Zerwüteter Pakt (German Edition)
Gloria sanft über die Haare zu streichen. Peu à peu schilderte Gloria die Geschehnisse und Maribell hörte geduldig zu. Was sie über die hexentypischen Machenschaften erzählte, verwunderte den Blutengel kaum. Die Frage, die sich Maribell insgeheim jedoch stellte, war… wie es um Gottes Willen weiterging, wenn dies erst der Anfang zu sein schien.
Maribell hielt Gloria in ihren Armen und als Gloria endlich fertig war, ihre Geschichte zu erzählen, versiegten langsam die Tränen. Es tat gut, sich bei Maribell niederlassen zu können. Eine Oma wie sie es war, konnte man mit Gold nicht aufwiegen und Gloria dankte Gott im Himmel dafür, dass sie Maribell hatte! »Was soll ich denn jetzt tun?« Der Engel strich sanft über ihre Wange. »Alles findet seinen Weg.«
Ungläubig schaute Gloria sie an. »Wie willst du das wissen?« Maribell lächelte, obgleich ihr selbst nicht danach zumute war und antwortete: »Wenn wir unser Herz nicht verschließen, wird es uns immer den richtigen Weg zeigen.« Gloria kamen erneut die Tränen. Anscheinend waren Blutengel unverbesserliche Optimisten. »Maribell… Weißt du irgendetwas? Verheimlichst du etwas?« Doch Maribell schüttelte traurig den Kopf. »Nein.« Sie hielt inne und antwortete schließlich: »Du darfst dich nicht aufgeben, Kleines.« »Aber was soll ich denn bloß tun?« Maribell setzte sich aufrecht und atmete tief durch.
»Hör´ mir zu… Es gab einmal einen alten Mann. Er stand allein und verlassen auf einem Berg – um ihn herum nur Schutt und Asche.« Verwundert blickte Gloria Maribell an, die unbeirrt fortfuhr: »Er suchte nach Wasser, doch er fand keines.« »Und was hat er getan?« »Er stellte sich selbst vor die Wahl. Der Mann wusste, er würde sterben, wenn er sich nicht weiterhin auf die Suche nach einer Quelle begab. Er konnte also bleiben, wo er war… Oder aber den schwierigen Weg antreten, von dem er nicht wusste, welche Gefahren auf ihn lauerten.« Maribells Blick schweifte durch das Meerwasser, als sie langsam weitererzählte… »Er schleppte sich drei lange Tage durch die Asche.« »Und hat er am Ende eine Quelle gefunden?« Maribells Augen sahen Gloria ernst an. »Nein… er ist gestorben.«
Entsetzt schaute Gloria Maribell an. »Warum erzählst du mir so was?« Maribell strich Gloria über die Schultern. »Weil das Leben nicht gerecht ist… Weil es die Wesen, die auf dieser Erde wohnen, weder belohnt noch bestraft. Aber verstehe doch… Wäre der Mann nicht losgegangen, um nach Wasser zu suchen, wäre sein Schicksal schon drei Tage zuvor besiegelt gewesen. Er aber kämpfte bis zum Schluss. Es sind unsere Entscheidungen, die das Leben schreiben. Es geht nicht darum zu siegen oder zu verlieren. Es geht nur um eines…« Traurig betrachtete Gloria Maribell. »Und um was?« »Es geht darum, dass wir uns selbst treu bleiben. Mehr kannst du dir in deinem Leben nicht abverlangen.«
Unglücklich schaute Gloria drein. Sie schwiegen sich eine Zeit lang an, ehe Gloria den Faden von neuem aufnahm: »Aber am Ende ist der Mann jämmerlich verdurstet. Egal, wie er sich entschied – das Resultat war dasselbe.« »Nein…« Maribell lächelte und erklärte unbeirrt: »Er hätte genauso gut auf Wasser stoßen können. Aber die Geschichte hört an dieser Stelle noch nicht auf.« Mit geheimnisvollem Blick schaute Maribell Gloria an, deren Skepsis sichtbar im Gesicht stand.
»Der Sage nach fand ihn ein Schutzengel kurz vor seinem Tod. Er stellte dem Mann eine Frage.« Überrascht blickte Gloria sie an. »Was für eine?« Maribells Augen funkelten. »Er fragte, ob er Angst vor dem Tod habe. Daraufhin verneinte der Mann und sagte fest entschlossen, dass er mit dem Tod in die Höhen steigen werde, leicht und glücklich. Das verwunderte den Engel und er fragte ihn, wie er sich so sicher sein konnte. Da lachte der Mann und sprach… Das Land wiegt schwer wie Blei. Das Wasser spült es irgendwann fort. Doch die Luft… ist leicht wie eine Feder und wiegt dich in ihren Händen. Der Mann lachte schließlich und sagte… Wenn ich sterbe, werde ich zu einer Feder und gleite mit Leichtigkeit über meine Hütte auf dem Berg!«
Gloria schaute Maribell an. »Was geschah dann?« Maribell lächelte. »Der Engel stand ihm bis zu seinem Tod bei. Doch als er starb, musste ihn kein Todesengel auffangen. Er wurde zu dem ersten Wesen der Lüfte!« Mit großen Augen sah Gloria sie an. »Er ist ein Luftwesen geworden?« »Ja.« Gloria schüttelte verwundert den Kopf. »Warum erzählst
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