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Zerrissenes Herz (German Edition)

Zerrissenes Herz (German Edition)

Titel: Zerrissenes Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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ähnlich“, stimmte Sonnet ihm zu. Sie fuhr. Daisy saß auf dem Beifahrersitz und versuchte, nicht aus dem Auto zu stürzen, durch die Menge zu stürmen und zu verschwinden.
    „Das ist wirklich traurig“, sagte Charlie. „Ich bin traurig.“
    „Das sind wir alle. Die ganze Stadt. Sie zeigen Julian ihren Respekt, weil er mutig und gut war.“ Sonnet brach die Stimme. Sie räusperte sich. „Ich brauche ein Malzbonbon. Brauchst du auch eins, Charlie?“
    Nachdem Daisy die Bonbons verteilt hatte, nahm sie sich aucheines, obwohl sie wegen des Kloßes in ihrem Hals kaum schlucken konnte. Sie liebte die Menschen in Avalon für diese Geste. Und gleichzeitig wollte sie sie alle anschreien – weshalb weint ihr? Ihr habt ihn doch gar nicht gekannt …
    „Guck, da arbeitet Dad“, sagte Charlie. „Und da ist er auch. Hallo, Dad!“
    Logans Geschäft lag direkt neben dem Radiosender. Auf dem Schaufenster stand der Schriftzug „O’Donnell Versicherungsagentur – Mit uns sind Sie sicher“. Logan stand an der Eingangstür. Er schien Charlie nicht zu sehen, der ihm vom Rücksitz des Autos aus wild zuwinkte. Sein Blick war auf den Leichenwagen geheftet. Er hielt seine Yankees-Kappe vor der Brust. Sein Gesichtsausdruck war nicht zu deuten.
    Daisy hatte keine Ahnung, welche Wirkung die Neuigkeiten auf ihn gehabt hatten. Er und Julian waren Rivalen gewesen – was lächerlich war, denn es gab keinen Wettbewerb um ihr Herz. Sie war Logan gegenüber loyal, denn er war immer gut zu ihr und Charlie gewesen. Aber ihr Herz hatte immer Julian gehört.
    Die Bänke in der Mountains Church waren voll besetzt mit Trauergästen. Julians Mutter, seine Tante, sein Onkel und Cousin Remy waren da. Remy weinte offen, seine riesige Gestalt ließ jeden einzelnen Schluchzer noch intensiver wirken. „Er hätte nicht sterben dürfen“, sagte er, als sie ihn begrüßten. „Ich habe ihm ein Überlebenspaket mitgegeben, mit Streichhölzern und einem Kompass. Er hätte nicht sterben dürfen.“
    Julians Mutter sah wunderschön aus. Sie war perfekt gekleidet mit einem schwarzen Mantel und einem Hut mit Schleier. Nach dem, was Julian über seine Kindheit und Jugend erzählt hatte, war sie zwar keine Mustermutter gewesen, aber hinter dem Schleier hatten sich neue Linien in ihr Gesicht gegraben.
    Daisy saß in der zweiten Reihe. Sie schaute sich nicht um, sondern saß einfach nur wie erstarrt da und versuchte, nicht in tausend Stücke zu zerspringen. Die Sargträger in ihren perfekten Uniformen und mit den schmerzhaft feierlichen Mienen brachtenden mit einer Flagge verhüllten Sarg hinein. Daisy konnte nur daran denken, dass er leer war. Es gab nichts auf der Welt, was von Julian übrig geblieben war.
    Sie verschloss ihre Ohren vor der Musik, denn jeder Ton schlug ein kleines Stückchen von ihrem Herzen ab. Es wurde ein Gedicht gelesen. „Atmet sanft, ihr Winde, ihr Wellen in stiller Ruhe.“
    Sie schloss die Augen und versuchte, nicht an die tiefen Gewässer zu denken, die Julian an sich genommen hatten, versuchte, sich nicht zu wünschen, sie könnte ihm irgendwie folgen. Sie warf einen verzweifelten Blick auf Charlie, der auf Sonnets Schoß saß. Er war ihr Anker, das Einzige, was sie noch hier hielt.
    „In unserer Einheit haben wir ihn Sturkopf genannt“, sagte Lieutenant Tanesha Sayers mit zitternder Stimme. „Er war vollkommen furchtlos und ungemein loyal. Auch wenn wir nie erfahren werden, wie seine letzten Augenblicke gewesen sind, wissen wir, dass er ihnen mit der gleichen mutigen Würde entgegengetreten ist, die er sein ganzes Leben über gezeigt hat. Julian Gastineaux war ein Offizier und ein Gentleman mit der unsterblichen Seele eines Kriegers.“
    Auf dem Friedhof begann die Zeremonie mit den durchdringenden Tönen von „Taps“, dem für Militärbegräbnisse bestimmten Trompetensignal. Ein Offizier mit Barett und goldenen Schützenschnüren an den Schultern überwachte das Zusammenlegen der Flagge. Sie wurde Julians Mutter überreicht, die den Offizier umarmte und dann zurücktrat; mascaraschwarze Tränen rannen über ihre Wangen, sie presste das Bündel fest gegen ihre Brust.
    Daisy wollte die Flagge mit brennender, beinahe wütender Leidenschaft haben, aber sie gehörte ihr nicht. Sie war nicht seine Frau gewesen. Sie war nicht seine Witwe. Es gab keine besonderen Vorkehrungen für eine zurückgelassene Verlobte. Abgesehen davon, dass er sie mit der gleichen unerschütterlichen Intensität geliebt hatte wie sie ihn. Wie konnte er

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