Zersplittert: Dystopie-Trilogie Band 2 (German Edition)

nicht.«
    »Wie meinst du das? Wir haben es doch gesehen.«
    »Ja, die Schule steht da. Nur dass sie nirgendwo in den Registern auftaucht, wo Schulen normalerweise vermerkt sind. Weder in den Datenbanken der Grafschaft noch der des Landes. Über die Schule ist offiziell nichts bekannt.«
    Die Betonung liegt auf »offiziell«.
    »Und inoffiziell?«
    Er zögert. »Das sind eher Mutmaßungen, Gerüchte.«
    »Lass hören.«
    »Na schön. Zwischen der Schule und den Lordern scheint es eine Verbindung zu geben. Auf dem Sportplatz hast du sie ja auch gesehen. Das war kein Zufall. Die sind ständig dort.«
    »In meiner Schule tauchen auch hin und wieder Lorder auf. Die nehmen an der Schulversammlung teil und scheinen bei uns auch ein eigenes Büro zu haben.«
    »So meine ich das nicht. Die Lorder sind dort dauernd vor Ort, und zwar mit einem großen Aufgebot. Es geht das Gerücht um, es handle sich um ein Ausbildungslager, wo Experimente ganz neuer Art durchgeführt werden. Und dann die Schüler, die entsprechen nicht dem Durchschnitt. Alle sind groß und in extrem guter körperlicher Verfassung. Durchtrainiert oder sonst irgendwie besonders.«
    »Was soll das heißen?«
    »Weiß ich selbst nicht. Aber wir sind an der Sache dran. Nur eins ist klar, Ben zu treffen, ist viel zu gefährlich.«
    Ich verschränke die Arme vor der Brust und starre ins Leere. Aiden legt tröstend den Arm um meine Schulter und drückt mich. »Das scheint dir weniger auszumachen, als ich gedacht habe.«
    Ist das jetzt der richtige Moment, mein Geheimnis zu teilen? Ich stütze den Kopf in die Hände und seufze. »Dafür gibt es einen guten Grund.«
    »Und der wäre?«
    Ich richte mich auf und sehe Aiden ins Gesicht. Der Wahrheit ins Gesicht.
    »Ich war schon bei ihm.«
    »Was?«
    »Kannst du dich noch an den Kanal hinterm Sportplatz erinnern? Ich habe ihn durchs Heckfenster gesehen. Und irgendwie war mir klar, dass Ben dort frühmorgens joggen würde. Und das tut er auch.«
    Aiden fällt die Kinnlade herunter. »Hast du denn vollkommen den Verstand verloren?«
    »Ist doch alles gut gegangen.«
    »Darum geht es nicht.« Aiden sieht sauer aus, stocksauer. »Ich habe dir gesagt, du sollst warten, bis wir mehr wissen.«
    »Du hast mir gar nichts zu befehlen«, fahre ich ihn an, doch gleich darauf bereue ich es auch schon. »Tut mir leid, ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten.«
    Aiden muss sich erst mal sammeln. Aufmerksam sieht er mich an. »Ich gehe mal davon aus, dass es kein glückliches Wiedersehen war.«
    »Nein. Ben wusste überhaupt nicht, wer ich bin. Im ersten Moment habe ich geglaubt, dass er ein zweites Mal geslatet wurde, aber dafür ist er doch viel zu alt.«
    »Im ersten Moment? Und was denkst du jetzt?«
    »Keine Ahnung. Aber er kann nicht geslated worden sein. Erst mal kannte ich seine Angewohnheiten, dass er nämlich frühmorgens am Kanal laufen würde. Und außerdem hat er sich nicht wie ein neuer Slater aufgeführt. Kein dämliches Grinsen im Gesicht. Ben war eher … distanziert. Überhaupt nicht wie ein Slater.«
    »Interessant. Hat er ein Levo getragen?«
    »Konnte ich nicht sehen, er hatte was Langärmeliges an. Was hältst du davon?«
    »Zumindest ist er kein Gefangener. Er kann sich ja offenbar frei bewegen, sonst würde er nicht allein durch die Gegend rennen.«
    Stimmt. Ich klammere mich an diese gute Nachricht.
    »Und außerdem führen die da noch was anderes im Schilde. Slating ist es nicht. Oder jedenfalls nicht so, wie wir es kennen. Aber was haben die mit den Leuten vor?«
    Aiden nimmt meine Hand und sieht mir in die Augen. »Versprich mir, dass du dich von ihm fernhalten wirst. Fürs Erste jedenfalls. Und ich klemm mich dahinter, um mehr über die Schule zu erfahren.«
    »Aber …«
    »Kein Aber. Dort wimmelt es nur so von Lordern, das ist zu riskant. Ich möchte nicht, dass dir etwas zustößt. Und der Ben, wie wir ihn kennen, würde es auch nicht wollen.«
    Ben dient den Lordern als Versuchskaninchen. Er erinnert sich nicht mehr an mich. Wenigstens schien er gesund und munter zu sein. Kein Grinse-Slater, aber auch nicht direkt unglücklich. Coulson hat mir zwar gedroht, aber meinetwegen werden die Ben doch nichts antun, oder? Trotz ihrer Grausamkeit sind Lorder Vernunftwesen. Die werden nicht ihr Experiment gefährden, bloß um sich an mir zu rächen. Coulson hat keine Ahnung, dass ich weiß, wo Ben steckt, also geht er davon aus, dass ich ihm jedes Märchen abkaufe. Jedenfalls bringt es nichts, Ben noch einmal zu