Zerrissenes Herz (German Edition)
wird es. Du wirst nie wieder die Gleiche sein wie vorher, als er noch am Leben war, aber … es wird dir gut gehen. Das Leben wird wieder gut werden, das verspreche ich dir. Ich habe immer noch meine Augenblicke. Aber ich habe überlebt – und das wirst du auch.“
„Ich dachte, du hättest weitergemacht und dich neu verliebt?“, fragte Daisy. Sie versuchte, sich das vorzustellen. Unmöglich. Julian war so tief in ihrem Herzen verwurzelt, dass es keinen Platz für jemand anderen gab.
„Stimmt“, antwortete Blythe. „Ich bin wieder verliebt, aber ein Teil von mir wird immer um meinen ersten Ehemann trauern. Über so einen Verlust kommt man nie ganz hinweg. Man muss sein Leben leben und versuchen, die Freude wiederzufinden.“
„Ich habe keine Ahnung, wo ich anfangen soll.“ Daisy versuchte, einen Hauch von Entschlossenheit in sich zu finden. „Aber um meines Sohnes willen muss ich es versuchen.“
„Es wird nicht über Nacht geschehen. Hier ist ein kleiner ungebetener Ratschlag: Einen solchen Schlag zu verarbeiten ist nicht, wie ein Pflaster auf eine Wunde zu kleben und darauf zu warten, dass sie verschorft. Es ist mehr, als wäre man total zerschunden aus einem Autowrack geborgen worden. Es brauchtharte Arbeit, Therapie, Medikamente, was immer funktioniert, um dich zu dir selbst zurückzubringen. Aber hauptsächlich braucht es Zeit. Nur Zeit.“
Am Morgen des Trauergottesdienstes stand Daisy vor ihrem Kleiderschrank, total erstarrt angesichts des Gedankens, etwas zum Anziehen auswählen zu müssen.
„Hey“, sagte Sonnet, die für diesen Tag aus der Stadt gekommen war. „Kann ich dir irgendwie helfen?“
„Was zum Teufel zieht man an, um einen leeren Sarg zu beerdigen?“, fragte Daisy matt.
„Alles, was du verdammt noch mal willst.“
„Man soll auf Beerdigungen doch eigentlich Schwarz tragen, oder? Davon habe ich mehr als genug …“
„Hier.“ Sonnet nahm das gelbweiße Sommerkleid, das Daisy zu Julians Vereidigung getragen hatte. „Ich weiß, dass es nicht ganz zur Jahreszeit passt, aber zieh das an.“
„Zu einer Trauerfeier?“ Daisy schluckte. Er hatte das Kleid geliebt. Sie sah immer noch den Gesichtsausdruck vor sich, bei ihrem Anblick hatte sich seine Miene erhellt. Die Erinnerung zerrte an ihrem Herzen. „Okay. Aber Sonnet, ich bin ein Wrack. Ich werde zusammenbrechen.“
„Dann brich zusammen. Die Leute werden das verstehen.“
„Und Charlie?“
„Es wird ihn nicht zerstören, dich zusammenbrechen zu sehen – solange er auch sieht, dass du wieder aufstehst.“
„Das ist das Problem. Das werde ich nicht. Ich werde niemals darüber hinwegkommen.“
„So kommt es dir im Moment vor, ja. Ich werde nicht so tun, als wüsste ich, was du durchmachst. Aber du bist stark, Daisy. Du bist der stärkste Mensch, den ich kenne. Sieh dir an, wie weit du es bisher gebracht hast. Du hast ein Kind, dir eine Karriere aufgebaut, euch ein Leben geschaffen. Du kannst das. Du musst es können.“
„Ich stütze mich zu sehr auf Charlie“, erwiderte Daisy ärgerlich. „Es ist schlimm, dass ich emotional so abhängig von meinem kleinen Jungen bin. Aber ehrlich gesagt ist er der einzige Grund, warum ich den nächsten Atemzug tue. Ohne Charlie würde ich mir die Mühe nicht machen.“
Tränen glitzerten in Sonnets Augen. „Oh, Daisy. Tu uns allen einen Gefallen und atme weiter, ja?“
Eine Polizeieskorte fuhr vor dem schwarzen, glänzenden Leichenwagen zwei Autos vor Daisy. Sie war schockiert zu sehen, dass die Hauptstraße von Avalon von Menschen gesäumt war, die Fahnen in den Händen hielten. Die meisten von ihnen kannte sie überhaupt nicht, aber alle zeigten tiefen Respekt. Auch wenn sie ihre Kamera nicht mitgenommen hatte, konnte sie nicht umhin, die Szene mit den Augen einer Fotografin zu betrachten und alles in herzzerreißender Detailgenauigkeit wahrzunehmen. Da saßen alte Männer auf Gartenstühlen und hatten ihre Veteranenabzeichen angelegt. Teenager machten Fotos mit ihren Handys. Eine Gruppe Biker sah vom Straßenrand aus zu, die Helme unterm Arm. Eine Mutter hielt ihr Kleinkind fest, das auf einem Zeitschriftenspender stand, und zeigte auf die Fahne am Leichenwagen. Ladenbesitzer standen vor ihren Geschäften. Touristen blieben spontan stehen. Viele legten sich die Hand aufs Herz, als der Trauerzug vorbeifuhr. Die Flaggen auf der Bücherei und am Rathaus wehten auf Halbmast.
„Das ist wie eine Parade.“ Charlie drückte die Hände gegen die Fensterscheibe.
„Ja, so
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