Zerteufelter Vers (German Edition)
sichergehen, dass ihr mich nicht noch mal ausraubt?« Das belustigte ihn. »Du hast doch eh nichts mehr!« Er lachte. Gloria hingegen schäumte vor Wut! »Ha – ha, selten so gelacht!« Beleidigt sah sie ihn an. Einen Funken Stolz besaß sie immerhin auch noch. Und dieser Typ gehörte bislang definitiv nicht zu ihren Freunden. Sie wartete ab und fühlte sich zunehmend in Zugzwang.
»Also…?« Er wirkte kurz angebunden und einen Tick ungeduldig. Gloria konnte sich nicht entscheiden. Wenn sie einwilligte und seine Hilfe annahm, gab sie im Prinzip klein bei. Wenn Gloria sich dagegen entschied, würde er sich innerlich wahrscheinlich kaputtlachen. Sie traute ihm sogar zu, dass alles nur eine Verarsche war und er mal sehen wollte, ob sie ihm tatsächlich auf den Leim ging! Gloria zögerte. Noch immer sah er sie wartend an, als er sich plötzlich umdrehte und ging! Er spazierte einfach davon; nicht überheblich, nicht gekünstelt langsam… Er drehte sich noch nicht einmal um. Weiter und weiter – die Treppen hoch, bis er schließlich verschwand.
Oh, verdammt! Sie würde ihm jetzt wirklich nicht hinterherrennen! Gloria trat auf der Stelle. Dieser Typ war so ziemlich der seltsamste Kerl, den sie je kennen gelernt hatte. Ach, Mist! Gloria gab sich einen Ruck und lief die Stufen zum alten Schlossturm hoch. Ihr Blick schweifte ringsherum, doch er war nirgends zu sehen. Wenn er sich jetzt wieder versteckte, lachte er sich wahrscheinlich eins ins Fäustchen. Sie hasste Versteckspielchen. Gloria ging noch ein paar Schritte weiter und sah sich um, doch er war nicht zu entdecken.
Sie setzte sich erneut auf die Treppenstufen. Gloria dachte nach. – Sehr lange, während ihr großer Unbekannter nicht mehr auftauchte. Als allererstes fragte sie sich, ob sie wirklich irgendwann in Gefahr gewesen war und es gar nicht bemerkt hatte. Dieser Kerl spielte sich ganz schön auf! So, wie sie ihn einschätze, schien höchstens die Hälfte an dem dran zu sein, von dem er erzählte. Er hatte ihr tatsächlich nachspioniert, das war echt der Hammer! Und er wusste von ihrem Marsch nach Flingern. Für einen kurzen Moment stellte Gloria sich vor, wie sie eingerollt auf der Parkbank schlief, während er vor ihr gestanden und ihr dabei zugesehen hatte. Es lief ihr eiskalt den Rücken hinunter. Oh Gott! Aber wo sollte sie bloß hin, um zu schlafen?
Gloria fiel auf, dass sie noch nicht einmal seinen Namen kannte. Sie runzelte die Stirn – als ob das wichtig wäre! Dieser Typ war wirklich arrogant! Jedes Mal, wenn er den Mund aufmachte, hatte sie das Gefühl, ihm nicht das Wasser reichen zu können. Und von so einem wollte Gloria sich bei Leibe nicht helfen lassen. Immerhin – sie schlug ihre Faust auf den Boden – hatte der Kerl Gloria all ihr Geld abgenommen; rein geschäftlich verstand sich! Allein bei diesem Gedanken stieg schon wieder Wut in ihr auf. Ihre Ohrfeige hingegen war genial! Ein Lächeln zog sich über Glorias Lippen. Sie wirkte richtig stolz auf ihren Schlag und starrte auf den Rhein. Doch je länger sie so allein auf den Stufen saß, desto eher bereute Gloria, dass sie nicht einfach über ihren Schatten gesprungen war. Ach, verdammt!
Insgeheim hoffte Gloria plötzlich, dass ihr dieser blonde Kerl noch einmal über den Weg lief. So weit war es nun schon – wie tief wollte sie eigentlich noch sinken? Die Frage nach einem neuen, nächtlichen Schlafplatz ließ Gloria keine Ruhe. Ihr fiel nichts Gescheites ein und so machte sie sich am späten Abend erneut auf den Weg zu ihrer bekannten Parkbank im Hofgarten. Und wenn sie die ganze Nacht aufbleiben würde und so tat, als schliefe sie… Gloria würde ja sehen, wie viel dran war an seinen bedrohlichen Unbekannten.
Sie bog in den Park ein und lief zielstrebig hindurch. Gloria blieb augenblicklich stehen: Auf ihrer wohl vertrauten Bank saß er! Der Blonde blickte sie an und allem Anschein nach hatte er sie schon erwartet. Gloria blieb abrupt stehen. Zum Glück bildete ihre ganz spontane Reaktion die schlichte Überraschtheit. Dass sie sich in Wahrheit freute, ihn zu sehen, ärgerte sie allerdings mindestens genauso viel! Gloria ging auf die Bank zu und setzte sich wortlos neben ihn. Sie lehnte sich mit dem Rücken nach hinten und baumelte mit den Beinen. Auch er schwieg und wartete darauf, dass sie als Erste das Wort ergriff. Das ging bestimmt eine Minute so, bis Gloria die Geduld verlor und schließlich zuerst mit der Sprache herausrückte.
»Ich dachte, du hast keinen Bock mehr,
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