Zerrissenes Herz (German Edition)
mehr den Boden berührte. Die Maschinengewehre feuerten weiter, durchlöcherten die Außenhaut, doch dann waren sie weit genug entfernt. Der Heli legte sich in eine Kurve und flog hinaus aufs Wasser. Abgesehen von Ramos war das Team komplett – Rusty und Doc, Truesdale, Simon und José und ein paar andere Jungs von der kolumbianischen Miliz, mit denen er gemeinsam trainiert hatte. Sie würden undercover zurückkehren müssen, um Ramos zu befreien.
Der Hubschrauber vibrierte und erzitterte, irgendwo lief Ölaus. Julian hörte ein Geräusch, ein hohles Dröhnen, so tief, dass es im Magen widerhallte – eine Rakete?
Dann sah er es. Eine schmale, tödliche Stange, die von einem tränenförmigen Sprengkopf gekrönt wurde und zwischen ihnen auf dem Boden lag. „Granate!“, rief er und packte das Ding. Sein Gehirn stellte das Denken ein, sein Bewusstsein zog sich zurück. Er handelte einfach nur. Mit einer schnellen Bewegung nahm er die Panzerfaust, sprang zur Luke, öffnete sie und warf das Ding im weiten Bogen aus dem Hubschrauber.
Es detonierte in der Luft. Die Explosion erschütterte den kleinen Hubschrauber, als wäre er ein Spielzeug. Julian, der noch an der Tür stand, verlor den Halt. Wie ein Stein aus einer Steinschleuder wurde er hinausgeworfen. Unter ihm war nichts außer Himmel.
10. KAPITEL
D aisy betrachtete sich im Spiegel des Brautsalons. „Das ist es also“, sagte sie und schaute ihre Mutter und Sonnet an. Die beiden hatten sie zur letzten Anprobe des Brautkleides begleitet. „Das ist das Kleid, in dem ich heiraten werde.“
Sonnets Augen glänzten, als sie das Kleid bewundernd anschaute. „Du siehst umwerfend aus.“
Daisy drehte sich um, um noch einmal ihr Spiegelbild zu betrachten. Das Kleid bestand aus elfenbeinfarbenem Tüll und antiker Spitze. Es war genau so, wie sie es sich immer erträumt hatte.
„Es ist zauberhaft“, erwiderte ihre Mutter. „Schätzchen, du bist die hübscheste Braut, die ich je gesehen habe.“
„Die wahren Worte einer echten Mutter.“ Einen Moment wurde sie nachdenklich und stellte sich ihre Mutter vor, wie sie sich vor vielen Jahren auf die Hochzeit mit Greg Bellamy, Daisys Vater, vorbereitet hatte. Sophie war sogar noch jünger gewesen als Daisy jetzt. Sie hatte ein Designerkleid getragen, das noch immer in ihrem Schrank hing. Vor ein paar Monaten hatte sie es Daisy angeboten. Das Kleid war immer noch wunderschön und passte Daisy perfekt, aber es hatte sich nicht ganz richtig angefühlt. Daisy wollte kein Kleid von einer Eheschließung tragen, die nicht gehalten hatte. Dafür hatte ihre Mutter vollstes Verständnis gezeigt und Daisy ermutigt, ein eigenes Kleid zu finden.
Yolanda Martinez, die Besitzerin des Geschäfts, hatte die Änderungen selber vorgenommen. Die mit kleinen Kristallperlen besetzte Korsage umschmeichelte Daisys Oberkörper und ging in einen glitzernden, herzförmigen Ausschnitt über. Daisy drehte sich zu Yolanda um. „Es passt perfekt. Ich weiß nicht, wie du das machst.“
Yolanda schüttelte den Rock noch einmal auf. „Du hast eine hervorragende Wahl getroffen. Und zum Glück von dieser dummen neuen Marotte abgesehen, in letzter Minute noch eine Crashdiät zu machen und zu dünn zu werden. Ich bin froh, dassdir die Änderungen gefallen.“
Viele der Bräute, die Daisy fotografiert hatte, hatten ihre Kleider hier gekauft. Yolanda hatte ein gutes Auge für Mode. Die zierliche, tüchtige Latina hatte ihren Brautsalon vor ein paar Jahren in Avalon eröffnet. Sie war von Texas aus hierher gezogen, damit ihr Sohn in der Nähe seines Vaters war – in der Nähe von Bo Crutcher, Pitcher bei den Yankees. Wie Daisy war Yolanda also alleinerziehende Mutter und arbeitete hart und entschlossen daran, ihrem Sohn ein gutes Leben zu ermöglichen. Aber Daisy spürte bei Yolanda auch die tiefe Einsamkeit, unter der sie selbst so lange Jahre gelitten hatte.
Die langen Abende, an denen man allein arbeitete, die entschlossene Fröhlichkeit und die tapfere Miene – das war Daisy alles nur allzu vertraut. Sie war unsagbar dankbar darüber, dass ihr Leben sich nun ändern würde.
„Hast du zu der Hochzeit einen Arzt eingeladen?“, fragte Sonnet und musterte Daisy von Kopf bis Fuß.
„Mein Stiefvater ist Tierarzt. Wieso fragst du?“
„Weil Julian sterben wird, wenn er dich so sieht. Er wird auf jeden Fall sterben, darum sollte sich jemand mit Wiederbelebungsmaßnahmen auskennen.“
„Ja? Meinst du, es wird ihm gefallen?“
„Er ist so in
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