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Zenjanischer Lotus (German Edition)

Zenjanischer Lotus (German Edition)

Titel: Zenjanischer Lotus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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Augen gesehen.
    Aber vielleicht war es gut, dass sie sich nicht ins Gesicht sehen konnten, fiel ihm ein. Manche Bitten oder auch Wahrheiten ließen sich besser im Dunkeln aussprechen.
    „Frag“, sagte er schlicht. „Wenn es in meiner Macht steht, werde ich nicht Nein sagen.“
    Mit dem Handgelenk fuhr er über Geryims Beckenknochen, küsste ihn auf den Hals und das Kinn.
    Haut zum Hineinbeißen, so gut riechend. Erregung. Er wollte ihn sehr. Mit allem, was er war und hatte.
    Geryim zog sich ein Stück zurück, atmete tief ein, bevor er wisperte: „Es gibt da etwas, was ich tun muss. Was ich bisher nicht tun konnte. Aber jetzt wäre es möglich.
Wenn du bereit bist, mir zu helfen.“
    „Und das wäre?“ Sothorns Neugier war erwacht. Der Körper in seinem Arm spannte sich an, als liege eine große Anstrengung vor ihm.
    Geryim räusperte sich hart: „Es ist ein Ritual. Das vielleicht wichtigste Ritual meines Volkes. Es wurde nie vollzogen. Kurz bevor ... kurz bevor ich Assassine wurde, sollte ich
initiiert werden. Aber es kam nicht mehr dazu.“
    „Initiiert?“
    „Ja, verflucht“, knurrte Geryim verlegen. „Bei meinem Volk zählt man erst als Mann, wenn man seine erste Jagd zum Erfolg gebracht hat. Vorher ist man ... ein Kind. Es
gibt keine größere Schande als bei den Mannbarkeitsriten zu versagen. Wem es nicht gelingt, seine Jagd erfolgreich abzuschließen, ist kein Krieger, kein Mann. Und wer nicht den
Versuch wagt, sich dem Ritual zu unterziehen, kann nicht einmal ehrenwerter Teil der Gemeinschaft sein. Darf kein eigenes Heim beziehen, bekommt keinen Teil vom Verkauf der Felle im Herbst und darf
sich keine Gefährtin nehmen.“
    „Und auch keinen Gefährten?“
    „Ja ...“
    Sothorn musste schlucken. Sowohl Unglaube als auch wütende Belustigung breiteten sich in ihm aus.
    Um ihnen auszuweichen, besann er sich auf die Fragen, die ihm in den Sinn kamen: „Was ist mit Colthan? Er war dein Gefährte, nicht wahr? Und wie soll ich dir helfen? Ich kenne das
Ritual nicht. Ich weiß nicht, was zu tun ist.“
    „Colthan war nicht mein Gefährte“, wand Geryim sich. Ein harscher Unterton lag in seiner Stimme und verriet, wie unangenehm ihm die Situation war. „Er war mein Liebhaber.
Das ist etwas anderes. Wir waren nicht aneinander gebunden. Natürlich hat er mir viel bedeutet, und ich wollte, dass er mein Gefährte wird. Später. Aber er war es nicht. Nicht in den
Augen der Gemeinschaft. Man kann mit vielen Frauen und Männern das Lager teilen, aber ein Gefährte ... Ich kann es dir nicht erklären. Du würdest es nicht
verstehen.“
    Sothorn runzelte die Stirn: „Und trotzdem bittest du mich um Hilfe. Du wirst dafür sorgen müssen, dass ich verstehe.“
    Geryim entwand sich seinem Arm und drehte sich auf den Rücken.
    Als er sprach, klang es gedämpft, als hätte er sich eine Hand über den Mund gelegt: „Ich bin kein Mann, das musst du begreifen. Ich bin ein Kind. Und einem Kind steht es
nicht zu, sich zu binden.“
    „Aber es ist nicht deine Schuld“, warf Sothorn ein.
    Er selbst wusste weder, welche Riten seine Eltern feierten noch welche Traditionen sein Volk lebte. Er hatte es vergessen. Er war zu jung gewesen, als er Assassine wurde. Falls es Traditionen
und Riten gab, waren sie ihm egal.
    Er hatte den Gedanken kaum zu Ende gebracht, als es ihm dämmerte: Geryim war älter gewesen, als er gefangen wurde. Älter als sie alle. Er erinnerte sich. Als einziges Mitglied der
Bruderschaft erinnerte er sich in allen Facetten an sein vorheriges Leben.
    „Darum geht es nicht. Es ist keine Frage von Schuld, sondern von Ehre. Es geht darum, ob man sich vor Gor bewiesen hat“, flüsterte Geryim. „Nachdem ich Teil der
Bruderschaft war, hat es nicht lange gedauert, bis ich merkte, dass ich kein Assassine mehr war. Nicht mehr sein konnte. Du weißt, wie es ist. Du weißt, was es heißt,
plötzlich zu erwachen und nicht mehr zu wissen, wer man ist. Und als ich begriff, dass ich kein Meuchelmörder mehr sein kann, musste ich herausfinden, wer ich bin und in Zukunft sein
kann.“
    „Du wolltest deinem Volk und deinem Gott Ehre machen“, sagte Sothorn langsam. „Wenn du schon kein Assassine mehr sein konntest, wolltest du wenigstens ein aufrechter Wargssolja
sein. Ein Wargssolja, der akzeptiert, dass er kein wahrer Mann ist und der kein Recht hat, sich auf einen Gefährten einzulassen.“
    Er spürte Geryim nicken.
    Sie schwiegen.
    Sothorn schwankte zwischen Mitgefühl und Ärger. Auch,

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