Zerwüteter Pakt (German Edition)
durchsucht hatte! Doch einer – ein einziger – schien ihm durch die Lappen gegangen zu sein. Wo stand er?
Während Kirt jene Tafeln, die eventuell in Frage kamen, gekennzeichnet hatte, suchte er nun ganz gezielt eine vollkommen unscheinbare. Kirt schritt durch die Gänge, während seine Augen über die Inschriften glitten. Irgendwo hatte er einen Text gelesen, der ihm nun – von Magnus´ Anblick geprägt – eine Bedeutung einflößte…
Rasch glitt Kirt an den Steintafeln entlang. Der Absturz eines Wesens… Sieg und Niederlage. Kirt war sich hundertprozentig sicher, in unmittelbarer Nähe zur richtigen Steintafel zu stehen. Er glitt immer schneller über die Wiese. Und da war der Stein! In Dunkelheit gehüllt, prangte die Überschrift ‹Wandel und Sturz› über der Inschrift und Kirt begann zu lesen…
Wandel und Sturz
Der Strudel der Zeit
wird an jenen Wesen nagen,
die sich ihrer zu sicher waren.
Der Strudel des Wissens und der Macht erniedrigt jene,
die es nie für möglich hielten.
Ein Engel ohne Segen,
im falschen Saum gekleidet,
ehrlich und traurig,
wird siegen für ein Ende ohne Ende.
Noch während Kirt die Zeilen las, war er sich sicher, dass diese Weissagung Magnus betraf. Nichts erschien deutlicher. Doch bildete ausgerechnet der älteste Teufelsdiener im Umkehrschluss auch Glorias Gegenspieler? Mut zur Lücke – Kirt war sich plötzlich felsenfest sicher, die richtige Prophezeiung gefunden zu haben! Denn wenn man die Worte der zweiten Strophe las, erinnerten diese an Gloria! Kirt fuhr sich durchs Gesicht.
»Warum bist du dir so sicher, die richtige Prophezeiung ausgewählt zu haben?« Von Atumes plötzlichen Erscheinen erschrocken, drehte Kirt sich in die Richtung, aus der er ihre Stimme vernahm. Sie schritt auf ihn zu. Kirt betrachtete ihre grazile Erscheinung und antwortete knapp: »Ich weiß es einfach.« Er hielt kurz inne. »Sie ist mein ganz persönlicher Engel.« »Ohne Segen?« Er schüttelte den Kopf. »Das ist Unsinn.« Atume lächelte. Sie näherte sich ihm und kniete schließlich neben Kirt nieder. Ihre Augen wanderten über die Inschrift, auf der seine Hand lag. Atumes Stimme klang geheimnisvoll:
»Könnte dies bedeuten, dass Gloria von Grund auf die Aura eines Engels besitzt?« Kirt starrte Atume an, deren Augen rätselhaft funkelten. Was wollte sie ihm damit sagen? Sein Blick wanderte auf die Steintafel in seinen Händen und er las die nächste Zeile: »Im falschen Saum gekleidet.« Kirt schaute Atume selbstbewusst an. »Als sie ein zwischenirdisches Wesen wurde, wusste sie nicht, was es heißt, eine Hexe zu sein. Äußerlich trägt sie vielleicht die rote Flamme, aber das ist nur eine Maske. Denn im Herzen war sie nie eine Hexe – ganz im Gegenteil!«
»So denn…« Atume richtete sich wieder auf, während Kirt die letzte Zeile laut vorlas: »Siegen für ein Ende ohne Ende?« Atumes Augen schweiften über die dunkle Wiese.
»Welches ist das Gegenteil eines Endes?« »Der Anfang!« Ihr Blick wirkte rätselhaft. »Wie schön, nicht wahr? Ein Anfang… für die Ewigkeit?« Sie machte eine kurze Pause, ehe sie fortfuhr: »Jeder trägt sein Laster… Jeder erlebt seine eigene Geschichte. Die deine begann bereits vor langer Zeit, als ich dich zum Erzengel ernannte.« Atume wirkte geisterhaft und fuhr fort: »Auch Gloria kämpfte sich von Anfang bis Ende. Und du … hältst in den Händen, wofür sie einstehen wird. Du hast gewählt, Kirt. Auf diese Steintafel setzt du dein Los. So liegt es nunmehr in Glorias Hand, ihre Zukunft zu besiegeln. Ein Ende ohne Ende… ist ein Ende für die Ewigkeit. Die Frage scheint nun… Welches Ende wird Gloria wählen, nicht wahr?«
Kirts Blick wanderte erneut auf die schwere Steintafel. Doch als er einen Wimpernschlag später wieder aufschaute, war Atume verschwunden. Allein und verlassen stand Kirt inmitten der gigantisch großen Lichtung. Stille.
An einem ganz anderen Ort – weniger beschaulich als dieser – kündigte sich eine wohl ebenfalls absehbare Zukunft an, sollte man einer Hexe freie Bahn lassen. Kirt dachte an die erste Strophe der Steininschrift: ‹Der Strudel der Zeit wird an jenen Wesen nagen, die sich ihrer zu sicher waren. Der Strudel des Wissens und der Macht erniedrigt jene, die es nie für möglich hielten.›
Was, wenn nicht nur Magnus mit diesen Zeilen gemeint war? Kirt dachte an Melina. Er wusste, dass er gegen das zwischenirdische Gesetz verstieß, wenn er sich in das Leben eines Menschen einmischte. Doch er
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