Zentaurengelichter
daß sie uns nicht täuschen konnten. Eine Weile wird er klarkommen. Er hat einen soliden Magen. Wenn du willst, können wir ihn später wieder rauslassen. Ein paar Tage dort drinnen könnten ihn dazu bewegen, uns zu sagen, wo wir sie finden.«
»Ich werde noch früh genug erfahren, wo ich sie finde.« Obwohl Morpheus glotzte wie ein Fisch, erklärte ich es ihm nicht näher.
»Bist du sicher, daß du weißt, was du tust? Deine Abmachung sagt nichts davon, daß du sie aus einem Nest von Nachtwesen holen sollst.«
»Ich weiß. Ich wußte es nur zu gut. Und ich bin durchaus in der Lage, mir die übelsten Möglichkeiten auszumalen.«
»Wenn wir es versauen und geschnappt werden, sind die Drillinge und ich nur tot. Wir haben nicht genug menschliches Blut in uns, daß sie Verwendung für uns hätten. Aber du …«
»Ich hab’ doch schon gesagt, daß ich es weiß, Morpheus. Hör auf. Wir sollten uns um den Major kümmern. Er weiß, daß wir Kontakt zu dem Zentauren hatten. Ich vermute, er weiß auch, daß der Priester Zeck Zack erpreßt hat. Seit der Priester tot ist, fehlt dieser Ansatzpunkt. Und auch wir sind verschwunden. Was bedeuten könnte, daß wir etwas erfahren haben, was uns in die Flucht geschlagen hat. Er wird die ganze Stadt auseinandernehmen. Jeden Ausgang wird er besetzen. Hier können wir nicht bleiben. Sobald die Sonne aufgeht, fangen die Totengräber an, ihre Leichen zu verbuddeln. Die werden sich fragen, weshalb wir uns hier rumtreiben. Zum Gasthaus können wir auch nicht zurück. Das wird sicher beschattet.«
»Reg dich nicht auf. Wir können uns im Wald verstecken. Wir haben uns einen Schmuggler beschafft, der weiß, wie man Menschen und Dinge in die Stadt und wieder rausschafft. Ich schlage vor, wir kümmern uns um unsere Freunde im Nest. Soll der Major sehen, wie er zurechtkommt.«
In gewisser Weise hatte Morpheus recht, auch wenn er es nicht wußte. Je mehr Staub der Major auf der Suche nach uns aufwirbelte, desto wahrscheinlicher wurde es, daß er die Aufmerksamkeit seiner Vorgesetzten auf sich zog, die dann möglicherweise wissen wollten, was vor sich ging. Und sicher waren nur wenige seiner Männer – wenn überhaupt – venagetische Spione. Deren Argwohn durfte man nicht wecken.
Er mußte vorsichtig jonglieren.
39. Kapitel
Ich wachte mit juckender Nase unter grollischem Gelächter auf. Ich schlug die Augen auf. Etwas Braunes, Zottiges wedelte vor meinem Gesicht. Dahinter war einer von den kleinen Leuten in der Astgabel eines Busches zu sehen. Ich beherrschte mich, brachte meinen Oberkörper in aufrechte Position und lehnte mich an einen Baum. Ich war steif und wund vom Schlafen auf der Erde.
Zweifellos würde Morpheus behaupten, es täte mir nur gut.
»Wo, zum Teufel, sind Morpheus und Dojango?«
Als Antwort drangen nur breites grollisches Grinsen und ein Kichern aus dem Unterholz.
»Na gut. Wie dem auch sei.«
»Zucker?« flötete ein winziges Stimmchen.
»Wenn ich welchen hätte, hättet ihr ihn schon geklaut, als ich geschlafen habe.«
»Wenn die großen Biester aufpassen?« bemerkte der im Busch.
Mir war nicht nach Streiten zumute. So ein Morgen ist immer viel zu früh für etwas anderes als Selbstmitleid, und selbst das erfordert zuviel Aufwand. »Ist irgendwer beim Haus von diesem Zentauren oder in der Nähe?« Gegenüber diesen Leuten muß man sich um Präzision bemühen. »Menschlich oder sonstwie?«
»Zucker?«
»Kein Zucker.«
»Tschüß dann.«
Soso. Ohne Moos nix los. Kleine Söldner. Ich dachte daran, runterzugehen und die Küche des Zentauren zu plündern. Aber ich war nicht so hungrig, um darauf zu wetten, daß Zeck Zacks Herren ihrer Vernunft gefolgt und im selben Augenblick verschwunden waren, als ich das Haus mit der eidesstattlichen Erklärung unterm Arm verlassen hatte. Außerdem war mir nicht danach, aufzustehen und überhaupt irgendwas zu tun.
Ich saß da und versuchte, die Kayean, die zwischen diesen Alpträumen lebte, mit jener Kayean in Einklang zu bringen, die ich früher gekannt hatte. Ich blätterte in dem herum, was ich aus ihren Briefen an Denny erfahren hatte. Da gab es nur gelegentliche Hinweise darauf, daß sie nicht glücklich war. Keine Silbe zu ihrem Aufenthaltsort oder ihren Lebensumständen. Sie war nicht gerade stolz auf sich.
Kein Grund zur Sorge. Davon würde ich nur Kopfschmerzen und Bauchweh bekommen. Sie konnte es mir erklären, sobald ich sie gefunden hatte.
Morpheus tauchte gegen Mittag auf, taumelnd unter einer
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