Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care
gerne meiner Mitarbeiterin vorstellen, Marin Gates.«
Sie sah genauso aus, wie man sich eine Anwältin vorstellt: dunkelblaues Kostüm und strenge Pferdeschwanzfrisur. Sie hätte durchaus hübsch sein können, doch irgendetwas störte. Es war ihr Mund, erkannte ich. Sie sah aus, als hätte sie gerade erst etwas Widerliches ausgespuckt.
»Ich habe Marin gebeten, an dieser Besprechung teilzunehmen«, erklärte Ramirez. »Bitte, setzen Sie sich.«
Bevor es dazu kam, kehrte die Sekretärin zurück und gab Charlotte zwei Malhefte, wo am oberen Rand in Großbuchstaben ROBERT RAMIREZ , ESQUIRE stand. »Da schau an«, sagte deine Mutter und warf einen vernichtenden Blick in meine Richtung. »Wer hätte gedacht, dass es Malbücher gibt, mit denen man jemanden persönlich beleidigen kann?«
Ramirez grinste. »Das Internet ist ein wahrlich wundersamer Ort.«
Die Stühle in diesem Raum waren zu schmal, um dich in deinem Gips daraufzusetzen. Nach drei erfolglosen Versuchen wuchtete ich dich wieder auf meine Hüfte und drehte mich zu dem Anwalt um.
»Nun denn … Wie können wir Ihnen helfen, Mr. O’Keefe?«, fragte Ramirez.
»Sergeant O’Keefe«, korrigierte ich ihn. »Ich arbeite in Bankton, New Hampshire, bei der Polizei, und das seit neunzehn Jahren. Meine Familie und ich sind gerade aus Disney World zurückgekommen, und das ist auch der Grund, warum ich heute hier bin. Ich bin noch nie in meinem ganzen Leben so behandelt worden. Ich meine, was ist normaler als ein Ausflug nach Disney World? Aber nein, stattdessen werden meine Frau und ich verhaftet; man nimmt mir meine Kinder weg und gibt sie in Verwahrung, und meine jüngste Tochter ist mutterseelenallein in einem Krankenhaus und hat eine Heidenangst …« Ich atmete tief durch. »Die Wahrung der Privatsphäre ist ein Grundrecht, und die Privatsphäre meiner Familie ist auf schier unglaubliche Weise verletzt worden.«
Marin Gates räusperte sich. »Ich verstehe, dass Sie noch immer außer sich sind, Sergeant O’Keefe, und wir werden versuchen, Ihnen zu helfen … aber dafür müssen Sie sich ein wenig beruhigen. Zunächst einmal: Warum sind Sie nach Disney World gefahren?«
Ich erzählte es ihr. Ich erzählte ihr von deiner Krankheit, von dem Eiscafé und wie du gefallen warst. Ich erzählte ihr von den Männern in den schwarzen Anzügen, die uns aus dem Freizeitpark geführt und den Krankenwagen gerufen hatten, als wollten sie uns so schnell wie möglich loswerden. Ich erzählte ihr von der Frau, die uns Amelia weggenommen hatte, von den stundenlangen Verhören auf dem Polizeirevier und dass niemand mir geglaubt hatte. Und ich erzählte ihr von den Witzen, die man über mich auf dem Revier riss.
»Ich will Namen«, sagte ich. »Ich will sie verklagen, und zwar schnell. Ich will jemanden von Disney World, jemanden vom Krankenhaus und jemanden vom Jugendamt vor Gericht zerren. Ich will, dass diese Leute ihre Jobs verlieren, und ich will Schmerzensgeld für das, was sie uns angetan haben.«
Als ich fertig war, fühlte mein Gesicht sich heiß an. Ich konnte deine Mutter nicht anschauen; ich wollte ihren Blick nicht sehen.
Ramirez nickte. »Die Art von Klage, wie Sie sie anstreben, Sergeant O’Keefe, ist sehr teuer. Jeder Anwalt erstellt zunächst einmal eine Kostenanalyse, und ich kann Ihnen direkt sagen: Ein Schmerzensgeld werden Sie nicht bekommen.«
»Aber die Schecks in Ihrem Wartezimmer …«
»Die stammen von Fällen, wo die Klage tatsächlich begründet war. Nach dem zu urteilen, was Sie uns hier erzählen, haben die Leute von Disney World, vom Krankenhaus und vom Jugendamt lediglich getan, was sie tun mussten. Ärzte sind rechtlich verpflichtet, einen Verdacht auf Kindesmisshandlung zu melden, und das Jugendamt wiederum hat die Pflicht, Kinder zu schützen – besonders, wenn das betreffende Kind noch so jung ist, dass es seine gesundheitliche Situation selbst nicht beurteilen kann. Ich bin sicher, wenn Sie als Polizeibeamter mal einen Schritt zurücktreten und die Fakten mit ein wenig Distanz betrachten, werden Sie zugeben müssen, dass man Ihnen Ihre Kinder sofort wieder zurückgegeben hat, als die entsprechenden medizinischen Informationen aus New Hampshire vorlagen. Natürlich fühlen Sie sich trotzdem furchtbar, aber Verlegenheit ist kein Grund zur Klage.«
»Und was ist mit den emotionalen Schäden?«, platzte ich heraus. »Haben Sie auch nur eine Ahnung, wie das für mich war? Für meine Kinder?«
»Ich bin sicher, es war nichts im
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