Zerrissen - Thriller
diese Idylle wert. Auch unsere Söhne fühlten sich in den Wäldern rund um unser kleines Grundstück schnell zuhause. Nur für mi ch war es zu still hier draußen. I ch arbeitete als Lehrerin in der Grundschule des Ortes, doch das füllte mich nicht aus. Wenn ich nun zurückdenke, war es doch das Schönste im Leben mit meiner Familie , in diesem Haus zu wohnen, doch ich hatte alles aufs Spiel gesetzt. Ich ging die letzten Tag e im Leben meiner Familie durch. I ch wusste, dass ich etwas übersehen hatte, das s ich etwas hätte merken müs sen, doch ich kam nicht darauf .
Meine Träume und Erinnerungen trieben mich weit zurück, zu den Tagen, die glücklicher waren, die mich aber bereits in den Abgrund zogen. Ich spürte die Energie , die durch meinen Körper schoss , als ich in das kalte Wasser des Flusses stürzte. Mein Körper wurde auf einen Schlag abgekühlt und ich hörte nur noch das Rauschen des Wassers um mich herum. Als ich auftauchte , spürte ich neue Lebensgeister erwachen und fühlte mich gestärkt für die Fahrt nach Hause. Wir würden neun Stunden brauchen , um wieder in unserem Zuhause im Schwarzwald zu sein, doch mein Mann bestand darauf durchzufahren. Wir fuhren dann ü ber Montpellier, Avignon, Ly on und Strasbourg nach Hause. Nach fünf Stunden fingen das Quengeln und die Raufereien zwischen Niklas und Paul an. Sie waren unterschiedlicher als Tag und Nacht und es war unschwer zu erkennen, dass sie keine leiblichen Brüder waren. Paul war der ältere, er hatte das S agen und nutzte die große Bruder Rolle sichtlich aus. Er hatte pechschwarzes Haar wie sein Vater und war stark gebaut. Auf der linken Wange hatte er ein großes Muttermal, das ihn irgendwie geheimnisvoll wirken ließ . Das musste er von seiner Mutter haben, die kurz nach seiner Geburt an Krebs gestorben war. Er war sportlich, handwerklich geschickt und sehr beliebt. Obwohl er seinen kleinen Bruder ständig aufzog, liebte er ihn im Grunde abgöttisch. Er brachte ihm das Fußballspielen bei, zeigte ihm, wie man ohne Hä nde Fahrrad fuhr und wie es ging , cool zu sein , denn das war Niklas überhaupt nicht, fand Paul. Niklas liebte Bücher und steckte immer in irgendeiner spannenden Geschichte. Er hat te blonde Haare so wie ich und war zierlich, ja fast mädchenhaft gebaut. Er hatte zarte, helle Haut und blieb lieber zuhause bei Mama und Papa , während Paul mit seinen Jungs um die Häuser zog. Wenn wir Urlaub am Strand machten, dann nahm er sich von überall eine Flasche voller Sand mit nach Hause. Machten wir Urlaub in den Bergen, dann nahm er Steine mit. Er brauchte von überall ein Mit bringsel, denn er wollte später Paläontologe werden, am besten einer , der Dinosaurier ausgrub. Immer wen n ich in meiner Zelle daran dacht e, musste ich lachen.
Ich schwamm ein paar Runden und beobachtete währenddessen meine Jungs. Mein Mann war ein liebevoller Vater und arbeitete sehr hart für das Leben seiner Familie. Ian war Amerikaner und stammte aus North Carolina. Wir lernten uns auf eine ungewöhnliche Weise kennen. Ich war das A u-Pair-Mädchen seines Sohn s und er war sofort Feuer und Flamme für mich, doch ich ließ ihn zuerst abblitzen. Ians erste Frau und Mutter von Paul war kurz nach der Geburt verstorben und ich lernte Paul kennen, als dieser gerade einmal zwei Jahre alt war. Er wusste zwar, dass er eine andere Mutter hatte, sagte aber Mama zu mir und auch ich lieb t e ihn wie meinen eigenen Sohn. Ich blickte lächelnd auf meine Familie und genoss die letzten Sommerstrahlen, bevor wir aufbrachen.
Das waren die letzten schönen Erinnerungen an meine Familie. Bereits wenige Stunden später sahen diese bereits anders aus. Ich war die letzten Stunden der Heimfahrt sehr nervös und angespannt gewesen. Ich dachte wieder an ihn, an Raoul. Ich wol lte ihn eigentlich nicht wieder seh en, doch es sollte anders kommen. Immer wieder erschienen mir die Bilder meines Seitensprungs vor Augen und das schlechte Gewissen plagte mich von Tag zu Tag mehr . Ich war auf Raoul hereingefallen, auf diese Künstlermasche, auf seine Geschichten, auf seine Liebe. Ich hatt e meinen Sohn einem Monst er vor die Füße geworfen und hatt e es am Ende nicht einmal geschafft , ihn zu töten. Ich hasste mich selbst dafür. Wenn ich sich er gewesen wäre, dass er tot war , dann hätte ich mich getötet, doch aus irgendeinem Grund hoffte ich , dass er noch lebte. Ich wusste nicht einmal , was ich mir mehr wünschte – dass er noch lebt e oder dass er tot war
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