Zentaurengelichter
keine Briefe erwähnt habe – ein Thema, über das ich sehr gerne plaudern würde, und sei es nur, um meine Neugier zu befriedigen –, muß es noch etwas anderes geben. Nennen Sie es eine Ahnung.«
»Ja. Ich kann ebensogut offen sein. Es bleibt uns nicht viel Zeit.«
»Also?«
»In meiner Jugend habe ich mich einer, sagen wir, tödlichen Indiskretion schuldig gemacht. Ein gewisser Herr hat ausreichend Beweise gesammelt, die mich in äußerste Gefahr bringen würden, sollten meine Arbeitgeber oder das karentinische Militär darauf aufmerksam werden. Mit dieser Drohung zwang er mich zu Taten, die meine Chancen auf ein langes Leben nur noch schmälerten. Wo diese Beweise verwahrt werden, weiß nur er. Er läßt nicht zu, daß ich mich ihm in irgendeiner Weise nähere. Sie allerdings könnten ihm ohne weiteres entgegentreten.«
»Ich verstehe.« Ich hatte nicht die Absicht, jemandem in seinem Namen den Hals umzudrehen, aber vorerst spielte ich mit. Ich wollte, daß er auf meiner Seite blieb. »Wer?«
Er wollte es nicht sagen.
»Kommen Sie schon. Ich lasse mich auf nichts ein, bis ich einen Namen höre.«
Er hatte beschlossen, ihn mir zu nennen, falls ich drängen sollte. »Ein Priester namens Sair Lojda. In der orthodoxen Kirche von …«
»Ich kenne ihn.« Morpheus und ich tauschten Blicke aus. Dem Zentauren war nicht klar, daß der Sair nicht mehr unter uns weilte. Mein Respekt für einen toten Schurken ging nicht so weit, daß ich nicht von ihm profitieren würde. »Abgemacht, mein Freund. Er ist ein toter Mann. Wenn ich die Frau treffe, von ihr bekomme, was ich will, und unbeschadet abreise, zeige ich Ihnen die Leiche noch vor Sonnenaufgang.«
»Hand drauf?«
»Hand und Fuß.«
»Gut. Gehen wir. Sonst werden sie noch ungeduldig.«
37. Kapitel
Zeck Zack führte uns den Weg hinab zu seinem Haus. Die Pfauenviecher machten einen Heidenlärm. »Eines Tages werde ich den ganzen Haufen grillen«, sagte der Zentaur. »Jede gottverdammte Nacht wecken sie mich mit ihrem Geschrei.«
Er führte uns zum Lieferanteneingang hinein, durch den Kayean früher hinausgeschlichen war. Dann durch die Gänge der Dienerschaft zum Vorraum im vorderen Teil des Hauses.
»Höllisch dunkel hier drinnen«, beschwerte sich Morpheus. »Haben Sie was gegen Licht einzuwenden, Zentaur?«
Wenn es für ihn und die Drillinge schon schlimm war, dann war es für Zeck Zack und mich noch schlimmer. Wir konnten im Dunklen überhaupt nichts sehen.
Im Vorraum war ein schwacher Lichtschein zu erkennen. Er drang vom Ballsaal herein und war gerade hell genug, daß man den Mann sehen konnte, der uns dort erwartete.
Der Zentaur sagte: »Hier müssen Sie Ihre Waffen ablegen, besser gesagt, alle Metallgegenstände. Von hier an dürfen Sie nur die Waffen bei sich haben, die Ihnen die Natur gegeben hat.«
Ich begann abzulegen. Das Ende meiner Suche schien nah. Ich war gewillt, Zeck Zack zu trauen.
»Verflucht, ist das kalt hier drin«, murmelte Dojango.
Er hatte recht. Und ich hatte gedacht, daß meine Zähne klapperten, weil ich, wenn ich dort hineingehen sollte, nur meine natürlichen Waffen bei mir tragen durfte. Ich verkündete: »Ich bin bereit.«
Zeck Zack sagte: »Treten Sie vor, damit der Mann Sie überprüfen kann, Mr. Garrett.« Er entschuldigte sich dafür nicht.
Ich trat vor. Ein käsiges Gesicht von der Farbe einer Made tauchte vor mir auf. Durchscheinende Augen starrten mich an. In ihnen stand uralte Hoffnungslosigkeit.
Sanft und gründlich klopfte er mich ab. Ganz professionell. Nur in einem war er unprofessionell.
Er schob mir etwas in die Tasche.
Er machte es geschickt. Er berührte mich gerade so fest, daß ich es merkte. Dann ging er und filzte Morpheus.
Eine einsame Kerze erhellte den Ballsaal. Sie stand neben einer Feder und einem Tintenfaß auf einem ansonsten leeren Tisch in der Mitte des Raumes. Der Tisch war vier Fuß breit und acht Fuß lang. Die lange Seite war mir zugewandt. Zwei Stühle standen einander gegenüber. Ich ging hinüber, trat hinter den Stuhl auf meiner Seite und legte meine Papiere und die Rechtsunterlagen auf den Tisch. Ein Schauer lief mir über den Rücken, als ich meine Hände in die Taschen schob und wartete.
Ich hatte keine konkrete Vorstellung. Ein gefaltetes Stück Papier lag in meiner Hand.
Ich prüfte die Aufstellung meiner Truppen. Morpheus stand zu meiner Linken, auf meiner schwachen Seite, Dojango zu meiner Rechten. Die Grolle waren hinter mir. Morpheus’ Nase zuckte
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