Zerfleischt - Der ultimative Thriller
klebte förmlich am Beton und es verlangte einiges an Arbeit ab, um es wegzuschaufeln. Es war eine Knochenarbeit, wirklich, eine unschöne, dreckige, stinkende Arbeit. Aber unter Warrens Anleitung schafften sie die Leiche des Jungen schließlich in die Schubkarre. Sie schwitzten und waren versifft und nicht gerade in bester Laune. Dann standen sie in ihren schweißnassen und blutüberströmten Uniformen da, sagten nichts und schauten nur den Fleck auf dem Gehsteig und die roten, ausgespreizten Arme und Beine an, die an den Seiten der Schubkarre herunterhingen.
»Das wär’s«, sagte Warren und betrachtete seine rosa besudelten Hände. »Das wär’s.«
»Was jetzt?«, fragte Shaw, dessen fettes Gesicht mit Schweißperlen übersät war.
Kojozian schmierte sich Blut über seine Brust.
Eine Menschenmenge hatte sich zum Zuschauen versammelt – Männer, Frauen und sogar Kinder –, sie drängten sich so nahe heran, wie sie sich trauten. Sie waren nicht wirklich amüsiert oder entsetzt oder von irgendeinem anderen Gefühl gepackt, wie man ohne Weiteres erwartet hätte. Weitere waren hinzugekommen, natürlich, aber sie gingen sofort weiter, als sie sahen, was los war, und vielleicht auch, als sie sahen, wie die Menge dreinschaute, was in ihren Augen zu sehen war, und wichtiger, was darin nicht zu sehen war. Ihre Augen waren tot, ferne Monde, die schauten und beobachteten, aber scheinbar nichts wahrnahmen. Manche Männer zogen an Zigaretten und einige Frauen hielten ihre Babys. Viele waren nackt. Viele hatten sich obskure Symbole auf ihre Brust gemalt. Sie bewunderten das X in Kojozians Gesicht. Eine alte Dame hatte ihr Strickzeug mitgebracht. Ein kleiner Junge hatte einen Lutscher im Mund, an dem er schlürfte.
»Unsere Uniformen sind dreckig«, sagte Shaw. »Sie stinken.«
Warren kratzte sich am Kopf und fragte sich, warum das von Bedeutung sein sollte. Sie waren Bullen. Sie mussten ihre Uniformen weiterhin anbehalten, besonders die funkelnden Dienstabzeichen. Die Leute würden sie daran erkennen. Symbole der Staatsgewalt, der Autorität.
Kojozian fragte: »Was machen wir mit dem Jungen? Fahren wir ihn einfach den ganzen Tag herum?«
»Warum graben Sie kein Loch«, sagte einer aus der Menschenmenge.
»Klar«, meinte ein anderer. »So was wie das hier gehört in ein Loch.«
»Pflanzen Sie Blumen oben drauf, damit es schön aussieht«, sagte die alte Dame mit dem Stickzeug.
Aber Warren erklärte ihnen, dass es sich um eine Polizeiangelegenheit handelte, eine offizielle Angelegenheit, und man nicht einfach ein totes Kind irgendwo begraben könne, wo man wollte. Man musste Gesetze und Richtlinien befolgen. Rituale. Ja, Rituale , die einzuhalten sind. Sie verstanden es nur nicht.
»Ich schlage vor, wir finden heraus, wo er wohnt, und bringen ihn dorthin«, schlug Kojozian vor.
Warren zuckte mit den Achseln. »Ja, das sollten wir tun. Zu wem auch immer der Junge gehört, dem wird das gefallen, meinst du nicht?«
Kojozian grinste. »Es ist das Mindeste, was wir noch für ihn tun können.«
Das Kind, das seinen Lutscher bearbeitete, trat einen Schritt nach vorne. »Das ist Ryan Soames. Er trägt unsre Zeitung aus. Ich weiß, wo er wohnt. Es ist nur einen Block weiter.«
»Okay, Junge«, sagte Warren, »führ uns hin!«
Kojozian schob die Schubkarre den Gehsteig entlang, das Kind lief voraus und marschierte, als würde es an einer Parade teilnehmen. Hinter ihnen trottete die Menschenmenge her. Sie waren alle aufgeregt, zum Haus des Kindes zu kommen. Das würde wirklich was geben.
23
Nachdem Ray Hansel und Paul Mackabee von der State Police CSI sich beim Direktor Benjamin Shore verabschiedet und die Greenlawn High School, den Tatort, verlassen hatten, fuhren sie durch die Stadt und versuchten ein Gefühl für sie zu entwickeln. Und was sie am meisten erstaunte, war die Tatsache, dass sie es nicht konnten.
Die Stadt fühlte sich an … wie?
Hansel war sich nicht ganz sicher, aber die Stadt wirkte beinahe blank, leer, verlassen. So wie sich eine Geisterstadt anfühlen würde: unbewohnt. Als wäre man hier das einzige Lebewesen. Und das ergab nicht viel Sinn, weil er sah, wie Leute in den Straßen herumliefen, ihre Autos wuschen, einkauften, wie Frauen ihre Kinderwagen schoben und Männer an ihren Kleintransportern lehnten und sich unterhielten, wie Männer es eben so machten. Es gab Leben, es gab Leute, aber warum konnte er sie nicht fühlen? Obwohl es eigentlich absolut keinen Sinn ergab, wirkte Greenlawn wie
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