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Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Sie hat gesagt: Du bist jung. Du wirst noch eins bekommen. Also habe ich nachgegeben, und mein Arzt hat in der zweiundzwanzigsten Woche abgetrieben.« Annie wandte sich ab. Tränen glänzten in ihren Augen. »Wissen Sie, was einem vorher niemand sagt?«, fuhr sie fort. »Wenn Sie einen Fötus gebären, bekommen Sie einen Totenschein, keine Geburtsurkunde. Und hinterher schießt die Milch bei Ihnen ein, und Sie können nichts dagegen tun.« Sie schaute mich wieder an. »Sie können nicht gewinnen. Entweder Sie bekommen das Baby und tragen Ihren Schmerz nach außen, oder Sie bekommen es nicht und sperren den Schmerz für immer in sich ein. Ich weiß, dass ich nichts falsch gemacht habe … aber ich habe auch nicht das Gefühl, als hätte ich das Richtige getan.«
    Es gab uns zu Tausenden, dachte ich: die Mütter mit behinderten Babys, die sich den Rest ihres Lebens fragten, ob sie dem Kind das nicht hätten ersparen sollen, und die Mütter, die ihre behinderten Babys abgetrieben hatten und die unsere Kinder anschauten und in ihren Gesichtern immer wieder die sahen, die sie nie kennengelernt hatten.
    »Sie haben mir die Wahl gelassen«, sagte Annie, »und ich wünsche mir selbst heute noch, sie hätten das nicht getan.«

Amelia
    An jenem Abend ließ ich mir von dir die Haare bürsten und überall Haargummis reinbinden. Sonst hast du mir immer dicke Knoten reingezaust, was mich tierisch geärgert hat, aber das machte dir Spaß. Deine Arme waren zu kurz, als dass du dir selbst auch nur einen Pferdeschwanz hättest binden können. Während andere Mädchen in deinem Alter also mit ihren Haaren spielten, sich Schleifen hineinbanden oder Zöpfe flochten, warst du auf Mom angewiesen, deren Können allenfalls für Hefezöpfe reichte. Glaub ja nicht, dass ich plötzlich ein Gewissen oder so was entwickelt hätte; ich hatte einfach Mitleid mit dir. Seit sie wieder nach Hause gekommen waren, hatten Mom und Dad sich deinetwegen angeschrien, als wärst du gar nicht da. Ich meine, du lieber Himmel, dein Wortschatz war meistens größer als meiner. Wie konnten sie da glauben, du würdest nichts mitkriegen?
    »Amelia?«, hast du gesagt und einen Zopf zugebunden, der mir genau über die Nase hing. »Ich mag dein Haar in dieser Farbe.«
    Ich musterte mich im Spiegel. Trotz meiner Bemühungen sah ich nicht im Mindesten wie eine coole Punkbraut aus, sondern mehr wie ein Muppet.
    »Amelia? Werden Mom und Dad sich scheiden lassen?«
    Ich schaute dir im Spiegel in die Augen. »Ich weiß es nicht, Willow.«
    Mit deiner nächsten Frage rechnete ich bereits. »Amelia? Ist das meine Schuld?«
    »Nein«, erklärte ich entschieden. »Ehrlich nicht.« Ich zog die Spangen und Gummis aus den Haaren und kämmte mir die Knoten heraus. »Okay, es reicht. Ich bin einfach nicht zur Schönheitskönigin geeignet. Geh ins Bett.«
    Mom und Dad hatten heute vergessen, dich ins Bett zu bringen – nicht dass mich das gewundert hätte angesichts der mangelhaften Elternfähigkeiten, die sie in letzter Zeit an den Tag legten. Verlegen küsste ich dich auf die Stirn. »Gute Nacht«, sagte ich, sprang in mein eigenes Bett und schaltete das Licht aus.
    Manchmal, im Dunkeln, fühlte es sich an, als hätte das Haus einen Herzschlag. Ich konnte ihn hören, waaa, waaa, waaa . Jetzt war er sogar noch lauter. Vielleicht war mein neues Haar ja eine Art Supraleiter. »Du weißt doch, dass Mom immer sagt, wenn ich groß bin, könne ich alles sein, oder?«, hast du geflüstert. »Das ist gelogen.«
    Ich richtete mich auf einen Ellbogen auf. »Warum?«
    »Ich könnte kein Junge sein«, hast du gesagt.
    Ich grinste. »Frag Mom bei Gelegenheit mal danach.«
    »Und ich könnte nicht Miss America werden.«
    »Warum nicht?«
    »Mit einer Gehhilfe wird man beim Schönheitswettbewerb nicht zugelassen«, hast du gesagt.
    Ich stellte sie mir vor, die Mädchen, die viel zu schön waren, um echt zu sein, groß und dünn und wie aus Plastik. Und dann dachte ich an dich, klein und verdreht wie eine Wurzel, die falsch aus einem Baum gewachsen ist, mit einer Schärpe um deine Brust, auf der zu lesen stand:
    MISS VERSTANDEN
    MISS GLÜCKT
    MISS ACHTET .
    Das drehte mir den Magen um. »Schlaf jetzt«, sagte ich in härterem Tonfall, als ich beabsichtigt hatte, und ich zählte bis eintausendsechsunddreißig, bevor ich dich schnarchen hörte.
    Auf Zehenspitzen schlich ich mich in die Küche runter und öffnete den Kühlschrank. Wir hatten nichts, aber auch gar nichts zu essen im Haus. Zum

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