Zerteufelter Vers (German Edition)

habe ich zunächst die Polizei angerufen, ehe ich Herrn Jansen selbst zu Hilfe eilen wollte – doch dafür war es bereits zu spät.« Glorias irritierter Blick schwenkte von Kirt zu Magnus und wieder zu Kirt, als sie plötzlich Frau Jansen in der Handtasche kramen hörte und sah, wie sie eine Packung Taschentücher hervorholte. Gloria fiel aus allen Wolken. Was war denn das für eine seltsame Geschichte? Die war zu blöd, um sie sich ausgedacht zu haben! Gloria konnte es nicht fassen. – Erst recht nicht, als die Aufnahme des 110-Rufdienstes dem Gericht vorgespielt wurde und Gloria sich fragte, warum Magnus aus nicht erklärbaren Gründen Gloria aus der Sache heraushielt.
    Das war wohl auch der Grund, weshalb die Polizei sie nach ihrer kurzen Aussage damals im Oktober nicht weiter verhört hatte. Gloria wurde in keinem Magnus´ Sätze auch nur annähernd erwähnt und wann immer sie zu Kirt schaute, erhielt sie ein liebevolles Lächeln. An seiner Stelle wäre sie ausgerastet! Sie konnte ja so schon kaum an sich halten! Gloria wurde immer nervöser und rutschte auf ihrem Stuhl herum. Magnus erzählte eine derart stimmige Geschichte, dass Gloria ihm wohl selbst geglaubt hätte, wäre sie nicht persönlich dabei gewesen, um zu wissen, dass alles bis ins kleinste Detail erlogen war. Die Staatsanwaltschaft untermauerte Magnus´ Aussagen stets mit stichfesten Beweisen, so dass keinerlei Zweifel an seinen Worten blieben. Als nächstes richtete der Staatsanwalt das Wort an Kirts Verteidiger. Kirt selbst äußerte sich nicht, was Gloria noch mehr verunsicherte. Sie spürte endlose Hilflosigkeit und fragte sich, warum Kirt nichts zu seiner Verteidigung unternahm.
    Erneut hallte die tiefe Stimme des Richters durch den Raum und sprach zum ersten Mal Kirt direkt an. »Herr la Ronti…« Er machte eine kurze Pause, ehe er fortfuhr: »Oder wollen Sie uns Ihren wahren Namen nennen?« Er machte erneut eine Pause und wartete darauf, dass Kirt antwortete. »Meine Identität ist nicht gefälscht.« Gloria sah von Kirt zu dem Richter und traute sich kaum zu atmen. »Wie kommt es dann, dass Ihr Name in keiner Stadt dieser Welt registriert ist? Wo sind Sie geboren?« Kirt schaute den Richter höflich an, doch er äußerte sich nicht mehr. »Herr la Ronti… Sie erlügen sich eine Identität und verweigern die Aussage zur Anklage. Dennoch beteuern Sie in allen Verhören Ihre Unschuld – können Sie mir sagen, wie sich der Abend des 28. Mai aus Ihrer Sicht abgespielt hat?«
    Kirt schaute den Richter müde an. Was Tarido ihm vorhin noch dargelegt hatte, warf ein neues Licht auf die Geschehnisse. Wenn er nicht länger im Kreis des Zwischenirdischen willkommen war und stattdessen als Mensch sein Dasein fristen sollte, wurde es nun auch für ihn eng. Aber dafür hatte er seine möglichen Aussagen nicht gut genug gegeneinander abgewogen. Normalerweise hätte Kirt sich über die Dauer der Haft kaputtgelacht, aber jetzt? Er schaute den Richter ernst an. »Ich habe niemanden von dieser Brücke gestoßen. Herr Jansen parkte seinen Wagen an der Autobahn. Ich war sehr langsam unterwegs und habe schon von Weiten gesehen, dass sich ein Mann der Brücke näherte. Daraufhin hielt ich sofort an und versuchte, ihn von seinem Vorhaben abzuhalten.« Gloria hörte ein Schluchzen von Jansens Frau, die wutentbrannte Blicke Richtung Kirt schickte, doch der Richter nahm neutral und wertfrei den Faden wieder auf:
    »Wie erklären Sie sich die feinen Hautabschürfungen unter Jansens Fingernägel? Es ist Ihre DNA, die sichergestellt wurde!« Gloria konnte dem Gespräch nicht folgen und schaute unsicher von dem Richter zu Kirt. »Ich habe Jansen versucht davon abzuhalten, sich umzubringen.« Der Staatsanwalt lenkte plötzlich ein: »Bislang widersprachen Sie in dem Punkt, dass es eine Auseinandersetzung zwischen Ihnen und dem Opfer am Tatort gegeben hatte.« Der Verteidiger ergriff das Wort, ehe Kirt etwas Weiteres sagen konnte und bat um eine kurze Pause, die jedoch seitens des Richters abgelehnt wurde. Gloria kam sich selten benebelt vor. Für sie ergaben die hier genannten Indizien keinen Sinn. Ihr fehlte gänzlich der Zusammenhang.
    In einer späteren Pause erhoffte sich Gloria Klarheit durch Kirts Verteidiger. Und in der Tat – die Kürze der Zeit reichte aus, um Gloria alle Indizien zu erklären, ehe die Verhandlung fortgeführt wurde. Doch je deutlicher sich herauskristallisierte, wie geschickt Magnus Kirts angebliche Tat verpackt hatte, desto konfusere