Zentaurengelichter
eine bis dahin verborgene Facette seiner Persönlichkeit und begann, mit Morpheus in derselben blumigen Sprache mit ebenso aufgeblasenen, übertrieben höflichen Formulierungen zu sprechen. Die Männer, die unsere Pferde und die Ausrüstung gebracht hatten, waren nicht eben begeistert, uns zu sehen. Unser Eintreffen bedeutete, daß sie nicht einfach alles wieder zurückbringen und noch einmal verkaufen konnten. Ebensowenig konnten sie – das erkannten sie angesichts der Grolle – uns ermorden und es dann tun.
Unsere Wege trennten sich direkt nach der Übergabe. Sie gehörten zu der Schule, die einen lehrt, daß das Herumwandern bei Nacht den Tod bringen kann. Wir bewegten uns aufgrund der Hypothese, daß der kluge Mann Raum zwischen sich und die Leute bringt, die ihm ans Leder wollen.
Die Pferde hatten schon von mir gehört, und nur um Ärger zu machen, beharrten sie darauf, daß es das Vernünftigste sei, stehenzubleiben. Sie wollte auch keiner umbringen. Zumindest keiner hinter ihnen.
Ihre Haltung wurde nicht besser, als die Sonne aufging und sie sich auf dem Weg in den Cantard wiederfanden.
Morpheus bezichtigte mich der Vermenschlichung tumber Tiere und der Übertreibung ihres natürlichen Widerstands, sich auf fremdes Territorium zu wagen.
Was nur bewies, daß sie ihn zum Narren hielten. Sie sind in ihrer Bosheit sehr geschickt, Einhörner im Pferdepelz.
Da meine Offenbarung ausblieb, setzte ich einen Kurs direkt in Richtung Westen fest. Dort lag die ödeste Region am Karentinischen Ende des Cantard, die Wüste aus farbenfrohen Spitzkuppen und Tafelbergen, welche die Leute in TunFaire vor Augen haben, wenn sie an den Cantard denken. Ich beschloß, dorthin aufzubrechen, weil die Nachtwesen nach aller Logik in dieser Gegend ein Nest einrichten würden. Sie war so ungastlich, daß sie den meisten Spezies widerstrebte. Dort hatte man noch keine Bodenschätze entdeckt, die Abenteurer und deren Schutztruppen angelockt hätten. Und es gab leichte Beute … besonders wenn Figuren wie Zeck Zack zur Verfügung standen.
An unserem zweiten Tag kam Morpheus der Verdacht, daß ich mir mit unserem Kurs nicht sicher war. Er fing an, den Zentauren zu bearbeiten.
»Es hat keinen Sinn, Morpheus«, sagte ich. »Die wären nicht so dumm, ihm zu vertrauen.«
Doris grummelte hinter uns. Inzwischen konnte ich die Grolle auseinanderhalten. Ich hatte ihnen unterschiedliche Hüte verpaßt.
»Was?« fragte ich.
»Er sagt, uns folgt ein Hund.«
»Oh-oh.«
»Ärger?«
»Wahrscheinlich. Wir sollten ihm auflauern, um es rauszufinden. Sucht eine Stelle, an der uns der Wind entgegenweht.«
Drei Möglichkeiten boten sich an: Der Hund konnte ein entlaufener Haushund sein, der menschliche Gesellschaft suchte. Verdammt unwahrscheinlich. Er konnte ein Ausgestoßener aus einem wilden Rudel sein. Das bedeutete Tollwut. Oder, am unangenehmsten und wahrscheinlichsten, er konnte ein Leithund auf Beutesuche sein.
Marsha fand einen passenden Steinhaufen am unteren Hang einer Kuppe, die wir umrundeten. Er stieg einen steilen, gewundenen Pfad dazwischen hinauf, in Schatten und knackendes Echo hinein. Morpheus, Dojango und ich stiegen ab und folgten ihm, versuchten in mehreren Sprachen auf die scheuenden Pferde einzureden.
»Was habe ich dir über Pferde gesagt, Morpheus?«
Doris hockte bei den Felsen und nahm deren Farbe an.
»Geh weiter, Morpheus. Sie jagen sowohl mit den Augen als auch mit der Nase. Er scheint Bewegung zu sehen.«
Morpheus knurrte. Marsha knurrte zurück, kletterte aber weiter. Etwas später hörte man ein kurzes Quieken hündischer Wut, das mit einem fleischigen Hieb abbrach.
Die Pferde sträubten sich nicht, bergab zu gehen. Faule Säcke.
Doris hatte den Köter zermalmt. Er stand davor und grinste, als hätte er eine ganze Armee besiegt.
»Igitt!« sagte ich. »Sieht aus wie eine Ratte, die von einer Kutsche überfahren wurde. Gut, daß er den Kopf verschont hat.« Ich hockte mich hin und untersuchte die Ohren. »Verdammt!«
»Was?« fragte Morpheus.
»Das war ein Leithund. Ein abgerichteter Leithund. Siehst du die Löcher in den Ohren? Von Einhornzähnen durchbohrt. Eine Jagdgesellschaft ist irgendwo in unserer Nähe. Sie werden den Hundespuren folgen, wenn er nicht zurückkommt. Das bedeutet, daß wir genügend unangenehme Überraschungen zurücklassen müssen, um sie zu entmutigen, denn wir können ihnen nicht entkommen, wenn sie unsere Spur erst aufgenommen haben.«
»Wie viele?«
»Ein ausgewachsenes
Weitere Kostenlose Bücher