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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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meinem Haus, wie sie die perfekte Mutter spielte und mir meine Unfähigkeit unter die Nase rieb.
    »Weißt du, allmählich beginne ich zu verstehen, warum Amelia das getan hat«, murmelte Sean. »Du hast einen kompletten Realitätsverlust.«
    »Toll! Die alte Masche«, erwiderte ich. »Gib Charlotte die Schuld, denn dann hast du mit nichts mehr was zu tun.«
    »Ist dir je der Gedanke gekommen, dass du vielleicht nicht das einzige Opfer im Universum sein könntest?«, fragte Sean.
    » Hört auf! «
    Beim Klang von Amelias Stimme drehten wir uns um.
    Sie hielt sich die Hände auf die Ohren gedrückt, und ihre Augen schwammen in Tränen. »Hört einfach auf!«
    »Tut mir leid, Schatz«, sagte ich und streckte die Hand nach ihr aus, doch sie wich heftig zurück.
    »Nein, es tut dir gar nicht leid. Du bist nur froh, dass es nicht Willow passiert ist. Das ist alles, was dich noch interessiert«, warf Amelia mir vor. »Du willst wissen, warum ich mich immerzu geschnitten habe? Weil es weniger wehtut als das, was du machst.«
    »Amelia …«
    »Hör einfach auf, so zu tun, als hättest du was für mich übrig, okay?«
    »Ich tue nicht nur so.« Ihr Ärmel rutschte hoch, und ich sah Narben bis zum Ellbogen in einer Anordnung wie ein Geheimcode. Vergangenen Sommer hatte Amelia darauf bestanden, lange Ärmel zu tragen, obwohl es draußen brütend heiß gewesen war. Um ehrlich zu sein, vermutete ich pubertäre Schamgefühle. In einer Zeit, in der viele Mädchen in ihrem Alter gar keine mehr zu haben schienen, hatte ich das als erfrischend empfunden. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass ihre Schamgefühle ganz anderer Natur sein könnten.
    Und weil ich keine Worte dafür hatte – und weil ich wusste, dass Amelia mir jetzt ohnehin nicht zuhören würde –, griff ich erneut nach ihrem Handgelenk. Diesmal ließ sie es zu. Ich dachte an all die Male, da sie als kleines Kind vom Fahrrad gefallen und weinend ins Haus gerannt war. Ich dachte an all die Male, da ich sie in der Küche auf den Tisch gesetzt und ein aufgeschürftes Knie mit einem Kuss und einem Pflaster geheilt hatte. Ich dachte an all die Male, da sie neben mir gestanden hatte, wenn ich dein Bein provisorisch schiente, und mich händeringend bat, es zu küssen, damit es bald wieder gesund wird. Nun zog ich ihren Arm heran, schob den Ärmel weiter hoch und drückte ihr Küsse auf die feinen weißen Linien, die wie Markierungen auf einem Messbecher aussahen – und auf ihre Art zählten, wie oft ich versagt hatte.

Piper
    Am nächsten Tag kam Amelia zum Gericht. Ich sah sie mit Sean zu dem Büro gehen, in dem er sich schon einmal versteckt hatte. Ich fragte mich, ob du noch im Krankenhaus lagst und ob das angesichts der Situation nicht vielleicht sogar ein Segen war.
    Ich wusste, dass ich die Zeugin war, auf die die Geschworenen gewartet hatten – entweder um mich zu verteufeln oder um mich zu rehabilitieren. Guy Booker hatte mit der Verteidigung begonnen, indem er die beiden Gynäkologen, die meine Praxis gekauft hatten, als Leumundszeugen in den Zeugenstand gerufen hatte: Ja, ich sei eine hervorragende Ärztin. Nein, ich sei noch nie verklagt worden. Tatsächlich sei ich von einer Regionalzeitschrift schon einmal zu New Hampshires Geburtshelferin des Jahres gewählt worden. Kunstfehler, sagten sie, sei ein lächerlicher Vorwurf.
    Dann war ich dran. Guy hatte mir eine Dreiviertelstunde lang Fragen gestellt: über meine Ausbildung, meine Rolle in der Gemeinde, meine Familie. Aber als er mir die erste Frage nach Charlotte stellte, fühlte ich, wie sich die Atmosphäre im Raum veränderte. »Die Klägerin hat bezeugt, dass Sie beide befreundet waren«, sagte Guy. »Stimmt das?«
    »Wir waren beste Freundinnen«, sagte ich, und Charlotte hob langsam, ganz langsam den Kopf. »Ich habe sie vor neun Jahren kennengelernt. Tatsächlich war ich es sogar, die sie mit ihrem Mann bekannt gemacht hat.«
    »War Ihnen bekannt, dass die O’Keefes versuchten, ein Kind zu bekommen?«
    »Ja. Um ehrlich zu sein, wollte ich wohl genauso sehr, dass Charlotte schwanger wird, wie sie selbst. Nachdem sie mich gebeten hatte, ihre Ärztin zu sein, haben wir monatelang ihren Zyklus studiert und einfach alles getan mit Ausnahme medikamentöser Behandlung … Deshalb war es ja auch so aufregend, als wir schließlich feststellten, dass sie schwanger ist.«
    Booker legte ein paar Papiere als Beweismittel vor und gab sie dann mir. »Dr. Reece, sind Ihnen diese Seiten vertraut?«
    »Ja, das

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