Zersplittertes Herz
Ich lasse den Hammer ein weiteres Mal nach unten krachen und ein drittes, bis kein Tablett mehr existiert. Nur noch lila Scherben, die meine rechte Gehirnhälfte zum Rotieren bringen.
Als Nächstes kommt eine aquamarinfarbene Vase, die ich in einem Trödelladen gefunden habe. Ich kann es kaum erwarten, sie zu zerschmettern. Genau, wie die Tassen von der Heilsarmee und die Keramikfliesen von der Renovierung des Badezimmers meiner Mutter.
Das
ist meine neue Sucht. Mosaik. Ich bin mit einem Stipendium fürs Malen auf die Sinclair gekommen und weiß, wie meine Professoren auf mein neues Medium reagieren werden, wenn ich im Herbst wiederkehre. Ethan Bauer wird es eine Verschwendung meines Talents nennen. Mosaik ist keine echte
Kunst
, wird er sagen. Nicht von dieser Art, die man mit großem
K
schreibt. Es ist eine Hinterhofbastelei. Es ist die Arbeit eines Laien. Es ist – die schlimmste Beleidigung, die Ethan parat hat – ein
Handwerk
.
Aber ich denke, das ist der Grund, aus dem ich mich in Mosaik verliebt habe. Ich mag es, Schönheit in verworfenen Schätzen zu finden. Ich mag es, etwas zu kreieren, wo vorher nichts war.
Zurück auf dem Campus zu sein, fühlt sich seltsam an. Ein bisschen, als würde ich in ein altes Leben zurückkehren, nachdem ich wiedergeboren wurde. In diesem Atelier zu sein, ist ein einziges
Déjà-vu
.
Ich nehme einen weiteren Schluck meines Cranberrysafts und lächle die aufgehende Sonne an, die durch das Fenster lugt. Ein Atelier zu bekommen, geht Hand in Hand mit einem Schlüssel zum Kunstgebäude, und nachdem Asher mich letzte Nacht verlassen hat, habe ich mir meine Schlüssel geschnappt und mich zum Campus aufgemacht. Ich habe nur einen Stopp eingelegt, um Cranberrysaft und Wodka zu kaufen.
Wem tut es schon weh, wenn ich um sieben Uhr morgens ein wenig betrunken bin?
Ich bin unsicher auf den Beinen; wegen des Alkohols und der Erschöpfung, und ich muss mich mit einer Hand am Tisch festhalten, um das Gleichgewicht zu bewahren. Glas knackt und zerbricht unter meiner Handfläche. Ich sehe Blut, bevor ich den Schmerz überhaupt registriere. Ein bisschen Blut ist auf dem von Luftblasen durchzogenen Glas verschmiert. Dann eine Menge Blut. Dann setzt der Schmerz ein. Dumpf und pochend, während sich rote Pfützen auf dem Boden sammeln.
Ich hebe meine Hand an den Mund. Presse meine Finger auf die Wunde. Ich bin okay. Vielleicht brauche ich ein paar Stiche, aber ich werde in Ordnung kommen.
Doch dann sehe ich mir meine Hände an. Sehe sie wirklich an. Ihr blutbedeckter Anblick schickt mich zurück zum Fluss. Zurück an jenen Tag, an dem ich dachte, ich würde mein Baby verlieren. Plötzlich fällt mir das Atmen zu schwer. Die Luft ist zu dick, und der Weg zu meinen Lungen zu eng.
Ich beginne zu weinen. Meine Tränen fallen auf den Boden und vermischen sich mit dem knallroten Blut. Ich muss ins Badezimmer. Das hier aufwischen. Aber ich bin in der Vergangenheit gefangen. Meine Füße und mein Verstand sind in der Zeit eingefroren.
Ich weiß nicht, wie lange ich hier stehe, bevor Will an meiner Tür auftaucht.
»Maggie!« Er eilt in den Raum und greift nach meinen Händen. Jetzt ist auch an seinen Händen Blut, und das ist nicht richtig. Er ist unschuldig, was diese Sache betrifft. Er hat es nicht verdient, von meinen Fehlern befleckt zu werden.
Er murmelt etwas, und mir wird klar, dass er meine Hand in eine Art Baumwolllappen gewickelt hat.
Woher hat er …?
Sein Hemd. Er hat sich das Hemd vom Körper gerissen und wickelt die weiche Baumwolle um den Schnitt in meiner Hand. Verdammt, das ist süß. Bis auf seine Jeans, steht er in nichts vor mir. Ich blute durch die provisorische Bandage hindurch, kann meinen Blick aber nicht von seiner Brust abwenden.
»Du bist so atemberaubend heiß.« Habe ich das laut gesagt? Das wollte ich nicht. Aber er ist es. Will fordert seinen Körper hart – läuft lange Strecken und trainiert regelmäßig mit Gewichten. Ich habe immer darüber gelacht, wie streng er die Sache mit seinem Fitnessprogramm nimmt, aber jetzt denke ich, die Welt würde ein besserer Ort sein, wenn mehr Männer derart konsequent wären. Es gäbe mehr Freude. Weniger Krieg. Weniger Kinder würden hungern.
Ich höre, wie ich kichere, und blicke in Wills Gesicht.
Er hat meines in seine Hände genommen und sagt … etwas.
Waren seine Lippen immer so perfekt?
»Maggie.« Er schüttelt mich sanft.
Sie waren immer so perfekt. Ich erinnere mich. Ich erinnere mich daran, wie ich mir
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