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Zerrissenes Herz (German Edition)

Zerrissenes Herz (German Edition)

Titel: Zerrissenes Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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lernte. Und so hörte sie zu und weinte.
    „Ich sage Ihnen jetzt etwas, das Sie eh schon wissen“, sagte Sayers beim Abschied. „Er war der Beste von uns. Ich … es tut mir leid. Ich bin am Boden zerstört. Das sind wir alle.“
    Nachdem sie gegangen war, öffnete Daisy mit zitternden Fingern den Brief.
    Meine wunder-wunderschöne Daisy. Es tut mir leid, dass du das liest. Es fühlt sich surreal an, diese Worte zu schreiben, denn es bedeutet, dass ich nicht mehr da bin. Wie spricht jemand, der nicht mehr existiert, mit jemandem, der noch da ist? Ich werde es kurz machen, denn es ist eigentlich müßig. Natürlich komme ich zu dir zurück. Sie lassen uns diese ganzen Sachen als Teil der Vorbereitung auf den Einsatz machen. In dem ganzen Chaos vor der Abreise gibt es nur eine Sache, an die ich denken kann – Liebe stirbt niemals. Ich weiß das wegen meines Dads. Auch wenn er schon lange tot ist, ist er immer noch bei mir, liebt er mich immer noch. Ich trage ihn in meinem Herzen. Jeden Tag. Und wenn du dieses liest, sei dir gewiss, dass ich bei dir bin – und immer bei dir sein werde. Du kannst dein Leben weiterleben und Großartiges erreichen. Liebe andere Menschen, mache Kunst, sieh zu, wie Charlie groß wird, lache und denke an mich – aber nicht zu viel. Lass nicht zu, dass es dich jeden Tag traurig macht. Sei froh um die Zeiten, die wir gemeinsam hatten. Pass auf dich auf! Ich werde dich immer lieben, wo auch immer ich bin. Julian
    „Mom! Hilfe, Mom!“
    Charlies Ruf aus dem Garten schreckte Daisy auf. Ohne darüber nachzudenken, sprang sie vom Sofa, wo sie gesessen und ins Nichts gestarrt hatte, und rannte in den Garten, um ihren kleinen Jungen zu suchen.
    „Ich hänge fest“, rief er aus dem knorrigen Apfelbaum, der am hinteren Zaun stand. „Ich komm nicht mehr runter!“
    „Oh Charlie! Was machst du denn da oben? Du könntest dir das Genick brechen.“ Sie biss sich auf die Lippe und bereute ihre Wortwahl sofort.
    „Ich bin ganz allein raufgeklettert.“
    „Dann kannst du auch wieder herunterklettern.“ Sie stellte sich unter ihn. „Schieb einen Fuß herunter, bis du den Ast spürst.“
    „Ich kann ihn nicht sehen. Ich kann nicht nach unten gucken!“
    „Taste einfach mit deinem Fuß, dann wirst du ihn fühlen. Vertrau mir, ich mache keine Witze. Warum bist du überhaupt so hoch geklettert?“
    „Grammy Jane hat gesagt, dass Daddyjunge im Himmel ist“, erklärte Charlie, während Daisy ihn langsam, Ast für Ast, weiterdirigierte. „Ich wollte mir das mal näher ansehen.“
    Diese einfache, kindliche Aussage löste eine frische Welle der Trauer in Daisy aus, und sie wankte ein wenig. „Ich denke nicht, dass es so funktioniert, Schätzchen.“
    „Wie denn dann?“
    „Ich weiß es nicht.“ Sie hatte keine Kraft, es für ihn zu beschönigen. „Ich habe keine Ahnung, weil das alles so neu für mich ist. Ich sag dir was. Vielleicht helfen wir uns gegenseitig und finden gemeinsam heraus, wie wir Julian näher sein können.“
    Als sie Charlie endlich mit den Händen erreichen konnte, packte sie ihn um die Taille und stellte ihn auf die Erde. „Uff, du bist so groß geworden.“
    Sie ließ sich ins Gras sinken und behielt die Arme um seinen warmen, nach frischen Blättern duftenden Körper geschlungen. Sie hielt sich fest, weil sie zitterte; sie klammerte sich an ihren Sohn, als wäre er das Einzige, was sie auf der Erde verankerte.
    Am Türknauf des Gemeindezentrums hing ein handgemaltes Pappschild: „Trauergruppe“. Daisy starrte es einen Moment lang an, dann trat sie entschlossen ein und gesellte sich etwas unbehaglich zu dem guten Dutzend Menschen, die alle das Alter ihrerGroßeltern zu haben schienen. Sie gaben ihr Tee und Kekse und ein Namensschild zum Anstecken. Daisy musste sich auf die Zunge beißen, um nicht zu sagen: „Ich bin hier falsch.“
    Als sie den Blick sehnsüchtig zur Tür schweifen ließ, sah sie Blythe, das Mädchen, das im Alter von neunzehn Jahren Witwe geworden war. Blythe warf nur einen Blick auf Daisy und zog sie dann in eine feste Umarmung. „Ich erinnere mich an dich. Du warst auf dem Familientreffen – das war im Frühling, oder? Wir waren alle so glücklich und aufgeregt.“
    Daisy nickte und brachte irgendwie eine zusammengestammelte Erklärung heraus.
    „Ich kann dir nichts sagen, was du nicht schon gehört hast“, sagte Blythe. „Du musst nur wissen, dass du es überstehen wirst. Es kommt dir so vor, als würde es niemals besser werden, aber das

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