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Zentaurengelichter

Zentaurengelichter

Titel: Zentaurengelichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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dreimal. Drei Wesen waren mit uns im Raum.
    Eines schwebte aus der Dunkelheit heran.
    Sie war schön. Und ungewöhnlich. Ein Dichter würde sie ätherisch nennen. Unheimlich wäre mein Wort dafür.
    Sie ging so leichtfüßig, daß sie zu fliegen schien. Ihr Kleid flüsterte um sie. Hauchdünn und weißer, als je ein Kleid gewesen ist. Ihre Haut war derart farblos, daß sie fast ihrem Gewand glich, ihr Haar von einem Blond, das man wohl Platin nennt. Ihre Augen waren eisig blau und ohne jeden Ausdruck, aber sie kniff sie zusammen, je näher sie dem Licht kam, als wäre es ihr zu hell. Ihre Lippen waren eine schmale Wunde, von der Kälte kaum gerötet. Sie war ungeschminkt.
    »Sie sind Kayean Kronk?« fragte ich, als sie hinter ihrem Stuhl stehenblieb.
    Sie neigte ihren Kopf zu kaum merklichem Nicken.
    »Setzen wir uns. Bringen wir es hinter uns.«
    Sie zog ihren Stuhl zurück und landete darauf.
    Ich warf Morpheus und Dojango einen Blick zu, als ich mich setzte. Sie starrten in die Finsternis, angespannt und wild wie abgerichtete Wölfe kurz vor dem Angriff. Ich hätte nicht gedacht, daß Dojango es in sich hatte.
    Ich blickte über den Tisch. Sie wartete und hielt ihre Hände gefaltet.
    Ich erzählte die ganze Geschichte. Daß Denny tot war, was er hinterlassen hatte, daß sie mit mir nach TunFaire kommen müßte, um Anspruch auf ihre Erbschaft zu erheben, oder andernfalls eine versiegelte eidesstattliche Erklärung abzugeben hätte, mit der sie für alle Zeiten jeden Anspruch auf Denny Tates Vermögen aufgab und auf alles verzichtete.
    Während ich mich bemühte, in einer Sprache zu sprechen, die Morpheus Rechtsverdrehergeschwätz nannte, blätterte ich in meinen Papieren herum und verbarg den Zettel dazwischen, den man mir in die Tasche gesteckt hatte. Natürlich war es eine Nachricht.
    Dort stand:
    Nehmt sie mit. Bald. Bitte. Solange noch Zeit für ihre Erlösung ist.
    Ein Schauer lief mir über den Rücken, und ich versuchte mir einzureden, daß es nicht kalt wäre.
    Unter dem Gekritzel stand noch etwas:
    Öffnet den Brief nur in ihrer Gegenwart. Tut es an anderer Stelle, und alle Hoffnung ist verloren.
    Ich wickelte eines der Amulette hinein, die ich von der Alten Hexe erworben hatte. Der Mann an der Tür hatte sie nicht an sich genommen, falls er sie überhaupt bemerkt hatte. Ich schob den Zettel wieder in die Tasche und konzentrierte mich auf die unheimliche Frau.
    Ich gab mir Mühe, ungläubig zu klingen. »Weisen Sie allen Ernstes einhunderttausend Taler zurück? Abzüglich der Unkosten natürlich. In Silber?«
    Der Hauch einer Ahnung von Abscheu umspielte ihre Augen, als sie nickte. Es war die einzige Gefühlsregung, die sie während des ganzen Gespräches erkennen ließ.
    »Also gut. Ich will nicht so tun, als würde ich es verstehen, aber ich werde die eidesstattliche Erklärung aufsetzen.« Ich fing an, langsam auf einem Blatt Papier herumzuschaben. »Einer meiner Begleiter wird meine Unterschrift bezeugen. Einer Ihrer Begleiter wird die Ihrige bezeugen müssen.«
    Wieder nickte sie.
    Ich stellte das Ding fertig und unterschrieb. »Morpheus. Ich brauch dein Autogramm.«
    Er kam und gab es mir. Noch immer war er gespannt wie eine Armbrust.
    Ich schob Papier, Tinte und Feder zu ihr hinüber. »Ist so alles zu Ihrer Zufriedenheit?«
    Sie betrachtete das Blatt einen Augenblick, dann nickte sie, sammelte es ein und entschwebte in die Dunkelheit.
    Ich sammelte meine Unterlagen zusammen, stand auf und wartete hinter meinem Stuhl. Schon schwebte die Erscheinung wieder heran. Sie legte die unterschriebene Erklärung auf den Tisch, gleich neben die Kerze. So konnte kein Körperkontakt entstehen, wie er möglich gewesen wäre, wenn sie mir das Blatt direkt ausgehändigt hätte. Ich nahm es und steckte es ein.
    »Ich danke Ihnen für Ihre Zeit und Ihre Gastfreundschaft, Madame. Ich werde Sie nicht weiter belästigen.« Ich begab mich zum Vorraum.
    Weder Morpheus noch Dojango oder die Grolle wandten sich zum Gehen um. Es gibt Momente, in denen es ein Segen ist, wenn man im Dunkeln nicht sehen kann.
     
    Meinem Brieffreund die Antwort zuzustecken war einfach. Zeck Zack war so sehr darum bemüht, uns aus dem Haus zu schaffen – und auch sich selbst –, daß er dafür blind war. Er trieb uns die dunklen Korridore hinunter, bevor wir noch die Hälfte unserer Waffen eingesammelt hatten.

 
38. Kapitel
     
    Die Pfauenviecher gebärdeten sich immer noch, als hätten wilde Hunde sie umzingelt und sie müßten Hilfe

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