Zerteufelter Vers (German Edition)
gar nicht laufen können und er selbst hatte nichts zu befürchten. Im Gegensatz zu Kirt würde Magnus stets ins Zwischenirdische verschwinden können…
»Wenden Sie sich bitte wieder dem Gericht zu!« Die Stimme des Richters hatte einen härteren Klang erhalten als zuvor. Gloria wusste nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. Wenn sie nicht aufpasste, würde sie sich total verzetteln! »Ich frage Sie noch einmal: Woher stammt Ihre Vermutung, dass Herr Staan Herrn Jansen unter Druck gesetzt hat?« Gloria sah sich Hilfe suchend um und schaute in Kirts Augen. Ihr stockte die Sprache. Was sollte sie jetzt nur tun? »Frau Truhst?!« Der Staatsanwalt wollte gerade das Wort ergreifen, als der Richter einen Schlussstrich zog: »Die Verhandlung wird zugunsten weiterführender Ermittlungen auf die nächste Woche verschoben.« Die Offiziellen erhoben sich. Gloria wusste nicht, wie ihr geschah, stand wie gelähmt auf und lief – kaum, dass die Prozedur beendet worden war – zu Kirt.
Sie krallte ihre Arme um seinen Hals und er küsste sie in den Nacken. Es dauerte keine fünf Sekunden, bis sie von zwei Beamten getrennt wurden und Kirt den Saal verlassen musste. Es war eine Szenerie, die Glorias Aussage schon jetzt in ein fahles Licht rückte. Magnus war bis in die Haarspitzen gefesselt von Glorias Aktion. Doch das schien ihr egal zu sein. Sie wusste, sie konnte Magnus nicht das Wasser reichen. Sie wusste, dass sie sich mit ihrem Handeln keinen Gefallen getan hatte. Aber Kirt war bislang nicht verurteilt worden – und das war es wert gewesen!
Irgendwann ging auch dieser Tag zu Ende und Gloria lag ausgebrannt und entmutigt auf dem Bett in Kirts Wohnung. Sie kam sich so schrecklich allein vor und wusste nicht, was sie tun sollte. Alles brach über ihr zusammen. Wild durcheinandergemischte Gedankenfetzen lösten Angst und Hoffnungslosigkeit ab, während sich die Panik vor den Fragen der Polizisten in ihr ausbreitete. Denn sie hatte eine Vorladung zu einem zweiten Verhör erhalten, so dass sie sich gleich morgen bei der Polizei melden musste. Doch andererseits brauchte sie sich keine großen Sorgen machen: Gloria würde eh in sechs Tagen sterben.
Dann konnte man sie nichts mehr fragen. Fast schon sarkastisch dachte sie an diese Tatsache, ehe es ihr die Brust von neuem zuschnürte: Die Panik vor ihrem Tod! Gloria hatte keine Angst zu sterben, solange Kirt bei ihr war – aber dieser Pluspunkt schien verspielt, sie war allein!
Für Magnus formte das alles ein liebreizendes Bild. Er wirkte gespannt wie ein Flitzebogen und überlegte, Gloria einen kurzen Besuch abzustatten. Doch andererseits wollte er lieber ganz in Ruhe abwarten, welche Lügen sie dem Gericht wohl noch auftischen würde und beschloss, sie vorerst nicht zu besuchen. Kirt hingegen versuchte bei den nächsten Verhören so diplomatisch wie möglich vorzugehen. Er bestätigte Glorias Aussage, wusste jedoch nicht, wie er fortfahren sollte. Dadurch, dass Gloria einen abstrusen Umweg genommen hatte, Magnus selbst zu beschuldigen, wusste er nichts zu sagen, ohne Gloria nicht auch in den Fall zu verstricken. Denn es fing bereits mit der Frage an: ‹War Ihre Freundin am Tatort?› Immerhin stimmten Magnus´ und Kirts Aussagen darin überein, dass Gloria nicht am Tatort erschien.
Das beruhigte Kirt. Allerdings hatte sie vor Gericht klar und deutlich gesagt, dass sie beim ersten Rettungsversuch selbst Zeuge war! Wie schön wäre ein Gefängnisbesuch gewesen, doch zu groß war die Möglichkeit, dass Gloria und Kirt sich in ihren Aussagen absprachen und genau darüber ärgerte sich Kirt. Hätte Gloria ihre Klappe gehalten – so ehrenhaft ihre Bemühungen auch sein mochten – hätte sie Kirt höchstwahrscheinlich besuchen dürfen. Denn der Fall wäre abgeschlossen gewesen. Jetzt hingegen war alles verloren: Sie würden sich nicht mehr wiedersehen. Er drang zwar darauf, seine Freundin dringend noch einmal sehen zu müssen, doch bislang erachtete es niemand für nötig, seinen Bitten überhaupt Gehör zu schenken.
Die letzte Woche verging und Gloria glich mehr und mehr einem seelischen Wrack. Anfangs stellte sie sich noch den Fragen der Polizei, doch je näher der 14. Dezember rückte, desto wortkarger wurde sie. Die Verhandlung war zwei Tage später angesetzt: Gloria würde nie erfahren, was mit Kirt geschah. Das Buch log nicht. Die Welten waren konsequent und die Gesetze unantastbar! Nachdem sie von dem Verhandlungsdatum erfahren hatte, stand fest: Sie würde jede weitere
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