Zerteufelter Vers (German Edition)
»Setzen Sie sich doch bitte an diesen Tisch.« Mit zittrigen Beinen verließ Gloria ihren Platz und erhaschte einen letzten Blick auf den Text des Buches: ‹Liebe und Ehrlichkeit tragen fort den Sieg.› Schön wär´s…! Gloria setzte sich unsicher an den Tisch inmitten des Saals und schaute zögerlich zu Kirt, der sie streng und böse anfunkelte. Er wollte sie heraushalten – sie wollte das Gegenteil! Gloria war schuld und sie würde die Verantwortung tragen!
»Ich weiß, dass Kirt Jansen schon einmal gerettet hat. Am gleichen Tag und es hat geklappt!« Glorias Stimme klang unsicher, doch der Richter sah sie ernst an. »Wie heißen Sie?« »Gloria Truhst.« »Wie alt sind Sie?« »18.« »Sie wissen, dass Sie vor Gericht die Wahrheit sagen müssen? Anderenfalls können Sie selbst bestraft werden.« Gloria nickte. Stille. In ihrem Kopf bildete sich ein so großes Loch, dass sie nur noch Panik in sich spürte. »Sind Sie verwandt oder verschwägert mit dem Angeklagten?« Gloria starrte den Richter an. »Wir sind Freunde.« Unsicher schaute Gloria in die Augen des Richters, dem ihre Angst durchaus auffiel und ihr ein kurzes Lächeln schenkte.
»Was möchten Sie uns sagen?« Gloria hielt inne. »Kirt ist Jansen am Vormittag schon einmal hinterhergefahren… zu einem Waldparkplatz. Jansen hatte versucht, sich zu vergiften, indem er einen Schlauch an dem Auspuff befestigte. Kirt hat Jansen aus dem Wagen gezerrt und den Schlauch abgerissen.« Stille. Der Gerichtssaal schien sich einerseits rund um Gloria zu drehen, andererseits stand die Zeit still. Niemand sagte etwas; noch nicht einmal der Richter. »Diese Aussage finden wir in keinem Punkt Ihrer Stellungnahme.« Das war die Stimme des Staatsanwalts, der in einer Akte nach Glorias Verhör gesucht hatte. »Ich hab´ mich nicht getraut, es zu erzählen.« Der Richter beugte sich über sein Pult und schaute Gloria ernst an.
»Wo war das? Wann war das? Und woher wissen Sie davon?« Gloria wurde immer kleiner und fragte sich, ob sie das Richtige tat. »An einem Waldparkplatz in der Nähe von Düsseldorf… Am gleichen Tag, als Jansen starb; nur dass Kirt abends zu spät kam und… und ich weiß das… weil ich bei ihm war!«
Kleinlaut und zögerlich schaute Gloria dem Richter in die Augen. Und ehe er etwas sagen konnte, fuhr Gloria schnell fort: »Kirt wusste, dass Jansen sich etwas antun wollte und ist ihm deswegen hinterhergefahren. Er hat ihm das Leben gerettet! Er hat es auch beim zweiten Mal versucht, aber er war einfach zu spät! Er wollte ihn retten , nicht töten!« Ein Raunen ging durch den Gerichtssaal und Gloria drehte sich um. Magnus hatte sich erhoben und wollte allen Anschein nach etwas sagen, doch in dem Moment platzte es regelrecht aus Gloria heraus:
»Dieser Kerl lügt wie gedruckt! Er hat alles perfekt eingefädelt. Dabei war er es, der Jansen unter Druck gesetzt hat und der Grund, weshalb Jansen sich umbringen wollte!« Gloria bekam einen hochroten Kopf und starrte Magnus in die Augen. Oh Gott – was hatte sie nur gesagt?! Kirt starrte sie an. Die Luft war zum Spalten. Alle Zeit stand still. Magnus sah Gloria eindringlich an. Er reagierte kaum auf die klaffende Behauptung, die ihm Gloria vor die Füße geworfen hatte. Stattdessen zog sich ein kurzes Grinsen über seine Mundwinkel. Kaum war es da, schien es auch schon wieder verschwunden zu sein und Gloria traute ihren eigenen Ohren nicht, was sie gerade gesagt hatte!
»Frau Truhst, das ist eine schwere Anschuldigung. Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie sich keinen Gefallen tun, wenn Sie Ihren Freund in Schutz nehmen?!« Gloria fuhr herum und schaute dem Richter panisch in die Augen. Sie musste aufpassen, dass sie sich nicht um Kopf und Kragen redete. Wahrscheinlich war es eh schon zu spät! »Woher stammt Ihre Vermutung, dass Herr Staan Herrn Jansen unter Druck gesetzt hat?« Gloria glühte der Kopf. Das wusste sie selbst nicht! Sie war eben nicht mit den gleichen Wassern gewaschen wie Kirt oder Magnus. Wieder drehte sie sich zu Magnus. Um ihre Verwirrung komplett zu machen, sprühte dieser entgegen jeden nachvollziehbaren Verstandes nur so vor Hohn!
Normalerweise hätte sie damit gerechnet, dass er empört gewesen wäre, aber das ganze Gegenteil schien der Fall zu sein und Kirt war klar: Gloria hatte ihn nur noch mehr herausgefordert! Für Magnus bildete es das I-Tüpfelchen seiner Bemühungen: Jetzt hatte er nicht nur Kirt am Haken, sondern auch noch sie! Besser hätte es für ihn
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