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Zentaurengelichter

Zentaurengelichter

Titel: Zentaurengelichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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Alte Hexe – ich habe nie gehört, daß jemand sie anders genannt hätte – grinste zu uns herab. Ihr Grinsen war klassisch zahnlos. Sie sah aus, wie Hexen in Geschichten aussehen. Ich war mir sicher, daß sie es darauf anlegte.
    Ein wahnsinniges Gackern wehte herab. Die Pfauen antworteten ihr wie einem der ihren.
    »Unheimlich«, sagte Morpheus.
    »Das ist ihr Image. Ihre Masche. Sie ist harmlos.«
    »Das sagst du so.«
    »Das hat man über sie gesagt, als ich hier war. Verrückt wie ein bekiffter Zwerg, aber harmlos.«
    »Niemand, der diese kleinen Schlangen hütet, ist harmlos. Oder schuldlos. Dürfen sie sich in deinem Garten rumdrücken, vermehren sie sich wie die Karnickel, und bevor du es gemerkt hast, haben sie mit ihren fiesen Tricks alle anderen vertrieben.«
    Inzwischen waren wir unter dem Balkon. Ich ersparte mir die Erwähnung seiner früheren Reaktionen angesichts der Borniertheit von Gärtnern. Es hätte nichts genutzt. Die Leute halten ihren eigenen Rassismus stets für das Ergebnis göttlicher Eingebung – für unanfechtbar wahr.
    Meine Verachtung für Rattenmenschen ist natürlich die Ausnahme von der Regel der Unvernunft, die solche Glaubensmuster fördert.
    Wieder gackerte die Alte Hexe, und erneut stiegen die Pfauen darauf ein. Sie rief herab: »Er wurde ermordet, müßt ihr wissen.«
    »Wer?« fragte ich.
    »Der Mann, den du suchst, Schnüffler Garrett. Senator Klaus. Sie meinen, keiner wüßte es. Aber sie täuschen sich. Man hat sie gesehen. Nicht wahr, meine kleinen Schönheiten?«
    »Wie das?«
    »Meinst du, du konntest Nacht für Nacht mit diesem Mädchen hier vorbeischleichen, zum Friedhof laufen, um deine Lust zu stillen, ohne daß die kleinen Leute es bemerkt hätten? Sie erzählen mir alles. Und ich vergesse niemals einen Namen oder ein Gesicht.«
    »Habe ich nicht gesagt, daß sie Ungeziefer sind?« knurrte Morpheus. »Drücken sich im Schatten der Grabsteine herum und beobachten dich. Und wahrscheinlich schütten sie ihre kleinen schwarzen Seelen aus vor Lachen, weil nichts absurder aussieht als rammelnde Menschen.«
    Vielleicht errötete ich ein wenig, ansonsten ignorierte ich ihn. »Wer hat ihn ermordet?« fragte ich. »Und warum?«
    »Wir könnten ein paar Namen nennen, nicht wahr, ihr kleinen Schönen? Aber zu welchem Zweck? Es liegt kein Sinn darin.«
    »Könnten Sie mir wenigstens sagen, warum er ermordet wurde?«
    »Er hat etwas herausgefunden, dessen Kenntnis seiner Gesundheit nicht sehr förderlich war.« Wieder gackerte sie. Die Pfauenviecher stimmten mit ein. Ein toller Witz. »War es nicht so, meine Schönen? War es nicht so?«
    »Was könnte das gewesen sein?«
    Das Lachen verschwand aus ihrer Miene und ihren Augen. »Von mir wirst du es nicht erfahren. Vielleicht weiß es die Machuska Kayean. Frag sie, wenn du sie findest. Oder auch nicht. Ich weiß es nicht. Es ist mir auch egal.«
    Das war das zweite Mal an diesem Tag, daß jemand Kayean eine Machuska nannte. Das hatte ich vorher nie gehört. Es ist ein besonders verächtliches Wort aus der venagetischen Gossensprache, mit dem eine Frau bezeichnet wird, die sich auf Männer anderer Spezies einläßt. Ein Wort wie unser »Feenficker« ist dagegen ein Kosename.
    »Können Sie mir sagen, wo sie ist?«
    »Nein. Ich weiß es nicht.«
    »Können Sie mir sagen, wo ich jemanden aus ihrer Familie finden kann?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht sind sie alle zu ihr gezogen. Vielleicht sind sie irgendwo, um der Schande zu entgehen.« Sie gackerte, legte aber nicht sonderlich viel Herz hinein. Auch die Pfauen nicht. Ihre laue Reaktion war reines Mitleid.
    »Können Sie mir irgendwie weiterhelfen?«
    »Ich könnte dir einen Rat geben.« Ich wartete.
    »Paß auf, mit wem du zwischen den Grabsteinen spielst. Besonders, wenn du Kayean finden solltest. Vielleicht zeigt sie dir einen, auf dem ihr Name steht.«
    »Zeit, daß wir verschwinden«, erklärte ich Morpheus. »Vielleicht ist es ansteckend.«
    Er gab mir recht. Ich dankte der Alten Hexe. Trotz ihrer Bemühungen, sich weiterhin an unserer Gesellschaft zu erfreuen, zogen wir uns zurück.
    »War es das wert?« fragte Morpheus.
    »Absolut.«
    Ein kleiner Bursche in Grün und Rot sprang uns in den Weg. Er nahm die Mütze ab und verneigte sich, dann erfreute er Morpheus mit einer obszönen Geste. Kichernd rannte er in die Büsche.
    Diesmal hielt ich Morpheus nicht davon ab, Steine zu werfen. Sie lauern also hinter Grabsteinen.
    Das Kichern endete mit einem abrupten

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