Zeltplatz Drachenloch
noch einmal die Hand des Lehrers, flüsterte »Auf Wiedersehen« und rannte auf die Straße hinaus. —
»Komm«, sagte Kam zu Gine, »wir gehen ein bißchen im Garten auf und ab .«
Dann fanden sie es aber bei der großen Silbertanne so schön, daß sie sich dort ins Gras setzten.
»Ich war bei Immerfroh«, sagte Gine, »er wird die Dickschädel wieder zusammenbringen .«
»Wird er das ?«
»Bestimmt. Immerfroh kann alles; übrigens, er liest das gleiche Buch, das du gerade liest .«
»Das wirst du ihm natürlich auch gleich gesagt haben .«
»Hab’ ich auch.«
Kam schüttelte den Kopf. Sie legte sich ins Gras zurück und verschränkte die Arme im Nacken. »Übrigens«, sagte sie, »für dich habe ich auch eine Neuigkeit .«
»Was?«
»Ich hab’ mit Papsch gesprochen — wegen des Lagers .«
»Du bist fein !« Gine streichelte Kams dunkles Haar. »Ich glaube, wenn wir beide uns nicht bemühen und Immerfroh helfen, die Buben lassen ihn glatt im Stich .«
»Die finden schon wieder zusammen, laß nur. Ich glaube, es soll auch bei Mädchen Vorkommen, daß sie streiten .«
»Und was hat Papsch gesagt ?«
»Zunächst nichts. Ich hab’ ihm erzählt, daß die Buben arm sind und keine Zelte haben, und daß Zelte für die Buben fast unerschwinglich sind .«
»Und was hat er da gesagt ?«
»Nachgedacht hat er, und dann hat er gefragt, was ein Zelt kostet, ungefähr...«
»Und was hast du gesagt ?«
»Ich weiß es nicht .«
Gine sprang auf. »Ich muß sofort zu Papsch «, rief sie.
»So bleib doch«, beruhigte sie Kam. »Es ist sowieso alles in Ordnung. Euer Vater erinnerte sich, daß für eine große Zeltfirma in eurer Druckerei einmal Prospekte gedruckt worden waren. Er rief in der Druckerei an. Dort ließ er in den Prospekten nachschauen und sich ein paar Preise durchsagen .«
»Und?«
»Dann ging er zum Fenster und schaute eine Weile hinaus. >Weißt du<, sagte er zu mir, >weißt du, wie gern ich als Bub einmal in einem Zelt gelegen wäre? Damals war kein Geld dafür da .< Und dann ging er zu seinem Schreibtisch, sperrte die Lade auf und füllte einen Scheck aus.«
»Ich finde, Papsch ist nett«, sagte Gine. »Und weißt du, warum er so nett ist? Weil es ihm als Kind gar nicht gutgegangen ist. Und mit der Druckerei hat er auch ganz klein angefangen .«
»Er sagte, wir beide sollten nicht allein die Zelte kaufen, weil wir ja doch nicht viel davon verstehen. Er selbst versteht auch nichts davon. Am besten wäre es wohl, wenn wir Immerfroh bäten. Das ist doch ein Fachmann .«
»Ja, ich glaube, er hat sogar ein Zelt. Ich werde ihn selber bitten. Wo hast du den Scheck ?«
Kam machte ihre Handtasche auf. »Hier hast du ihn .« Gine sah auf dem grünen Papier des Schecks die Unterschrift Papsch ’ und dann die Zahl; es war eine schöne, runde Zahl.
Nein, es gab wirklich keinen Zweifel, Papsch war nett. So viel Geld!
»Wir müssen so bald wie möglich die Zelte kaufen«, schlug Gine vor. »Erstens werden die Buben bestimmt wieder vernünftig, wenn sie die Zelte sehen, und zweitens lernst du dann Immerfroh kennen; er ist bestimmt nett .«
»Da fällt mir noch etwas ein«, besann sich Kam. »Du mußt Papsch gratulieren. Stell dir vor, er bekam heute seinen ersten ausländischen Auftrag für seine Druckerei. Er soll einen großen Katalog drucken, über 500 000 Auflage. Ich glaube, das ist auch ein Grund, warum er so viel hergegeben hat. Er freut sich riesig darüber .«
»Da muß ich ihn sofort anrufen !« Gine sprang auf und rannte durch den Garten hinunter ins Haus. Ihre Hände zitterten, als sie die Nummer der Druckerei wählte. Dann verlangte sie Papsch . »Ich möchte Herrn Brenner sprechen«, sagte sie, »hier ist seine Tochter .« Dann meldete sich der Vater.
»Was hast du denn ?« fragte er.
»Ach, Papsch , ich bin so glücklich, du bist so lieb !«
»Schon gut, schon gut«, kam es durch das Telefon.
»Und dann möchte ich dir gratulieren. Das ist doch eine Mordssache. — Aus dem Ausland bestellt man sogar bei dir. Ach, Papsch , ich freue mich so, daß du so berühmt bist !«
DAS ZEHNTE KAPITEL
ist eine Art Jubiläumskapitel,
weil es immerhin schon das zehnte ist.
Deshalb bringt es auch durchweg Erfreuliches.
Mehr möchte ich nicht verraten.
Immerfroh verbesserte gerade die letzten Aufsätze der Sechsten, als Frau Grimm, ohne anzuklopfen, die Tür aufmachte und sagte: »Es ist schon wieder so ein Fratz da, der Sie sprechen will .«
»Lassen Sie ihn, bitte, herein«, sagte Immerfroh,
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