Zerrissenes Herz (German Edition)
dass sie log. Sie wusste es. Allerdings sprach Logan sonst nie über Julian, das war neu.
Während sie auf seine Antwort wartete, wrang sie das Fensterleder aus. Logan war nach Julians Tod sehr lieb zu ihr gewesen. Er hatte sie gehalten und gesagt: „Ich bin für dich da. Das wird sich niemals ändern.“
Und getreu seinen Worten hatte er sich viel um Charlie gekümmert. Außerdem hatte er Daisy ermutigt, zu den Selbsthilfegruppen und Arztterminen zu gehen. Er kam oft vorbei und war für sie immer erreichbar.
„Was ich meine, ist“, sagte er schließlich, „dass du großartig darin bist, jeden einzelnen Tag zu überstehen. Ich bin stolz auf dich. Nicht jeder kann nach so einem Verlust weitermachen.“
Sie sprühte Schaumreiniger auf einen besonders hartnäckigen Schmutzfleck auf der Motorhaube und rieb dann kräftig daran. „Wieso sagst du dann, dass ich niemandem was vormachen kann?“
„Weil du mehr als nur überleben musst. Mehr als nur den Tag überstehen. Du bist stark, Daisy. Du bist bereit. Du musst daran glauben.“
Schweigend begann sie, das Auto in rhythmischen Bewegungen zu polieren. Eine schwarze Eintagsfliege stürzte sich kopfüber in den Polierschaum und setzte ihrem Leben direkt vorDaisys Augen ein Ende. Platsch. Stirnrunzelnd und mit spitzen Fingern entfernte Daisy die Fliege und fuhr dann methodisch fort, ihren Wagen zu polieren.
Sonnet war zu einem ihrer seltenen Wochenendbesuche vorbeigekommen. Sie arbeitete inzwischen für die UN bei der UNESCO und hatte nur wenig Zeit für sich. Sie lebte in einem kleinen Apartment östlich von Midtown und behauptete, es zu lieben. Wie auch immer, wenn sie es schaffte, sich mal nach Avalon davonzustehlen, entspannte sie sich sichtlich.
Auch wenn sie sich vermutlich jedes Zimmer im Inn am Willow Lake aussuchen könnte, zog sie es vor, bei Daisy zu wohnen. Üblicherweise machten sie sich Popcorn mit zu viel Butter und Salz und blieben lange auf, um sich Mädchenfilme anzusehen.
Charlie bekam vier Gutenachtgeschichten vorgelesen. Derzeit war die Vier seine absolute Lieblingszahl.
Anschließend duschten Daisy und Sonnet nacheinander, zogen einen bequemen Pyjama an und machten Popcorn. Daisy füllte zwei Gläser großzügig mit günstigem, trockenem Sekt – mit ihrem Lieblingssekt.
„Auf uns!“, sagte sie. „Und vor allem auf deine brillante Karriere.“
„Und deine“, ergänzte Sonnet. Sie sah so wunderschön aus, beinahe exotisch, mit dem Handtuchturban, den sie wegen des nassen Haars noch trug. Allerdings wurde die Wirkung durch den Flanellschlafanzug und die plüschigen Hausschuhe ein wenig getrübt.
„Na gut. Auf unsere beiden brillanten Karrieren.“
Sie stießen miteinander an und tranken. Der Film fing an; es war die schon oft gesehene, aber immer noch beste Version von Stolz und Vorurteil . So charmant der Film auch war, Daisy konnte sich nicht darauf konzentrieren.
„Logan sagt, dass ich mich nicht weiterentwickelt habe“, platzte es irgendwann aus ihr heraus.
Sonnet drückte sofort den Stummknopf an der Fernbedienung.„Hat er recht?“
„Ich habe lange darüber nachgedacht“, murmelte Daisy und gab das Popcorn in die Schüssel, bevor sie die Butter gleichmäßig verteilte. „Ich denke, er hat vielleicht recht. Und wie komisch wäre das bitte, wenn ein Mann recht hätte?“
„Total komisch“, erwiderte Sonnet.
„Ich weine mich nicht mehr in den Schlaf. Ich wache nicht mehr mitten in der Nacht auf und fasse mir ans Herz, als würde mich ein Albtraum verfolgen. Ich führe in Gedanken keine Gespräche mehr mit Julian, sobald ich allein bin.“
„Das ist alles gut. Aber …?“
„Ich will mehr als nur existieren. Mehr als einfach nur den Tag hinter mich bringen. Ich will ein ganzes Leben. Ich will nicht das Mädchen sein, deren Verlobter getötet wurde. Ich will … wieder leben. Ich will verliebt sein.“
„Dann verlieb dich.“
„Du solltest am besten wissen, dass das nicht so einfach ist. Es …“
Ein leises Klopfen an der Tür ertönte. Blake fing an zu bellen und sprang aufgeregt herum.
Sonnet runzelte die Stirn. „Erwartest du jemanden?“
Daisy schaute auf ihr Yankees-Trikot und die Flip-Flops. „Die Modepolizei?“
Sie eilte zur Tür. Durch die Fensterscheibe sah sie Logan und Zach. „Hey“, sagte sie und ließ die beiden herein.
Sonnet stand auf und griff sich an das Handtuch auf ihrem Kopf. „Oh. Hi.“
Zach grinste sie an. „Ich habe gehört, dass du übers Wochenende herkommst, und wollte
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