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Zerteufelter Vers (German Edition)

Zerteufelter Vers (German Edition)

Titel: Zerteufelter Vers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Verner
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drinnen wurde es ruhig. Die Stille erdrückte Gloria regelrecht und sie fühlte, dass der – diesmal endgültige Abschied – kurz bevor stand.
    Gloria hatte sich mit ihm in etwas verrannt, was nicht den Tatsachen entsprach. Sie bildete sich nur ein, dass aus ihnen etwas werden konnte und trotzdem tat es gut, ihn noch einmal wiedergesehen zu haben. Gloria schaute zu Kirt auf. Er war einzigartig: Noch nie hatte sie jemanden wie ihn kennen gelernt. Aber sie fand noch nicht einmal ein passendes Wort, das ihn hätte beschreiben können. Sie würde ihn nie vergessen!
    »Jagst du immer noch den Toten hinterher?« »Nein…. Ich glaube nicht, dass es einen Sinn hätte.« Er lachte kurz. »Du bist ziemlich…« Er vollzog eine komische Handbewegung und suchte nach dem richtigen Wort… »Abgedreht!« Gloria schmunzelte bitter. Ja, klar – das würde sie wahrscheinlich auch denken an seiner Stelle. »Komm´ einfach nicht mehr hierher, ja? Ich sag´ Kitty, sie soll dich in Ruhe lassen, aber garantieren, dass sie´s auch tut, kann ich nicht.« Er zuckte mit den Schultern. »Also mach´s gut, ja?« Gloria schaute in seine tiefblauen Augen. »Ja, klar.« Sie wusste nicht, ob sie sich zum Abschied umarmen würden oder nicht. Als Kirt es Gloria anmerkte, drückte er sie kurz und dieses Mal war sie es, die sich schließlich umdrehte und ging.
    Sie drehte sich nach ein paar Metern noch einmal um und konnte einen Blick auf ihn erhaschen. Gloria lief in der Dunkelheit durch die Straßen – die ganze Strecke zurück zur Altstadt. Es dauerte Ewigkeiten. Dass ihr jemand auflauern könnte und sie erneut ausnahm, kam ihr so abstrus vor, wie Kittys Ausraster. Das ganze Theater wirkte seltsam. Gloria verabschiedete sich von dem Gedanken, Kirt zu mögen. Das funktionierte sogar – die Frage war nur, für wie lange…
    Gloria blieb stehen. Sie hatte das Gedicht von vorhin gar nicht zu Ende gelesen, suchte eine Straßenlaterne und setzte sich auf den Asphalt. Am Anfang hatte das Buch ihr Angst eingejagt, aber jetzt schien es zu einem weisen Geleit zu werden. Warum das Buch wusste, wie sie sich fühlte und weshalb es sie offensichtlich seit dem Tod ihrer Mutter begleitete… Darauf konnte sie sich keinen Reim machen. Aber beim besten Willen wollte Gloria sich nicht vorstellen, dass ausgerechnet sie dieses Buch – aus purem Zufall – in der Bibliothek gefunden hatte. Gloria schlug schließlich die Seite auf, die sie zuletzt begonnen hatte zu lesen. Da stand noch der Anfang des Gedichtes…
    Suche
    Suche, was Du suchst.
Frage, was Du nicht weißt…
     
    Aber genau an der Stelle, bei der sie aufgehört hatte zu lesen, verschwanden auch die Buchstaben. Schade – Gloria hätte gern zum Abschluss noch gesehen, was das Buch ihr raten oder verraten würde. Das Licht der Straßenlaterne tauchte diesen Ort in eine kalte, harte Stimmung. Der Asphalt wirkte pechschwarz und Gloria überlegte, wo sie als nächstes hinlaufen könnte, als die Linien auf den Buchseiten plötzlich begannen, sich auseinander zu weben! Sie verformten sich zu Zeichen und Buchstaben und gaben ihren Inhalt preis. Doch was sie formten, ähnelte mehr und mehr einem großen, schwarzen Palmenblatt. Es war ein Bild, das sich peu à peu zusammensetzte. Immer mehr Puzzleteile verschoben sich und Gloria stockte der Atem, als sie zu erkennen glaubte, was dieses Bild am Ende darstellte.
    Inständig hoffte sie, falsch zu liegen, doch worüber der zarte Palmenzweig lag, war ein schwarzes, tristes Kreuz. Ein Rahmen bildete sich ringsherum und Gloria ahnte, was dieses Bild prophezeite – ein neues Schicksal. Das Datum stand fest: Der 14. Dezember. Eine Todesursache war nicht zu lesen; stattdessen jedoch ein kleiner, biblischer Vers, der von den Trauernden als Abschiedsgruß gewählt worden war – die letzten Schlangenlinien wanden sich zäh auseinander…
    Gloria konnte die ersten Buchstaben lesen, als ihr das Blut in den Adern gefror und sie das Buch panisch von sich warf! Ihr Herz hämmerte hart gegen ihre Brust und sie bekam kaum Luft. Schieres Entsetzen bildete sich auf ihrem Gesicht. Ein Windzug wehte über die offenen Seiten. Das Palmenblatt, das das kleine Kreuz umwandte, zierte keinen geringeren, als ihren eigenen Namen: Gloria Truhst!
    Geschockt warf sie das Buch quer über die Straße. Nackte Panik durchflammte Gloria und jede Faser ihres Körpers schrie das Entsetzen heraus, das sie qualvoll verstummen ließ. Bitte nicht! Das konnte nicht wahr sein! Fassungslos stand Gloria

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