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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Schlittschuhe waren tief im Schuhschrank vergraben. Ich wusste nicht einmal mehr, wann ich sie zum letzten Mal benutzt hatte. Sie waren an den Schnürsenkeln zusammengebunden, und ich warf sie mir über die Schulter und schnappte mir dann den Bürostuhl mit den Rollen. Draußen drehte ich ihn um, wuchtete ihn hoch und balancierte ihn auf dem Kopf. Ich dachte an Afrikanerinnen in bunten Kleidern, die mit Körben voller Obst oder Hirse auf dem Kopf auf dem Heimweg zu ihren Familien waren.
    Am Teich stellte ich den Stuhl aufs Eis. Arm- und Rückenlehne richtete ich so aus, dass dein Gips genau hineinpasste. Dann hob ich dich auf die Sitzfläche.
    Ich hockte mich hin, um meine Schlittschuhe anzuziehen. »Festhalten, Wiki«, sagte Amelia, und du hast dich an die Stuhllehnen geklammert. Amelia stand hinter dir und begann, sich über das Eis zu bewegen. Die Decken um deine Beine blähten sich wie Ballons, und ich rief deiner Schwester zu, sie solle vorsichtig sein. Aber das war sie schon. Sie hatte sich über die Rückenlehne gebeugt und hielt dich fest, fuhr dabei immer schneller und schneller. Dann wirbelte sie plötzlich um den Stuhl herum, lief rückwärts und zog dich hinterher.
    Du hast den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen, während Amelia dich im Kreis gedreht hat. Amelias dunkle Locken lugten unter ihrer gestreiften Pudelmütze hervor, und ihr Lachen hallte hell und klar über das Eis. »Mom!«, rief sie. »Schau mal!«
    Ich stand auf. »Wartet auf mich«, sagte ich. Anfangs war ich noch ein wenig wackelig auf den Beinen, doch ich wurde mit jedem Schritt sicherer.

Sean
    Als ich an meinem ersten Arbeitstag nach dem Urlaub in den Umkleideraum kam, fand ich ein Fahndungsplakat neben meiner frisch gereinigten Uniform. Darauf war ein Foto von mir, und quer darüber stand in leuchtend roter Schrift: GEFASST . »Sehr komisch«, knurrte ich und riss das Plakat herunter.
    »Sean O’Keefe!«, sagte einer der Jungs und tat so, als hätte er ein Mikrofon in der Hand, das er dann einem anderen Cop unter die Nase hielt. »Sie haben gerade den Superbowl gewonnen. Was haben Sie als Nächstes vor?«
    Zwei Fäuste wurden in die Luft gehoben. »Ich fahre nach Disney World !«
    Die übrigen Jungs lachten sich kaputt. »Hey, Sean, dein Reisebüro hat angerufen«, sagte einer. »Sie haben dir schon die Tickets für deinen nächsten Urlaub gebucht. Guantanamo.«
    Mein Captain brachte sie zum Schweigen und trat zu mir. »Jetzt mal im Ernst, Sean. Du weißt, dass wir nur Witze machen. Wie geht es Willow?«
    »Sie ist okay.«
    »Falls wir irgendetwas tun können …«, sagte der Captain. Den Rest des Satzes ließ er unausgesprochen.
    Ich winkte ab und tat so, als ob mir das alles nichts ausmachte, als wäre ich einer der Witzereißer und nicht ihre Zielscheibe. »Habt ihr nichts Anständiges zu tun? Für was haltet ihr das hier? Lake Buena Vista PD ?«
    Ich erntete lautes Gelächter, dann verzogen sie sich nach und nach, bis ich mich allein umziehen konnte. Ich schlug mit der Faust gegen den Metallrahmen meines Spinds, und er sprang auf. Ein Stück Papier flatterte heraus. Auch darauf war mein Gesicht zu sehen, diesmal mit Micky­mausohren auf dem Kopf. Und darunter stand: DIE WELT IST KLEIN .
    Anstatt mich umzuziehen, ging ich zum Empfang und zog das Telefonbuch aus einem Stapel im Regal. Ich blätterte durch die Werbeanzeigen, bis ich den Namen gefunden hatte, den ich schon unzählige Male im Nachtprogramm gehört hatte: »Robert Ramirez, Ihr Anwalt bei Zivilklagen: Weil Sie das Beste verdienen.«
    Ja, das tue ich , dachte ich, und auch meine Familie.
    Also wählte ich die Nummer. »Ja«, sagte ich, »ich hätte gerne einen Termin.«
    Ich war immer der Nachtwächter. Wenn ihr Mädchen eingeschlafen wart und Charlotte geduscht hatte und ins Bett gekrochen war, war es mein Job, das Licht auszumachen, die Türen abzuschließen und ein letztes Mal durchs Haus zu gehen. Aufgrund deines schweren Gipsverbandes war im Augenblick die Wohnzimmercouch dein Bett. Fast hätte ich das Nachtlicht in der Küche abgeschaltet, dann fiel es mir ein. Ich ging noch einmal zu dir, zog dir die Decke unters Kinn und küsste dich auf die Stirn.
    Oben sah ich noch nach Amelia und ging schließlich in unser Schlafzimmer. Charlotte stand, in ein Handtuch gewickelt, im Bad und putzte sich die Zähne. Ihre Haare waren nass. Ich trat hinter sie, legte ihr die Hände auf die Schultern und drehte eine Locke um meinen Finger. »Ich liebe es, wie dein

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