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Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Auftauchen seines Zweiten Offiziers.
    Er dachte an das Grinsen des Seemannes unten an Deck, auch das erschien ihm plötzlich wichtig. Es war ohne jede Bosheit oder Schadenfreude gewesen.
    Bolitho erwiderte schließlich: »Auf jeden Fall wird es heiß we rden.
    « Er deutete am Fockmast vorbei nach vorn. »Kennen Sie diese Gewässer, Buller?«
    Der Mann überlegte. »Weder ja noch nein, Sir. Gewesen bin ich hier schon, aber ein Ort sieht für einen Seemann aus wie der andere.
    « Er lachte. »Außer wenn er an Land geht, natürlich.«
    Bolitho dachte an das Bordell in New York, an die Frau, die ihm Obszönitäten ins Gesicht geschrien hatte, an die noch warme Brust des toten Mädchens.
    Ein Ort war wie der andere. Das mochte stimmen, auch für die Matrosen der Handelsschiffe. Jede Reise war immer die letzte, man wollte nur noch so viel Heuer und Prisengeld verdienen, daß es zum Kauf der Hafenkneipe, des Krämerladens oder des Häuschens reichte. Aber es kam nie dazu, außer wenn der Mann als Krüppel an Land gesetzt wurde. Die See gewann am Ende immer.
    Die Nock der Fockmarsrah wurde allmählich blasser, und als Bolitho sich umwandte, sah er die ersten Anzeichen des nahenden Tages. Er blickte hinunter und schluckte. Das Deck schien eine Meile unter seinen baumelnden Beinen zu liegen, umgeben von dem Kranz der dunkel starrenden Geschütze. Er mußte es einfach beherrschen. Die Angst vor großen Höhen hatte ihn geplagt, seit er mit zwölf Jahren sein erstes Schiff bestiegen hatte. Es war nicht anzunehmen, daß sie sich jetzt noch legen würde.
    Bolitho fühlte den Mast und die Rahen unter sich vibrieren und schwanken. Er war 1768 als Kadett zur See gegangen, in dem Jahr, als die Trojan vom Stapel lief. Er hatte schon früher daran gedacht, aber heute morgen, hier oben in der seltsamen Isolation, erschien es ihm wie ein böses Omen, wie eine Warnung. Er fröstelte. Allmählich wurde er noch genauso ängstlich wie Quinn.
    Auf dem nassen Achterdeck, nichts ahnend von den Phantasien seines Zweiten Offiziers, ging Pears auf und ab.
    Cairns beobachtete ihn, und achtern auf dem Heckaufbau stand d’Esterre mit verschränkten Armen, dachte wohl an Fort Exeter und seine toten Marineinfanteristen.
    Eine Tür ging auf und wieder zu, Stimmen auf dem Achterdeck verkündeten des Admirals Ankunft. Hinter ihm kam Ackerman, sein Flaggleutnant; selbst in der schwachen Beleuchtung wirkte Coutts munter und hellwach.
    Am Ruder blieb er stehen und sprach mit Bunce, nickte Cairns zu und sagte: »Guten Morgen, Kapitän. Alles klar?«
    Cairns überlegte. Wenn Pears beteiligt war, dann gab es nichts anderes, alles war klar.
    Pears erwiderte gelassen: »Aye, Sir, gefechtsklar, aber die Geschütze sind noch nicht geladen.« Trocken fügte er hinzu: »Und noch nicht ausgefahren.«
    Coutts blickte ihn böse an. »Das sehe ich.« Dann wandte er sich ab. »Die Spite müßte jetzt auf Position sein. Ich schlage vor, Sie setzen mehr Segel, Kapitän. Die Zeit des Abwartens ist vorbei.«
    Cairns gab den Befehl weiter, Sekunden später legten die Toppsgasten auf den oberen Rahen aus, das nasse Segeltuch fiel herab und bauschte sich dann träge im Wind, während die Trojan sich unter dem erhöhten Druck stärker überlegte.
    »Ich habe noch mal auf die Karte gesehen –«, Coutts beobachtete aus dem Augenwinkel die Arbeiten in der Takelage, »– es scheint kein anderer Ankerplatz vorhanden zu sein. Im Süden haben wir genügend Wassertiefe, nur zur Küste hin liegen ein oder zwei Sandbänke. Cunningham setzte sein Landungskommando im Süden ab. Sehr clever. Er zumindest überlegt jeden seiner Schritte.«
    Pears wandte den Blick von den schlanken Gestalten der an Deck zurückkehrenden Toppsgasten und sagte: »Schließlich ist es der einzige Ankerplatz, nicht wahr, Sir?«
    Coutts ging mit seinem Flaggleutnant von dannen. Der Hieb hatte gesessen.
    Ein paar Möwen tauchten auf und umkreisten das Schiff, sie schienen die Nähe des Landes anzukündigen; ihr zur Schau getragenes Desinteresse deutete darauf hin, daß sie andere Nahrungsquellen in unmittelbarer Nähe besaßen.
    Von seinem Sitz in schwindelnder Höhe beobachtete Bolitho die Vögel, die unter ihm vorbeizogen. Sie erinnerten ihn an die vielen Landfalls, besonders aber an Falmouth, an die kleinen Fischersiedlungen in den felsigen Buchten der Küste von Cornwall, an die heimkehrenden Fischerboote, an die gierig schreienden Möwenschwärme, die sie begleiteten.
    Er schreckte aus seinen Gedanken, als

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