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Zeltplatz Drachenloch

Zeltplatz Drachenloch

Titel: Zeltplatz Drachenloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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oder »am Gebirge« sein. Das waren immerhin noch sechs Möglichkeiten. Der Amtsvorsteher kratzte sich wieder am Kopf, und weil er einen guten Kollegen in St. Georgen bei Furth hatte, schickte er den Brief dorthin.
    Der Kollege in St. Georgen bei Furth lachte, als er den Brief sah. Es war übrigens nicht selten, daß er ähnliche Briefe in die Hände bekam. Manchmal mußte er sie weiter in ein anderes St. Georgen schicken. Auch diesmal war der Brief nicht richtig. Aber da ihm der Name Gradwohl irgendwie bekannt vorkam, fragte er den Briefträger. Der Briefträger erinnerte sich auch und sagte, daß der Lehrer Gradwohl bestimmt in St. Georgen am Gebirge daheim sei. Nun wurde auf den Umschlag ein Zettel angeklebt, denn es war kein Platz mehr da, um eine neue Adresse zu schreiben. Auf diesen Zettel wurde »St. Georgen am Gebirge« geschrieben. Der Brief reiste weiter. Es stimmte nun zwar, daß in St. Georgen am Gebirge ein Mann mit Namen Gradwohl wohnte. Er hieß aber nicht Johannes, sondern Karl und war nicht Lehrer, sondern Schornsteinfeger. Der Brief kam also wieder in das Postamt von St. Georgen am Gebirge zurück. Dort hatte der Beamte noch drei Möglichkeiten: »an der Weinstraße«, »am Paß«, »an der Ister «. Und da das St. Georgen an der Ister das nächstgelegene war, wurde der Brief dorthin geschickt. Und da war er endlich richtig.
    Johannes Gradwohl mußte lachen, als er den Brief bekam. Das war eine Sehenswürdigkeit. Obwohl er nur eine Marke hatte, waren acht Poststempel darauf. Er setzte sich auf die Bank vor dem Schuleingang und schnitt den Umschlag mit dem Taschenmesser vorsichtig auf.
    Von Florian war der Brief!
    Gradwohl las ihn rasch, stand auf und ging zu seiner Frau hinein. Sie deckte gerade den Tisch.
    »Im Sommer bekommen wir großen Besuch«, sagte Gradwohl.
    »Wir?«
    »Nun nicht gerade wir allein, die ganze Ortschaft. Eine Schar Buben aus der Stadt.«
    Frau Gradwohl schlug die Hände zusammen. »Haben wir hier nicht genug Lausbuben ?« fragte sie.
    »Genug? Vielleicht. Aber von mir aus können es ruhig doppelt soviel sein .«
    »Und wo werden sie wohnen, bei wem werden sie essen ?«
    »Das mußt du erraten .« Gradwohl stand auf und sah nach den Blumen in den Fenstern.
    »Hier in der Schule vielleicht gar ?« fragte Frau Gradwohl. »Nein, in der Schule nicht.«
    »Beim Bürgermeister?«
    »Auch nicht.«
    »Dann beim Pfarrer?«
    Der Lehrer schüttelte lachend den Kopf. »Nein! Im Wald werden sie wohnen .«
    »Wenn das nur gut ausgeht«, meinte nun die Lehrersfrau. »Warum nicht? Wir haben doch auch in Zelten geschlafen und leben jetzt noch .«
    »Das mein’ ich nicht. Ich denke nur daran, daß sie sich vielleicht nicht mit den hiesigen Buben vertragen. Und jeden Tag eine Riesenrauferei, das fehlte uns noch.«
    »Na-na-na«, beruhigte Gradwohl seine Frau, »so arg wird es erstens gar nicht werden, und zweitens kommt der Florian mit, und ich bin schließlich auch noch da .«
    Den Nachmittag benutzte Lehrer Gradwohl, um einige Besuche zu machen. Sein erster Weg führte ihn zum Bürgermeister Karl Bruckner.
    »So«, sagte der, als ihm der Lehrer über den Plan Immerfrohs berichtet hatte, »so, die wollen also gerade zu uns herkommen ?«
    »Ja, natürlich.«
    »Na, wenn sie kommen wollen, dann sollen sie kommen. Ich kann und ich mag es auch nicht hindern .«
    Das genügte dem Lehrer. Er ging nun zum Pfarrer. Der Pfarrer wohnte in einem Haus neben der Kirche auf einem Felshügel hoch über der Ortschaft. Zur Ister hin fiel der Hügel in einer steilen Felswand ab. Früher war der Fels das Ufer der Ister gewesen. Später, als die Straße durch das Tal gebaut wurde, hatte man einige Meter für die Straße weggesprengt.
    Zur anderen Seite senkte sich der Pfarrhügel nur leicht und ging dann in den Königstein über, der schon mehr als tausend Meter hoch war. In dieser Talsenke zwischen Königstein und Pfarrhügel lag der große Obstgarten des Pfarrers. Und in diesem Obstgarten stand ein Bienenhaus mit zwanzig Stöcken.
    »Wie geht’s den Bienen ?« fragte der Lehrer einen Mann in Jacke und hellgrauer Arbeitshose, der einen großen Strohhut trug.
    Der Mann hörte erst gar nicht, so laut war das Summen der Bienen. Er rauchte seine Pfeife und guckte durch die Glasfenster auf der Rückseite der Stöcke dem emsigen Treiben zu. Erst als er bemerkte, wie der Lehrer ihm über die Schulter schauen wollte, um auch das Gewimmel der Bienen hinter dem Glas zu sehen, wandte er sich grüßend um.
    »Ich wollte Sie

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