird nun mit eurem Lager, habt ihr schon was beschlossen?«
»Nein, die haben ja nur gestritten .«
»Wer?«
»Hans und Max.«
»Das sind doch I...« Gine verkniff sich das Wort, obwohl sie sich ärgerte. »Da strengt man sich für euch an — und ihr, ihr streitet .«
»Was heißt anstrengen. Hast du dich für uns angestrengt ?«
Gine tat geheimnisvoll.
»So sag doch was !« bat Georg.
»Nichts, ich habe nur nachgedacht .«
»Und?«
»Und? — Mir ist was eingefallen .« Gine machte ihre Augen ganz klein und biß die Lippen zusammen. Das hieß, daß sie nichts sagen wollte.
»Das wird bestimmt was Dummes sein .« Georg tat, als interessierte ihn nun nichts mehr.
»Gar nicht dumm«, gab sie spitz zurück.
»Weißt du, ob Papsch ein reicher Mann ist ?« fragte Gine. »Hab’ noch nie darüber nachgedacht .«
»Ich meine«, begann Gine wieder zögernd, »ich meine, wenn er für zwei Maschinen, die er dringend gebraucht hat, weil er seine Druckerei modernisieren will, wenn er also für die zwei Maschinen vierzigtausend zahlen kann, dann kann er...«
»Was?«
»Uns zwei Zelte kaufen, die nur ein paar hundert kosten .« Georg fuhr auf.
»Liegenbleiben !« befahl Gine, »sonst fängst du wieder zu bluten an.«
»Du mußt mit Papsch reden !«
Georg war begeistert.
Aber Gine hatte plötzlich Zeit. Sie schupfte die Achseln und sagte: »Das weiß ich noch gar nicht. Wenn ihr dummen Buben ununterbrochen streitet, hat es ja sowieso keinen Sinn. Ihr seid ja unbeholfen wie Säuglinge .«
Georg setzte sich auf. Es kam kein Blut mehr. »Denk nach, was wir jetzt wirklich tun können .«
»Wenn ihr dauernd streitet, hat das gar keinen Sinn .«
»Doch, das geht vorüber. Wir streiten ja auch .«
»Das gehört sich aber, wir sind ja eine Familie .« Gine sprang auf, plötzlich war sie ganz zappelig. »Komm, wir laufen zu Max, wir werden die zwei Dummköpfe schon wieder zusammenbringen .«
Und schon lief Gine in den Garten und auf das Pförtchen an der Rosenallee zu. Georg mußte sich beeilen, daß er mitkam.
Bei Max
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