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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Frühstück würde ich vermutlich Brennnesseln essen müssen. Wenn meine Eltern nicht bald in den Supermarkt fuhren, würde es noch so weit kommen, dass ich sie wegen Kindesmisshandlung anzeigen musste.
    Aber das war bei uns ja nichts Neues.
    Ich suchte im Obstfach und fand eine versteinerte Zitrone und eine kleine Ingwerknolle.
    Ich warf die Kühlschranktür zu und hörte ein Stöhnen.
    Erschrocken – brachen Leute in Häuser ein, um Mädchen mit blauen Haaren zu vergewaltigen? – schlich ich zur Küchentür und spähte ins Wohnzimmer. Als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich es: den Quilt, der über die Couchlehne geworfen war, und das Kissen, das mein Vater sich beim Umdrehen auf den Kopf gedrückt hatte.
    Ich spürte den gleichen Schmerz im Bauch wie in dem Moment, als du von Schönheitsköniginnen geredet hattest. Leise wie eine Schneeflocke glitt ich in die Küche zurück und tastete mit den Fingern über die Arbeitsplatte, bis ich an das Heft eines Küchenmessers stieß. Das nahm ich mit nach oben ins Badezimmer.
    Der erste Schnitt tat weh. Ich schaute zu, wie das Blut hervorquoll und zu meinem Ellbogen lief. Scheiße, was hatte ich gemacht? Ich drehte das kalte Wasser auf und hielt meinen Unterarm darunter, bis die Blutung nachließ.
    Dann machte ich parallel dazu einen zweiten Schnitt.
    Nicht am Handgelenk – glaub nicht, dass ich mich umbringen wollte. Es sollte nur wehtun, und ich wollte verstehen, warum es wehtat. Das konnte man begreifen: Man schnitt sich, man empfand Schmerz – Punkt! Ich hatte das Gefühl, als würde plötzlich alles in mir aufsteigen wie Dampf, und ich drehte am Ventil. Ich musste an meine Mutter denken, wenn sie Tortenböden backte und lauter kleine Löcher hineinstach. Der Teig muss atmen können , sagte sie.
    Ich atmete .
    Ich schloss die Augen, fieberte jedem kleinen Schnitt entgegen, und wenn es getan war, überkam mich Erleichterung. Gott, das fühlte sich so gut an! Dieser Druck und dann die Erlösung. Natürlich musste ich die Wunden verdecken, denn ich wäre lieber gestorben, als jemanden sehen zu lassen, was ich getan hatte. Aber ich war auch ein ganz klein wenig stolz auf mich. Verrückte Mädchen taten so was – Mädchen, die Gedichte schrieben, in denen ihr Inneres schwarz wie Teer war, und die so viel Eyeliner auftrugen, dass sie wie Ägypterinnen aussahen. Nette Mädchen aus guten Familien taten so was nicht. Das hieß, entweder war ich kein nettes Mädchen, oder ich kam aus keiner guten Familie.
    Such dir was aus.
    Ich öffnete den Spülkasten der Toilette und legte das Messer hinein. Vielleicht würde ich es wieder brauchen.
    Ich starrte die Schnitte an. Sie pulsierten … wie das Haus … waaa, waaa, waaa . Sie sahen wie Bahnschienen aus. Oder wie eine Bühnentreppe. Ich stellte mir eine Parade von hässlichen Leuten wie mir vor: wir Schönheitsköniginnen mit den Gehhilfen. Ich schloss die Augen und dachte darüber nach, wohin die Stufen führen mochten.

Teil I II
    In dieser Welt der Fülle
    Ist wenig Platz für alte Dinge:
    Veracht’, zerbrich sie, wirf sie weg!
    Und wenn wir genug geliebt, gebraucht,
    Bevor die Tage rau geworden,
    Ich glaub, es ist uns gut ergangen.
    ELIZABETH BARRETT BROWNING,
MEIN HERZ UND ICH

~ Rezept
    Karamell: einer der Zustände von Zuckersirup bei der Herstellung von Konfekt, der bei etwa 120 Grad beginnt und bei 130 Grad endet.
    Nougat, Marshmallows, Bonbons, Gummibärchen – bei alldem wird Zucker karamellisiert, bis er in dicken Fäden vom Löffel tropft. (Aber aufpassen! Zucker brennt noch lange nach, wenn er in Kontakt mit Haut kommt. Man vergisst nur allzu leicht, dass etwas so Süßes solche Narben hinterlassen kann.) Um die Masse zu testen, sollte man ein wenig davon in kaltes Wasser tropfen lassen. Sie ist fertig, wenn sie sich im Wasser zu einer Kugel formt, die man herausnehmen kann, ohne dass sie wieder zusammenfällt; allerdings sollte sie unter sanftem Druck noch formbar bleiben …
    … demselben sanften Druck, mit dem man manchmal auf jemanden einredet und ihn auf seine Seite zieht.
    ~ Divinity
    2 1/2 Tassen Zucker
1/2 Tasse Maissirup
1/2 Tasse Wasser
1 Prise Salz
3 große Eiweiß
1 Teelöffel Vanille
1/2 Tasse gemahlene Pekannüsse
1/2 Tasse getrocknete Kirschen, Blaubeeren oder Preiselbeeren
    Ich habe es immer als interessant empfunden, dass ein Konfekt mit einem Namen wie Divinity/Göttlichkeit mit so viel Brutalität gemacht werden muss.
    In einer Backform Zucker, Sirup, Wasser

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