Zerrissenes Herz (German Edition)
dich verknallt, dass du vermutlich auch einen Kartoffelsack tragen könntest. Aber dieses Kleid … das wird ihn umhauen. Julian wird sterben, wenn er dich sieht, einfach nur sterben“, wiederholte Sonnet.
Daisy lächelte, schloss die Augen und stellte sich Julian vor, der in seiner perfekten Haltung am Altar wartete und mit diesem besonderen Ausdruck in den Augen … Nichts war so attraktiv wie ein Offizier in voller Uniform an seinem Hochzeitstag. Manchmal, wenn sie an den bevorstehenden Tag dachte, wurde Daisy ganz schwindelig. „Er wird vermutlich nicht der Einzige sein, der vor Glück umkippen könnte.“
„Niemand wird sterben“, schaltete Yolanda sich ein. „Und da wir gerade über Julian sprechen – ich habe etwas, das ich dir vonihm geben soll.“ Sie krönte Daisy mit einem Schleier, der von silbernen Kämmen gehalten wurde. Die hauchdünne Spitze fiel ihr mit geisterhafter Leichtigkeit über die Schultern. „Dein novio hat mich vor seiner Abreise besucht. Er wollte dich überraschen.“
Daisy wurde warm ums Herz. „Ich kann nicht glauben, dass er das getan hat.“
„Er entwickelt sich zu einem meiner liebsten Bräutigame. Du musst stolz auf ihn sein, weil er so gut Spanisch spricht.“
„Das ist so süß von ihm“, sagte Daisys Mom.
Daisy berührte den Schleier. „Ich habe nie daran gedacht, einen Schleier zu tragen.“
„Gefällt er dir?“, fragte ihre Mutter.
„Die meisten Bräute tragen einen Schleier, oder?“, überlegte Daisy laut.
„Willst du an deinem Hochzeitstag so aussehen?“, fragte Sonnet nach.
„Was meinst du, Mom?“ Daisy sah die ergriffene Miene ihrer Mutter im Spiegel. „Oh Mom, nicht schon wieder.“
„Tut mir leid.“ Sophie tupfte sich die Augen mit einem Taschentuch. „Ich habe wieder so einen Moment.“ Sie stand hinter Daisy und zupfte den Schleier zurecht. „Du siehst so entzückend aus, dass ich es kaum ertrage.“
„Mom! Fang nicht wieder an zu weinen, oder wir werden mit dieser Anprobe niemals fertig.“
„Sprich für dich“, stellte Sonnet klar, deren Stimme auch belegt klang. „Wir freuen uns so für dich, Daisy.“
Daisy spürte, wie sich auch in ihrem Hals ein Kloß zu bilden schien und sich die Tränen sammelten. Sie konnte sich so glücklich schätzen, Menschen in ihrem Leben zu haben, die nichts weiter wollten, als sie glücklich zu sehen. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal eine Braut sein würde, weißt du. Ich nahm an, das Schiff hätte ich verpasst. Aber jetzt sieh mich an, ich kann kaum glauben, dass das alles passiert. Ich bin so glücklich, dass es mir manchmal Angst macht.“
„Jetzt ist es zu spät, deine Meinung zu ändern“, sagte Sophie.
„Dein Kleid ist ausgesucht, alle Änderungen gemacht. Oh, und es ist außerdem schon bezahlt.“
„Wirklich? Mom …“
„Ich wollte es so, okay?“
„Total okay. Danke.“ Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Je näher der Tag der Hochzeit rückte, desto realer wurde alles. Die Vorbereitungen liefen wie am Schnürchen. Die Trauung selbst und die Feier würden in Camp Kioga stattfinden, dem Ort, an dem ihre Liebe begonnen hatte. Alles in allem war es fürchterlich traditionell, aber aus irgendeinem Grund hatte Daisy den Wunsch, sich an Konventionen zu halten. Sie wollte dem Anlass auf jede nur erdenkliche Weise Würde erweisen. Die Zeremonie am See, die feierliche Versammlung von Familie und Freunden, die Torte aus der Sky River Bakery, die Trinksprüche – all das war vertraut und erprobt und verlieh dem Ereignis mehr Gewicht.
„Ich bin gleich zurück“, sagte Yolanda. „Ich muss nur noch den richtigen Kleidersack für das Kleid finden.“ Sie eilte durch eine mit einem Vorhang abgetrennte Tür.
Daisy stellte sich auf die Zehenspitzen, so als hätte sie ihre Hochzeitsschuhe bereits an. Dann hob sie das Haar im Nacken an, um zu sehen, wie sie mit einer Hochsteckfrisur aussähe. Sie schaute erst Sonnet, dann ihre Mutter an, und mit einem Mal hatte sie das Gefühl, die Welt stünde ihr offen.
Ich kann es kaum erwarten, Julian, jubelte sie innerlich. Ich kann es nicht erwarten, deine Frau zu werden.
Durch das Schaufenster sah sie einen sporadischen Fußgänger, der innehielt, um einen Blick in den Laden zu werfen. Menschen – sogar völlig Fremde – wollten immer einen Blick auf die Braut erhaschen, das war ihr im Laufe der Jahre als Hochzeitsfotografin aufgefallen. Eine Braut war so selten wie eine Sternschnuppe oder ein vierblättriges Kleeblatt und sorgte dafür,
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