Zerrissen - Thriller
auch sein Haus durchsucht, es wurde aber nichts gefunden, was verdächtig war. Fre derik kannte den Fall nicht wirklich, er war damals noch im Studium gewesen und musste sich erst hineinlesen. Auch wenn Schreibtischarbeit nicht sein Ding war, interessierte er sich plötzlich für den Fall, der damals für viel Wirbel in den Medien gesorgt hatte.
Teil 2
Die Namen Athos, Porthos und Aramis waren jeweils am Kopfende eines jeden Bettes eingraviert. Das Bett von Aramis war dunkelblau, das von Porthos dunkelgrün und das von Athos oran ge. Die drei lagen auf ihren Bett en und grübelte n vor sich hin. Sie schwiegen, denn heute war Porthos ‘ Geburtstag , aber keinem war zum Feiern zumute. Seitdem ihr zweiter Fluchtversuch vorgestern gescheitert war, bekamen sie kein Essen und kein Trinken mehr. Porthos war traurig, denn normalerweise bekam jedes Geburtstagskind eine Extraportion seiner Lieblingsspeise und ein kleines Geschenk. In diesem Jahr bekam Porthos nichts. Er schimpfte nicht darüber, das tat er nie. Während Athos und Aramis häufig weinten oder sich stritten, war Porthos immer der Vermittler, derjenige der Pläne schmiedete und sie tröstete, aber heute spr ach er schon den ganzen Tag lang kein einziges Wort.
„Wollen wir ein Spiel spielen?“
Athos versuchte sein Glück noch einmal.
„Ein Spiel lenkt dich doch immer ab. Komm schon , Porthos! Es bringt doch nichts, wenn du traurig bist.“
„Ich bin doch gar nicht traurig.“
Porthos Stimme klang jedoch so, als wäre er den Tränen nahe.
„Ich dachte wirklich, dieses Mal schaffen wir es… Ich dachte, ich wäre an meinem Geburtstag daheim.“
Athos setzte sich auf. Aramis wandte ihnen beiden den Rücken zu und schwieg.
„Wir können es nochmal versuchen. Irgendwann klappt es.“
Athos wünschte , seine Stimme würde nicht so verdammt weinerlich klingen. Er war noch nie mutig gewesen, auch nicht, als er noch zuhause war. Zuhause, was war das? War nicht hier jetzt ihr aller Z uhause? Waren nicht Aramis und Porthos seine Familie?
„Wir werden hier nie rauskommen… das weißt du, oder?“
Ja, dachte Athos, wir werden hier nie raus kommen. Auch er wandte sich mit dem Kopf der Wand zu und sie sprachen nicht mehr darüb er. Er dachte an seine Familie. W as mag nur aus allen geworden sein? Vier Jahre w aren eine lange Zeit. So lange war er nun schon weg, weg von seinen Elte rn und seinem Bruder. Ben war jetzt schon 15 Jahr e alt . Er konnte sich fast nicht mehr daran erinnern, wie es war, eine normale Familie zu haben , e ine liebende Mutter und einen Vater . Vielleicht hatten sie ihn bereits vergessen. Vielleicht waren sie wieder allein nach Frankreich gefahren. Ja, vielleicht hatten sie wieder ein Kind bekommen. Ein Kind , das ihn ersetzte. Das mutiger und klüger war. Er weinte in sein Kopfkissen. Keiner war gekommen und hatte ihn befreit – nicht sein Vater, nicht seine Mutter, nicht sein Bruder. Warum suchten sie nicht nach ihm? War er ihnen so egal? Er verscheuchte diese Gedanken schnell. Es war nicht so, das wusste er, auch wenn die Frau da oben es immer wieder behauptete . Nein, seine Familie suchte nach ihm, das wusste er.
*
Ian Stuart legte sein Handy beiseite. Er hatte gerade einen Anruf von Charlottes Bewährungshelfer bekommen . Charlotte war verschwunden. Er war beunruhigt, doch er war sich nicht sicher , warum genau. Wäre es für ihn schlimmer , zu ertragen, wenn sie einfach abgehauen oder wirklich von Raoul Richter entführt worden wäre ? Sie hatte sich während der Haftzeit mit einer ehemaligen Polizistin angefreundet, die der festen Überzeugung war, dass Raoul Richter Charlotte entführt hatte. Was sollte er glauben? Er liebte sie immer noch. Wahrscheinlich sogar mehr als frühe r. Sie hatte etwas unglaublich D ummes getan, doch das zeigte auch von einer ungeheuren Liebe zu ihrem Sohn – zu ihrem gemeinsamen Sohn. Es verging kein Tag, an dem Ian nicht an Niklas dachte. Nie hätte er sich vorstellen können, dass eines seiner Kinder einfach verschwinden würde . Er dachte immer, das passier t e nur anderen, nicht seiner Familie. Doch warum dachte er das, fragte er sich oft. Warum sollt e es ihnen besser als andere n gehen ? Es gab immer wieder Entführungen von Kinder n und sie saßen dann zusammen vor d em Fernseher und schüttelten erschüttert die Köpfe. Doch wie berührt waren sie damals wirklich ? Im Gru nde hatt en sie den Fernseher wieder ausgemacht und die Geschichte vergessen. Das Schi cksal war ja nicht
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