Zeltplatz Drachenloch
ohne aufzuschauen.
Gine trat ein. Ihr Blick ging von dem niederen einfachen Bett zu den Bücherregalen, zu der Sandsteinfigur in der linken Fensterecke und zu den Bildern an der Wand. Hier gefiel es ihr.
»Störe ich Sie ?« fragte Gine. Da fuhr Immerfroh herum. »Ach, du bist es? Ich hatte eigentlich gehofft, daß es jemand anderer sei .«
Gine trat einige Schritte näher und blieb wieder stehen. »Hier, setz dich, bitte !«
Gine setzte sich zögernd. »Ich möchte Sie nicht lang aufhalten«, sagte sie. »Ich komme nur, weil ich glaube, daß auch Sie sich freuen werden — und weil wir Ihren Rat brauchen .«
»Nun, was hast du für eine freudige Botschaft ?«
»An allem ist eigentlich ein Katalog schuld«, begann Gine, »den mein Vater drucken muß. Das ist nämlich sein erster großer Auftrag aus dem Ausland. Und weil Kam, das ist meine Tante, von der ich Ihnen schon erzählt habe — ja, und weil Kam mit meinem Vater gesprochen hat .« Gine machte eine Pause.
»Und ?« fragte Immerfroh und legte die noch nicht verbesserten Hefte beiseite.
»Ja, und — Papsch hat nämlich einen Scheck ausgeschrieben für Zelte. Hier ist der Zeltkatalog. Diesen Katalog hat nämlich Papsch in seiner Druckerei gedruckt«, erklärte sie. »Schön, nicht?«
»Gipfelzelte sind gut«, sagte Immerfroh. »Das meine ist auch eines, das habe ich schon über zehn Jahre. Aber daß dein Vater Zelte für die Buben spenden will, das ist...«
»Bitte, nicht darüber sprechen«, bat Gine, »das macht mich so verlegen .«
Immerfroh lächelte, und Gine schlug eine Seite im Katalog auf. »Was sagen Sie zu diesen Hauszelten? Die gibt es in fünf verschiedenen Größen, auch die Qualität ist verschieden .«
»Hauszelte sind wohl am besten«, sagte Immerfroh.
Gine nahm wieder den Katalog. »Ich möchte Sie also bitten, mit uns, das heißt, mit Kam und mir, die Zelte einzukaufen. Wir verstehen zuwenig davon. Bei einer großen Anschaffung ist es immer gut, wenn ein Fachmann mitgeht, sagt Mutsch . Haben Sie morgen nachmittag Zeit ?« Immerfroh schüttelte lachend den Kopf. »Also wirklich«, sagte er, »so ein energisches Mädel ist mir noch nie untergekommen. Morgen nachmittag also?«
»Wenn es geht, bitte .«
»Gut, ich komme .«
»Wo wollen wir einander treffen? Ich denke, die Autobushaltestelle Sperlingstraße -Bergstraße ist auch für Sie günstig. Gegen drei Uhr nachmittags?«
»Einverstanden«, sagte Immerfroh und reichte ihr die Hand.
Gine überlegte eine Weile. »Vor Kam brauchen Sie sich nicht zu fürchten«, meinte sie dann, »die ist wirklich in Ordnung. Sie hat ja das mit dem Geld bei Papsch eingefädelt .«
»Ich fürchte mich bestimmt nicht vor ihr«, lachte Immerfroh.
Jemand klopfte an die Tür. Gine schoß hin und sperrte schnell zu.
»Wer ist es ?« fragte Gine.
»Ich, Georg.«
»Du darfst nicht herein, Kam und ich ziehen uns um .«
»Ich wollte fragen«, sagte Georg draußen, »ob Kam mit mir wieder Tischtennis spielen möchte .«
»Geht nicht«, sagte Gine schnell, »nicht heute, heute sind wir beide verabredet .«
Draußen blieb es still.
»Sollten wir ihn nicht doch mitnehmen ?« fragte Kam. »Nein, ich weiß schon, wie wir ihn entschädigen. Wir werden ihn überraschen .«
»Georg«, rief Kam zur Tür, »ich verspreche dir, daß ich morgen nur mit dir Tischtennis spiele, aber heute habe ich wirklich etwas vor .«
»Gut«, sagte Georg draußen, »dann morgen .« Sie hörten ihn die Treppe hinuntergehen.
Tante Kam schlüpfte in die Jacke, holte eine graue Handtasche aus dem Schrank und setzte sich ein kleines Käppchen auf.
»Das macht sich hübsch«, stellte Gine fest. »Sag, bist du auch so aufgeregt ?«
»Nein«, sagte Kam, »warum denn ?«
»Nun, weil du Immerfroh doch gar nicht kennst, und überhaupt, wegen der Zelte und so.«
»Nun, ein bißchen schon«, gab Kam zu.
Gine sah auf die Uhr. Erst zwei Uhr vorbei.
»Hast du auch den Scheck in der Tasche ?« fragte Gine wieder.
»Nein, ich habe das Geld bereits abgehoben .«
»Brauchen wir noch etwas ?« besann sich Gine. Dann fuhr sie auf. »Der Katalog! Den müssen wir ja auch mitnehmen .«
Gine war ganz zappelig. Die Zeit wollte nicht vergehen. »Siehst du, ich sagte dir, daß noch Zeit wäre .«
Gine sprang auf. »Jetzt können wir gehen .«
»Aber es ist doch erst halb drei .«
»Und ?« sagte Gine erstaunt, »bis wir die Sperlingstraße hinuntergegangen sind, ist es schon drei.«
»So? Ich wußte gar nicht, daß du so langsam gehst
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