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Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Buller sagte: »Die Spite ist von ihrer Position abgewichen, Sir!« Zum ersten Male zeigte er eine gewisse Erregung. »Da wird gleich der Teufel los sein!«
    Bolitho fand Zeit, sich darüber zu wundern, wie genau Bullers Schlußfolgerung war, und daß es ihn überhaupt interessierte. Coutts würde wütend sein. Es konnte die Trojan einen vollen Tag kosten, zu ihrer Ausgangsposition zurückzukreuzen, um Cunningham eine zweite Chance zu geben.
    »Ich glaube, ich gehe besser hinunter und melde es dem Kommandanten «, überlegte er laut.
    Warum hatte er es ausgesprochen, überhaupt bedacht? War es, um dem Schiff die neue Enttäuschung zu ersparen, oder nur, um Coutts Glaubwürdigkeit zu schützen?
    Buller bemerkte: »Vielleicht hat sie einen Mann verloren?«
    Bolitho antwortete nicht. Er überlegte, ob Cunningham tatsächlich bereit wäre, wertvolle Zeit zu opfern, um nach einem über Bord gefallenen Matrosen zu suchen. Er bezweifelte es. Er legte das Teleskop auf seinen Arm und stemmte die Schulter gegen den bebenden Mast.
    »Ich lasse das Glas hier, Buller. Machen Sie Meldung, sobald Sie erkennen können, was los ist.«
    Er versuchte, nicht daran zu denken, wie lange sein Körper wohl benötigen würde, bis er an Deck aufschlug, wenn das Schiff plötzlich überholte. Es war, als blicke er durch eine dunkle Flasche. Ein paar angedeutete Schaumkronen, ein glasiger Schimmer an der Oberfläche zeigten das Nahen des Morgens an. Jetzt sah er das blaße Viereck aus Segeltuch, das aus der Dunkelheit aufstieg wie ein Eisberg.
    Die Spite schien unterwegs erheblich Kurs geändert oder auf andere Weise Zeit verloren zu haben, denn sie hätte schon Meilen weiter, längst auf dem verborgenen Ankerplatz sein müssen. Buller hatte recht, bald würde der Teufel los sein. Das gab bestimmt… Er straffte sich plötzlich, seinen gefährlichen Aufenthaltsort im Augenblick vergessend.
    »Was ist, Sir?« Buller merkte alles.
    Bolitho wußte noch nicht, was er sagen sollte. Es stimmte natürlich nicht, konnte gar nicht stimmen.
    Er konzentrierte sich mit aller Gewalt, hielt mit äußerster Anstrengung das vibrierende Glas genau auf das ferne Segel gerichtet.
    Er strapazierte seine Augen, bis die alte Stirnnarbe im Takt seines Herzschlages zu schmerzen begann. Dann ließ er das Glas sinken.
    Es lag noch tief im Schatten, war aber da. Er wünschte, es wäre ein Traum gewesen, ein Fehler im Teleskop. Aber statt des schnittigen Einzeldecks der Spite hatte er dort etwas Solideres gesehen, so hoch wie eine doppelte Spiegelung.
    Er gab Füller das Glas, hielt die Hände trichterförmig vor den Mund und schrie: »An Deck! Segel Steuerbord voraus!« Er zögerte einen Augenblick und malte sich das plötzliche Erstaunen aus, das unten gleich um sich greifen mußte. Dann fügte er hinzu: »Ein Linienschiff!«
    Buller meinte trocken: »Womit die Katze aus dem Sack wäre, Sir.«
    Doch Bolitho glitt bereits abwärts und angelte nach einer Pardune, um an ihr herunterzurutschen, den Blick noch immer auf die drohende Silhouette gerichtet.
    Coutts wartete bereits auf ihn, das Kinn vorgestreckt. »Sind Sie sicher?«
    Pears ging rasch an ihnen vorbei, seine Augen waren überall, während er sein Schiff für die nächsten, über Leben und Tod entscheidenden Stunden vorbereitete.
    Nur einmal musterte er kurz Bolitho, dann fauchte er Coutts an: »Natürlich ist er sicher, absolut sicher, Sir!«
    Cairns sagte seelenruhig: »Ein tolles Ding, Dick. Es ist bestimmt keins von unseren Schiffen.«
    Der Admiral hörte es und sagte kurzangebunden: »Es kümmert mich nicht, wo es herkommt, Mr. Cairns. Wenn es sich gegen uns stellt, dann soll es der Teufel holen. Bei mir steht es dann als Feind zu Buch!« Er blickte hinüber zum Kommandanten und hob die Stimme: »Lassen Sie die Geschütze laden, wenn ich bitten darf!«
    Er schien Pears Gegenargumente über die Breite des Decks hinweg zu spüren und fügte laut hinzu: »Und lassen Sie mich sehen, was dieses Schiff zu leisten vermag!«
    Auf beiden Seiten des oberen Batteriedecks arbeiteten die Geschützbedienungen mit Taljen und Handspaken, um die schweren Kanonen zu den Stückpforten zu transportieren.
    Bolitho stand oben bei den Booten und strengte seine Augen an, um bei der trüben Beleuchtung einen Geschützführer des oberen Batteriedecks nach dem anderen die Hand heben zu sehen als Zeichen, daß sein Geschütz geladen und klar zum Feuern war.
    Fähnrich Huss steckte den Kopf aus der Hauptluke und schrie: »Unteres

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