Zero Gravity
aber wider Erwarten brannte das Zeugs kaum. »Schon fertig«, sagte Kit.
»Danke«, murmelte er und sah zu Kanevskaya hinüber, die mit geschlossenen Augen in einer Ecke des blau beleuchteten Behandlungszimmers saß. Die Vitaldaten, die [Hydra] in sein rechtes Auge projizierte, ließen darauf schließen, dass sie sich wieder beruhigt hatte. »Wie geht es ihr?«, fragte er trotzdem. Kit sah kurz über die Schulter und dann wieder zu ihm zurück.
»Ich musste ihr eine ordentliche Dosis des Beruhigungsmittels verpassen. Fast dachte ich schon, sie sei dagegen resistent… die Frau war total hysterisch. - Achtung, das könnte jetzt wehtun.«
Die goldgefleckten Augen der Füchsin verengten sich, als sie begann, Corrigans aufgerissene Wange mit groben Stichen zu nähen.
»Keine Schorge. Isch bin nischt schehr empfindlisch.«
»Klappe«, befahl sie. Als sie fertig war, betrachtete sie ihr Werk mit kritischem Blick und verzog dann das pelzige Gesicht. »Weißt du was, Chief? Wenn wir zurück sind, solltest du unbedingt einen Termin mit einem Schönheitschirurgen vereinbaren. Wenn das so weitergeht, kannst du bald ohne Maske in einem Horrorvid mitspielen.«
»Du hast Recht. Vielleicht sollte ich das tun.« »Was jetzt? In einem Vid mitspielen?«
»Zum Arzt gehen. Ich nehme an, ich sehe aus, als hätte ich ein glühendes Waffeleisen anstelle eines Kopfkissen benutzt?«
Sie nickte. »So ungefähr. Hast du Kanevskaya wirklich vergewaltigt? Sie sagte, es sei auf Perose passiert; sie hatte damit gerechnet, von den UI-Justifiers aus einem Kriegsgebiet gerettet zu werden, aber stattdessen…« »… hätte ich sie in ein Hinterzimmer gezerrt. Ich habe euer Gespräch mitbekommen.« »Also was nun? Hast du?«
Eigentlich hätte er Kit sagen sollen, dass es sie nichts anging, aber heute war einfach kein guter Tag. Seit Kanevskayas Vorwürfen fühlte er sich nicht ganz so selbstsicher wie sonst. Er seufzte leise. »Ich würde ja gern
>nein< sagen, Kit, aber die Indizien sprechen leider dafür.« Noch einmal sah er zu der MedTech hin. Egal, wie tief er in seinem Gedächtnis grub, er fand keine Person, die ihr auch nur im Entferntesten geähnelt hätte, und übel wurde ihm auch nicht bei der Suche nach Erinnerungen, die er eventuell einmal gehabt hatte. Aber Struk hatte ja gesagt, dass sich das mit der Übelkeit bald legen würde … »Ich war zum fraglichen Zeitpunkt auf Perose, um UI-Personal dort rauszuholen. Sie sagte, ein Büffel habe ihr das Leben gerettet, denn er hätte mich weggeschleppt, bevor ich sie auch noch umbringen konnte. Das klingt nach Floyd… aber ob es so war, weiß ich nicht.«
»Wenigstens bist du ehrlich.«
»Ehrlich? Wie kann man ehrlich sein, wenn man eigentlich überhaupt nichts weiß? Gantt und ihre Spießgesellen haben alles aus meinem Kopf herausgeschnitten, was ihnen nicht gefallen hat. Und irgendwie finde ich das sogar
…« Er zögerte.
»Nun ja. Ich weiß nicht, wie ich das finden soll. Vielleicht, weil ich nicht wahrhaben will, dass ein Großkonzern auch einmal etwas tun kann, das für die Menschheit …«
»… und Betaheit«, ergänzte Kit.
»… und Betaheit von Vorteil ist.«
Kits Ohren zuckten nervös.
»Bei deinem Strafregister schätze ich auch, dass es vorteilhaft war, dich zu lobotomisieren.« »Es waren nur stereotaktische Eingriffe, Kit. Woher kennst du mein Strafregister?«
»Von Mrs. Kanevskaya. Offensichtlich hast du nicht unser ganzes Gespräch mitbekommen, Chief. Sie hat sich eine Kopie deiner Akte besorgt, nachdem UI dachte, die Sache sei mit einer kleinen Gehaltserhöhung aus der Welt geschafft. Ich glaube fast, sie kennt sie auswendig.« Missbilligend schüttelte Kit den Kopf, während sie in ihrem MedPack wühlte. »Wenn wir den Kleinkram mal weglassen, konzentrieren sich deine Vergehen auf Vergewaltigung, Geiselnahme, schwere Körperverletzung und Totschlag.«
»Geiselnahme?« [Hydra] spulte die Aufzeichnung seines Gesprächs mit Gantt zurück.
>Seit wann sind die MedTechs bewaffnet?< - >Seit sich einige Pfleger nach der Geiselnahme im letzten Jahr geweigert hatten, ihren Dienst zu versehen, wissen Sie nicht mehr?
»Etwa auf der Utini-Krankenstation?«
»Dort auch, wenn ich mich nicht irre. Mrs. Kanevskaya hat so etwas erwähnt.« Kit legte den Kopf schief, eine rote Strähne schlüpfte hinter einem ihrer enormen Ohren hervor und baumelte in ihr Gesicht. »Wie viele Vergehen es waren, sage ich jetzt lieber nicht, denn irgendwie wirkst du im Moment nicht gerade
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