Zerrissenes Herz (German Edition)
dich sehen.“ Sein Blick glitt von dem behandtuchten Kopf zu Sonnets nackten Beinen und den Plüschpantoffeln.
„Du hättest vorher anrufen sollen“, erwiderte sie, eindeutig verlegen.
Amüsiert beobachtete Daisy die Szene. Sonnet und Zach waren seit ihrer Kindheit befreundet; die erste Begegnung hatte imKindergarten stattgefunden, beide hatten mit Fingerfarbe gemalt und sich auf Anhieb gut verstanden. In letzter Zeit schwang in dieser Freundschaft allerdings ein leicht anderer Unterton mit.
„Ich rieche Popcorn“, sagte Logan plötzlich. „Macht es euch etwas aus, wenn wir euch ein wenig Gesellschaft leisten?“
Daisy überlegte. Mit wenigen Ausnahmen verbrachte sie die Samstagabende allein, las, schaute fern, lud Fotos vom Tag herunter, wenn sie auf einer Hochzeit gewesen war. Manchmal schaute sie schuldbewusst auf den Postkorb, den sie für den MoMA-Wettbewerb reserviert hatte. Den letztjährigen Einsendeschluss hatte sie verpasst, weil sie im tiefen Sog der Trauer gesteckt hatte. Dieses Jahr sollte ich es noch mal probieren, dachte sie oft. Doch das Körbchen blieb genauso leer wie der Ordner „MoMA“, den sie auf ihrem Computer gespeichert hatte.
„Klar“, sagte sie. „Wir haben den Stolz und Vorurteil -Marathon eingeläutet.“ Sie zeigte auf den Stapel DVDs auf dem Couchtisch und den Bildschirm, auf dem der Film bereits lief. „Die BBC-Version mit Colin Firth. Auch bekannt als die einzige Version.“
Sowohl Zach als auch Logan wirkten mit einem Mal, als fühlten sie sich etwas unbehaglich.
„Habt ihr einen besseren Vorschlag?“, fragte Sonnet.
„Und es darf nichts mit einem Controller zu tun haben“, warf Daisy noch schnell ein. Sie war noch nie ein großer Fan von Videospielen gewesen.
„Wie wäre es mit kleinen Holzbuchstaben auf einem Brett?“, schlug Zach vor.
„Scrabble.“ Sonnet griff sich ans Herz. „Sei still, mein dummes Herz.“
„Dann ist das also beschlossen“, sagte Daisy. „Frauen gegen Männer.“
„Und die Gewinner dürfen danach den Film aussuchen“, schlug Logan vor.
Da Daisy wusste, wie unschlagbar Sonnet in Fragen der Allgemeinbildung und besonders beim Scrabble war, stimmte sienur zu gern zu. Während die Männer alles vorbereiteten, gingen Daisy und Sonnet ins Schlafzimmer, um sich ein wenig ansehnlicher herzurichten.
„Ich kann nicht glauben, dass sie nicht vorher angerufen haben.“ Sonnet beugte sich vor und befreite ihre Masse an Locken aus dem Handtuch.
„Ich finde das süß. Zach will dich so gerne sehen, dass er dafür sogar einen Scrabble-Abend in Kauf nimmt.“
„In vollem Bewusstsein, dass ich ihn plattmachen werde“, fügte Sonnet hinzu. „Ich frage mich, was es damit auf sich hat.“
„Er ist in dich verknallt, Trottelchen. Das ist er schon, seit du aus Deutschland zurück bist.“
„Zach? Und ich?“ Sonnet schnaubte, aber dann wirkte sie auf einmal fasziniert. „Wirklich?“
Daisy zog ihre Lieblingsjeans an. „Tu nicht so schockiert! Das haben wir doch alle schon lange kommen sehen.“
„Warte mal.“ Sonnet beugte sich zum Spiegel vor und legte ein wenig Lipgloss auf. „Woher weißt du, dass es bei diesem Überraschungsbesuch darum geht, dass Zach mich sehen will? Was ist mit Logan und dir?“
Daisy ignorierte das leichte Ziehen in der Magengrube. „Logan und ich sehen uns jeden Tag. Wegen Charlie“, fügte sie hinzu.
„Hm-hm.“
„Es wird nie mehr als das sein“, beeilte Daisy sich hinzuzufügen. „Dazu ist zu viel passiert.“
„Zu viel passiert gibt es nicht.“
„Ich meine, wir haben zu viel Gepäck.“
„Hey, jeder schleppt Zeug mit sich rum. Es ist nett, jemanden zu haben, mit dem man das Gewicht teilen kann, oder?“
Woher soll ich das wissen, dachte Daisy. „Komm“, sagte sie. „Lass uns für ein bisschen Chaos auf dem Scrabble-Brett sorgen.“
Als sie aus dem Schlafzimmer kamen, sah sie, dass Logan sich in Charlies Zimmer geschlichen hatte, um nach seinem Sohn zu sehen. Er beugte sich gerade über das Dinosaurierbett und deckte den Kleinen ordentlich zu.
Daisy trat ein. „Er befreit sich immer aus der Decke, nicht wahr?“
Logan nickte. Im dämmrigen Schein des Nachtlichts sah sie, dass er lächelte. „Ich bringe ihn gern ins Bett. Ich wünschte, ich könnte öfter dabei sein.“
„Du bist doch so oft da“, erwiderte sie, obwohl sie wusste, was er eigentlich meinte. „Komm, stellen wir die Geräuschmaschine an. Dann wecken wir ihn nicht auf, wenn wir zu laut sind.“ Sie stellte
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