Zeltplatz Drachenloch
Schluß Besuch kommt.
»Angenommen«, sagte Immerfroh und klingelte mit seinem großen Schlüsselbund, »angenommen, ihr, ihr alle, wie ihr hier sitzt, wollt auf ein Lager fahren. Ein Lager mit Zelten, Ausflügen, Bootsfahrten, kurzum, mit allem, was zu einem Lager gehört. Was würdet ihr als besonders wichtig dabei ansehen ?«
Als die Antworten nur so niederprasselten, hob Immerfroh die Hand. »Halt, halt, so meine ich das nicht. Ihr sollt euch darüber selbst einmal unterhalten und mir dann berichten. Vielleicht könnt ihr euch auf der großen Fußballwiese treffen oder sonstwo . Kurzum, sprecht einmal darüber. — Und hier«, Immerfroh holte einen Stoß Zette! aus der Tasche, »hier habe ich noch etwas. Hans, teile bitte die Zettel aus !«
Hans nahm den Stoß und teilte aus.
»Einladung« stand oben in großen Buchstaben.
Die Klasse jubelte auf.
»Wir sind bei keiner Fußball-Großveranstaltung«, mahnte Immerfroh, »und es wurde kein Tor geschossen .«
Wieder wurde gelacht.
Immerfroh schloß das Fenster, setzte sich auf den Tisch in der ersten Reihe, hob die Hand, und diesmal wurde nicht gepfiffen, sondern gesummt. — »Wir wollen zu Land ausfahren .« — Wunderbar war das, und diesmal stimmte der Text der gesummten Melodie mit der Unterrichtsstunde überein. Immerfroh erzählte ihnen nachher von Italien, dieser merkwürdigen Halbinsel, die mit Sizilien Fußball spielt. Er erzählte so, daß man vergaß, in der Schule zu sein. Und als es läutete, waren die Buben auf die Uhr, auf die Glocke und auf den Schulwart böse. Solche Stunden sollten kein Ende haben.
Es gab keine richtige Stimmung bei dieser »Sitzung« auf der Fußballwiese.
»Was braucht man am notwendigsten, wenn man ein Lager abhalten will ?«
»Geld«, hatte Max auf die Frage von Hans gesagt, und darüber hatte sich Hans geärgert.
»Wenn nicht Geld, dann das Essen.« Max war gekränkt. »Nein«, schrie Hans, »nicht Essen .«
»Bitte, wenn du willst, dann kannst du ja verhungern .«
»Du bist zu dumm für ein vernünftiges Gespräch .« Hans war rot im Gesicht.
»Wenn ich zu dumm bin, dann bin ich ruhig .« Max setzte sich hin und tat, als hörte er nichts mehr.
Georg rückte von Max weg.
»Jetzt wirst du, Georg, auch schon hochmütig«, sagte Max. »Kaum sind ein paar Wochen vergangen, seit du im Kasten gesessen bist, und schon bist du hochmütig, du Milchbruder du, du Schlafhans, du...«
»Sag das noch einmal !« schrie Hans. »Los, sag das sofort noch einmal !«
»Reg dich nicht auf, du langes Elend .« Max war wirklich schlecht gelaunt.
»Du sollst das noch einmal sagen !« Hans zitterte.
»Ich mag nicht«, gab Max zurück. »Und außerdem weiß ich sowieso, warum du dich so aufregst .«
»Warum?«
»Weil ich damals Georg befreit habe, wegen Gine regst du dich auf .«
»Wegen Gine? Haha!«
»Lach nicht über meine Schwester«, sagte Georg.
»Wegen Gine, natürlich«, wiederholte Max. Und das hätte er nicht tun sollen. Plötzlich brannte ein roter Fleck auf seiner Wange.
Das war von Hans.
Max schüttelte den Kopf, stand auf, holte ein Stück Zuk-ker aus der Tasche, zerbiß es und sagte dazwischen: »Dies nur zu meiner Stärkung, damit es sich auszahlt, wenn ich dich züchtige .« Das hatte Max sicher wieder aus einem Buch. Er ließ die kleingebissenen Zuckerstückchen in seinem Mund zergehen. Erst dann wurde gerauft, erbittert und ernst. Und da Hans der flinkere war, hatte Max allerhand auszustehen. Endlich lagen sie im Gras, schnauften und stöhnten und wurden langsam so müde, daß der eine dem anderen nichts mehr anhaben konnte. Hans gab es aber noch nicht auf. Als er verschnauft hatte, fragte er wieder: »Was ist also das Notwendigste für ein Lager ?«
»Himbeersaft«, antwortete Max.
Die anderen lachten.
Hans stand auf. »Hier sitzen ja Idioten«, rief er, »und mit dir werde ich überhaupt nicht mehr reden .«
»Ich mit dir auch nicht.« Hans ging.
»Jetzt geht er, der Lagersachverständige. Kannst du ein Zelt von einer Flasche Himbeersaft unterscheiden ?« Max mußte über diesen Witz lachen. Die anderen lachten nicht.
Hans ging, er hörte nicht auf das, was Max ihm nachrief.
Das ärgerte Max. Auch er fühlte sich nicht wohl. Aber was konnte er dafür? Er war auch nicht immer gut aufgelegt. Die anderen hatten es ja leicht, sie mußten sich daheim nicht alles selbst machen. Nun stand auch er auf und ging. Er grüßte nicht, schob sich einfach ein Stück Zucker in den Mund und ging. Für ihn war das
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