Zerrissenes Herz (German Edition)
„Muss ich mich auch schick machen?“
„Ich habe mich nicht schick gemacht. Es erschien mir nur angemessen, hübsch auszusehen für einen Mann, der …“
Eine Hupe ertönte.
„Wir müssen los, dein Dad wird schon ungeduldig.“
Nach dem Essen, bei dem Julian sich zweimal nachgenommen hatte, schaute er die Kiste durch, die er vor seiner Abreise bei Connor in der Garage gelassen hatte.
Der Inhalt war nichts Besonderes – Fotos und Erinnerungsstücke, Zivilkleidung, ein paar seiner Lieblingsbücher, ein Baseballhandschuh und andere Sportausrüstung.
„Danke, dass du meinen Kram nicht weggeschmissen hast“, sagte er zu Connor.
„Danke, dass du zurückgekommen bist, um ihn abzuholen“, erwiderte er grinsend.
Julian nahm sich eine Jeans, ein weiches, verwaschenes Sweatshirt der Cornell-University und ein Paar Turnschuhe und zog sich im Gästezimmer, in dem er schlafen würde, um. Die Jeans saß recht locker, aber es tat gut, wieder die eigenen Sachen zu tragen. Er fühlte sich wieder mehr wie er selbst.
Es gab eine Schuhschachtel voller Briefe, Karten und Bilder von Daisy, einige davon stammten noch aus der Zeit, als sie zur Schule gegangen waren. Um diese Schachtel machte er einen großen Bogen. Er würde sie vermutlich nie wegschmeißen, aber er würde sich den Inhalt auch nie wieder ansehen.
Als er das Zuschlagen einer Autotür hörte, schaute er aus dem Fenster und sah, dass sie gekommen war. Sein Herz versuchte schier, sich den Weg aus seiner Brust freizuklopfen. Gott, sie war so schön. Einiges an ihr hatte sich verändert – das kurze Haar, die Kleidung, die er nicht kannte – und erinnerte ihn daran, wie viel Zeit vergangen war. Doch es gab auch vieles an ihr, was einfach zeitlos war. Die Art, wie sie ging. Ihre Kopfhaltung, als sie aufs Haus zukam. Und das Gesicht, die Augen … Er hatte sie jede Nacht in seinen Träumen gesehen. Ihr Gesicht sah nur ein wenig älter aus, erwachsener.
Dann stieg noch jemand aus dem Auto. Logan. Ihr Ehemann. Ihm folgten Charlie und Blake, der Hund. Es war offensichtlich, dass sie jetzt eine Familie waren.
Charlie klopfte sich auf den Oberschenkel und rief den Hund.
Charlie. Konnte dieser große Junge wirklich Charlie sein? Julians Herz dehnte sich beinahe schmerzhaft, während er die Treppe hinunter auf die Veranda eilte. Er versuchte, sich zusammenzureißen, aber seine Sehnsucht schien zu übernehmen und seine Arme schienen ein Eigenleben zu entwickeln. Er packte Daisy und zog sie in eine feste Umarmung. Als er den Duft ihres Haars wahrnahm und ihren Körper so nah an seinem spürte, wäre er beinahe zusammengebrochen. Irgendwo im Hinterkopf war ihm bewusst, dass es hier das letzte Mal sein könnte – und sollte –, dass er sie berührte. Das Mädchen war jetzt verheiratet. Verheiratet.
Er ließ sie los und trat einen Schritt zurück. Trotz allem konnte er sein Lächeln nicht unterdrücken. „Überraschung“, sagte er.
„Ja, Überraschung.“ Sie weinte – schluchzte und lachte gleichzeitig –, und er sah, dass sie tiefe Atemzüge nahm, um nicht vollends die Fassung zu verlieren. Julian wandte sich an Logan und hielt ihm die Hand hin. „Hey, schön, dich zu sehen.“
„Ja, willkommen daheim“, erwiderte Logan.
Sie waren Erzfeinde gewesen. Rivalen um Daisys Gunst. Nun war die Feindseligkeit fort, denn Logan hatte gewonnen. Und im Vergleich zu allem, was Julian in den letzten zwei Jahren hatte durchmachen müssen, war der Streit mit Logan sowieso ein Kindergeburtstag gewesen. Seit der Zeit hatte Julian einiges über Geduld und Nachsicht gelernt.
„Hey, Charlie“, sagte er. „Erinnerst du dich an mich?“
Das Kind schaute ihn schüchtern an, doch um seine Lippen spielte ein kleines Lächeln. Er war immer noch süß, aber definitiv ein Junge und kein Baby mehr.
„Ich erinnere mich!“, antwortete er. „Du hast uns Blake geschenkt.“
Als ihr Name fiel, hüpfte die Hündin freudig auf und ab.
„Kommt rein!“, rief Olivia von der Haustür. „Es gibt Kirschkuchen zum Nachtisch.“
„Kirschkuchen mag jeder.“ Charlies Lächeln blitzte wieder auf, und dieses Mal blieb es lang genug, dass Julian den fehlenden Vorderzahn sehen konnte.
Sie gingen alle rein. Blake trottete zu Barkis und versuchte, ihn zum Spielen zu animieren, doch der alte Hund knurrte nur und ignorierte sie dann. Zoe hatte bei Charlie mehr Glück. „Setz dich neben mich!“, krähte sie und schaute ihn an, als hätte er höchstpersönlich den Sonnenschein
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