Zerfleischt - Der ultimative Thriller
nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jeder in der Schule verrückt geworden ist, sonst wärst du nicht hier. Hab ich recht?«
Sie nickte. »Wahrscheinlich. Aber was ist mit dem Rest der Welt?«
»Lass uns jetzt fürs Erste um Greenlawn Gedanken machen!«
Louis setzte sich neben sie.
Er mochte Macy. Jeder in der Nachbarschaft mochte Macy. Vielleicht lag es zum Teil an Jillian, ihrer Mutter – White Trash, ganz klar.
Doch hauptsächlich lag es einfach daran, weil Macy, na ja, liebenswert war. Sie war keine hochnäsige, mit den Augen rollende, strohdumme, selbstsüchtige Prinzessin wie viele Mädchen in ihrem Alter. Sie war ein gutes Kind. Sie war klug und ehrlich, erwachsen und sehr witzig, wenn sie sich bei einem wohlfühlte.
Louis sah sie einfach an und lächelte.
Wenn er selbst ein Mädchen hätte, sollte es wie Macy sein. Sie war klein und schlank, ihr Mund und ihre Augen waren ungeniert sexy, sahen fast hungrig aus. Obwohl sich ihre Kurven bereits eindeutig selbst bemerkbar machten, hatte sie noch nicht wirklich ihre volle Blüte erreicht, aber Jillian nach zu urteilen, die ziemlich alles am rechten Platz hatte, würde Macy die Jungs mit einem Schläger abwehren müssen, sobald das mit ihr passierte. Sie hatte riesengroße, wässrige, braun schimmernde Augen. Sie hellten ihr Gesicht auf. Warum die Jungs nicht hinter ihr her waren, verstand Louis nicht. Vielleicht musste man älter sein, um eine stille, dezente Schönheit, wie Macy sie besaß, zu schätzen oder sich an ihrem nahezu sinnlichen Schulmädchen-Charme zu laben … Eigenschaften, von denen sie wahrscheinlich nicht einmal wusste, dass sie sie besaß.
Er bemerkte, dass er sie anstarrte und sie ihn dabei beobachtete, während ihre Wangen leicht erröteten.
Oh Gott , dachte er, weiß sie, was ich gedacht habe?
Sie wandte sich zur Seite und er fragte sich, was ihn auf diesen Gedankengang gebracht hatte.
Louis und Michelle lebten erst seit vier Jahren an der Upper Rush Street, aber sie kannten den ganzen lokalen Tratsch. Macys Vater war gestorben, als sie noch sehr jung war, und Jillian war einfach zerbrochen und ausgebrannt und zu einer Säuferin geworden, die es ungeniert mit Männern jeglichen Alters trieb – falls man alles glauben konnte, was erzählt wurde. Was jedoch stimmte, war die Tatsache, dass Jillian niemals über den Tod ihres Ehemanns hinweggekommen war und sie sich auf den Stand ihres 18. Lebensjahres zurückgezogen hatte. Und darin befand sie sich immer noch: eine erwachsene Frau mit einem Kind, die sich wie ein wildes College-Mädchen aufführte, das sich zum ersten Mal die Hörner abstieß. Es war zu schade. Macy brauchte wahrscheinlich ihre Mom wie eine Mom, aber das war einfach nicht der Fall. In der Nachbarschaft erzählte man sich, dass Macy sich selbst großgezogen habe. Dass sie sich um das Haus und um einfach alles andere kümmere, einschließlich ihrer Mutter.
Daran zweifelte Louis nicht.
Jeden Sommer veranstalteten Michelle und er eine Nachbarschaftsfeier. Es gab Bier und Limonade, Hamburger und Hotdogs. Einfach ein geselliges Ereignis, bei dem alle Nachbarn und ihre Kinder etwas Zeit miteinander verbringen und sich besser kennenlernen konnten. Und Jillian erschien natürlich immer. Manchmal betrank sie sich nur und manchmal schoss sie sich wirklich ab und fiel auf die Nase. Manchmal brach sie einen Streit mit anderen Frauen vom Zaun, aber meistens verfolgte sie nur deren Ehemänner auf eine Art und Weise, die eigentlich unbeschreiblich war.
Im ersten Sommer, als Louis und Michelle zu sich eingeladen hatten, hatte Dick Starling, ein Baggerfahrer, der für die zentrale Eisenbahn von Indiana arbeitete und auf der gegenüberliegenden Straßenseite wohnte, Louis beiseitegenommen und ihm nach einigen Gläsern Bier alles ausführlich erklärt.
»Das hier ist eine ziemlich gute Gegend, aber wir haben einige komische Vögel hier«, hatte Starling gesagt. »Ich glaube, alle werden zu eurer Party kommen. Der alte Onsala nicht. Er ist ein verrückter alter Finne. Man kann die Finnen immer an dem Haufen Feuerholz in ihren Vorgärten erkennen. Wenn Saison ist, hängen sie gerne ausgeweidetes Wild in den Vorgarten. Onsala mag niemanden, spricht kaum etwas außer Finnisch. Les Maub und seine Frau werden kommen, aber nicht, wenn du die Soderbergs einlädst. Bonnie Maub und Leslie Soderberg streiten sich seit 1963 über irgendetwas und sie reden immer noch nicht miteinander. Sie werden nicht auftauchen. Jillian Merchant
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